Der Prämienschub dürfte heuer zwar wieder über dem langjährigen Durchschnitt liegen, aber etwas moderater ausfallen als in den Vorjahren. Dennoch bleibt das Wechselfieber hoch: So wollen 43 Prozent auch diesen Herbst die Prämien der verschiedenen Anbieter vergleichen und allenfalls Anpassungen vornehmen. Das geht aus der neusten Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte hervor.
Die Wechselbereitschaft ist also weiterhin hoch, die tatsächliche Wechselquote wiederum dürfte moderater ausfallen. Aber auch diese war jüngst überdurchschnittlich.
Per Anfang 2025 haben rekordhohe 12 Prozent der Versicherten oder über eine Million Personen ihre Krankenkasse gewechselt, wie aus der Umfrage hervorgeht, welche Deloitte im ersten Quartal des laufenden Jahres bei gut 1200 Personen durchgeführt hat. «Der Wert ist beachtlich, zumal er auf einer bereits stark erhöhten Basis zustande gekommen ist», sagt Marcel Thom, Leiter Versicherungen bei Deloitte.
Die Schmerzgrenze liegt dabei bei einer Prämienerhöhung von 30 Franken pro Monat – oder 360 Franken pro Jahr. Ab diesem Betrag suchen gemäss Deloitte-Umfrage letztlich alle Versicherten nach Alternativen – ausser jene 28 Prozent, die einen Wechsel grundsätzlich ausschliessen.
Die Kosten sind also der entscheidende Faktor für den Kassenwechsel respektive die Wahl der neuen Kasse. 60 Prozent nennen die Prämienhöhe als wichtigstes Entscheidungskriterium, nur gerade 20 Prozent achten auf die Servicequalität, und das Image der Kasse ist nur für 14 Prozent der Versicherten relevant, Kundenmagazine werden gar nur von 1 Prozent geschätzt.
Alle Bemühungen der Kassen, sich als «Gesundheitspartner» zu positionieren, haben offensichtlich nicht gefruchtet. Nur gerade 43 Prozent der Versicherten sprechen ihnen diesen Status zu.
Police abwarten, Prämien vergleichen, Anpassungen vornehmen: Das ist für die Mehrheit zur neuen Normalität geworden, wie Marcel Thom betont. Das Argument, Grund- und Zusatzversicherung beim gleichen Anbieter zu haben, ist jedenfalls kein Hinderungsgrund mehr.
Denn das ist heute ohnehin nur noch bei 62 Prozent der Versicherten der Fall – Tendenz abnehmend. Da ab einem gewissen Alter der Wechsel bei den Zusatzversicherungen nur noch sehr schwer oder gar nicht mehr möglich ist, wird die obligatorische Grundversicherung optimiert: Franchisen werden erhöht, günstigere Versicherungsmodelle gewählt, Kassen ausgetauscht.
Nur gerade 37 Prozent geben laut Deloitte an, bis anhin noch nie ihre Versicherung gewechselt zu haben. Dieser Wert dürfte weiter sinken, denn das Wechselspiel ist noch lange nicht vorbei. «In jedem Jahr ändert sich die Ausgangslage der verschiedenen Kassen in den verschiedenen Prämienregionen», sagt Thom. «Die meisten Versicherten können durch einen Wechsel oder durch Anpassungen innerhalb der gleichen Versicherung alle Jahre wieder Einsparungen realisieren – und sie werden dies auch tun.»
Trotz dieser hohen Wechselbereitschaft spricht sich weiterhin eine deutliche Mehrheit für eine Einheitskasse aus. Dieser Wert schwankt in den zweimal jährlich durchgeführten Deloitte-Umfragen jeweils zwischen 60 und 70 Prozent. Im Prämienherbst liegt der Wert jeweils etwas höher als im Frühjahr, wenn der Frust über den jüngsten Prämienschub wieder etwas in den Hintergrund rückt.
An der Urne jedoch hat die Bevölkerung die Einheitskasse bis anhin immer abgelehnt: 2007 stemmten sich noch 71 Prozent dagegen, 2014 waren es noch 62 Prozent. Es sieht so aus, als ob der Widerstand gegen die Einheitskasse mit jedem Prämienschock etwas mehr bröckelt. Jedenfalls will jetzt die Mehrheit der von Deloitte befragten Personen das aktuelle System auf den Kopf stellen, obwohl diese gleichzeitig davon ausgehen, dass die Kassen nicht die Hauptverantwortung für die unaufhaltsam steigenden Gesundheitskosten tragen.
Eine viel grössere Bedeutung schreiben sie der Pharmaindustrie (63 Prozent) oder sich selber zu: Rund 60 Prozent erkennen im Überkonsum der Patienten einen wichtigen Kostentreiber, 48 Prozent verweisen auf die Alterung der Gesellschaft, 42 Prozent auf teure Behandlungen. Nur gerade ein Drittel der Befragten hält auch die Krankenkassen für mitschuldig.
Die implizite Kritik am kostentreibenden Überkonsum hält die Menschen aber nicht ab, selber hohe Ansprüche an das Gesundheitswesen zu formulieren. Schliesslich wollen sie auch länger leben: Während die reale Lebenserwartung bei 84 Jahren liegt, beträgt das durchschnittliche Wunschalter stolze 93,2 Jahre, wie aus der Deloitte-Umfrage hervorgeht. Das sind ganze 9,2 Jahre mehr, als die Realität vorgibt.
Dennoch ist die Hälfte davon überzeugt, ihr Wunschalter zu erreichen. Und viele sind dafür bereit, auch mehr Geld auszugeben: 20 Prozent wollen hierfür pro Jahr zusätzliche 150 bis 300 Franken investieren, weitere 10 Prozent sind bereit, auf 500 Franken zu gehen, und nochmals weitere 10 Prozent sogar über 500 Franken.
Wenn es um die eigene Gesundheit geht, ist die Zahlungsbereitschaft also verhältnismässig gross, wie Marcel Thom betont. Gespart wird lieber woanders – oder eben bei der Grundversicherung. (aargauerzeitung.ch)
Das einzige Unbekannte ist, wo ich das hernehmen soll...