So viel Geschrei auf der ganzen Welt. Und am Ende passiert …nichts. Sepp Blatter ist in seinem Amt bestätigt worden. Ob durch Akklamation oder erst im zweiten Wahlgang ist völlig unerheblich. Dass er es nicht gleich im ersten Anlauf schaffte, ist nicht einmal eine Ohrfeige. Höchstens ein Klaps auf den Hintern.
In der arabischen Kultur gibt es für das FIFA-Theater ein treffendes Sprichwort: Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter.
Wenn wir die Logik der Macht in internationalen Sportverbänden kennen, dann sehen wir: Etwas anderes als eine Wiederwahl war gar nicht möglich. War zu keinem Zeitpunkt möglich. Zumal die massive globale Kritik und das Einmischen der US-Justiz Sepp Blatter auch noch geholfen haben.
Internationale Sportverbände gehören zu den konservativsten und reformresistentesten Organisationen überhaupt. Das ist nicht nur negativ. So halten sich die Dynamik des Sportes und die Kontinuität und Glaubwürdigkeit eines Spiels einigermassen die Waage. Fussball ist auch deshalb weltweit so populär, weil er seit mehr als 100 Jahren nach den gleichen Grundregeln gespielt wird. Zu viele Änderungen im sportlichen Bereich (bei den Regeln) schaden der Glaubwürdigkeit eines Sportes. Eine andere Frage ist in diesem Zusammenhang, welchen Preis für diese Beständigkeit bezahlt werden muss.
Wieder gewählt haben den grossen FIFA-Vorsitzenden jene, die keine Veränderung wünschen. Jene, die in den bestehenden Verhältnissen fürstlich leben. Jene, die keine Einmischung von aussen in die FIFA- Machenschaften dulden. Schon gar nicht vom «grossen Satan» USA. Jene, die Transparenz für Teufelszeug halten.
Die Kandidaten, die Sepp Blatter herausfordern wollten, haben alle schon immer den gleichen fundamentalen Fehler gemacht: Sie waren so naiv, als Erneuerer und Kritiker aufzutreten. Besserung zu geloben. Reformen zu versprechen.
Aber die überwiegende Mehrheit der FIFA-Mitgliedländer will keine Erneuerung und Sepp Blatter ist der Präsident, der dafür garantiert, dass alles so bleibt, wie es ist. Mit etwas Zynismus können wir sagen: Nur ein Kandidat hätte eine Chance gehabt, der Sepp Blatter für seinen Reformwillen kritisiert und versprochen hätte, die bestehenden Verhältnisse zu zementieren, Kritiker zum Schweigen zu bringen und Verdunkelung statt Transparenz gefordert hätte.
Sepp Blatter ist auch ein populärer FIFA-Präsident. Bei uns sind alte Männer zwar äusserst unbeliebt, die ihre Macht mit Zähnen und Klauen verteidigen. Es gibt aber viele aussereuropäischen Kulturen, die genau solche Männer als «alte Krokodile» bewundern und verehren. Die den Willen zur Macht zu schätzen wissen. Aus diesem Kulturkreis kommen, wie wir jetzt gesehen haben, mehr als die Hälfte der 209 Stimmen. Dort ist Sepp Blatter populär.
Der FIFA-Präsident ist demokratisch wieder gewählt worden. Er gefällt der Mehrheit der FIFA-Mitgliedländer. Sepp Blatter personifiziert die FIFA und damit die Missstände. Nicht Sepp Blatter ist also das Problem. Sondern die Mehrheit der Delegierten der FIFA-Mitgliedsländer, die einen Präsidenten wie Sepp Blatter wollen und ihn nach den Spielregeln der Demokratie im Amt bestätigt haben.
Nun werden die Kulissen im Hallenstadion abgebaut. Die FIFA-Karawane zieht weiter. Im gleichen Trott wie bisher. Auf Macht, die diese Karawane in alle Winde zerstreuen, eine Revolution inszenieren könnte, warten wir immer noch. Und ganz nebenbei: Das FIFA-Theater hat auch die Ohnmacht der Medien gezeigt.