Schweiz
St Gallen

Eltern wehren sich in St. Gallen gegen Lehrerin mit Kopftuch

St. Galler SVP verlangt ein Kopftuchverbot nach Streit um Lehrerin mit Kopftuch

10.07.2025, 10:4010.07.2025, 23:24
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Die SVP St. Gallen verlangt ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen im Kanton. Vorausgegangen war ein Fall in der Gemeinde Eschenbach SG, wo eine junge Frau ihre Stelle als Primarlehrerin nicht antritt, weil sich Eltern wegen ihres Kopftuchs wehrten.

Lehrpersonen sollten grundsätzlich keine offensichtlich religiös geprägten Kleidungsstücke tragen dürfen, schrieb die SVP des Kantons St. Gallen in einer Motion zur Einführung eines Kopftuchverbots, welche der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt. Der Vorstoss werde nach den Sommerferien eingereicht, erklärte Fraktionspräsident Sascha Schmid auf Anfrage.In der Motion wird auf ein vergleichbares Verbot des Kantons Genf aus dem Jahr 1997 verwiesen, «das vom Bundesgericht ausdrücklich als zulässig beurteilt wurde». Nun sei es auch im Kanton St. Gallen angezeigt, Klarheit zu schaffen.

Die SP reagierte bereits mit einer Stellungnahme auf die angekündigte Motion im St. Galler Kantonsrat. Ein selektives Verbot, das sich nur gegen muslimische Frauen richte, verstosse gegen das Diskriminierungsverbot und die verfassungsrechtlich geschützte Glaubensfreiheit, heisst es darin. Dass eine engagierte Lehrerin aufgrund ihres Kopftuchs eine Stelle nicht antreten dürfe, sei «ein Armutszeugnis für eine pluralistische Bildungslandschaft».

Auslöser der Diskussion um ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen war eine Gruppe von Eltern in der Gemeinde Eschenbach SG. Sie wehrte sich gegen eine junge Lehrerin, welche aus religiösen Gründen ein Kopftuch trägt. Schliesslich entschied sich die Primarschule Goldinden, das Anstellungsverhältnis mit der Lehrerin doch nicht einzugehen, wie die Onlineplattform «Linth24» wie auch die Tamedia-Zeitungen berichteten.

Ein junge Frau mit Kopftuch verweilt vor dem St. Galler Verwaltungsgericht anlaesslich der Gerichtsverhandlung zum Kopftuchverbot im Schulunterricht am Freitag, 7. November 2014, in St. Gallen. Das St ...
Weil sie ein Kopftuch trägt, darf eine junge Muslima an einer Schule in Eschenbach SG doch nicht Lehrerin werden. (Symbolbild)Bild: KEYSTONE

Wie es im Bericht heisst, bewarb sich die gläubige Muslima vor einigen Monaten erfolgreich um die Stelle als Lehrperson für die erste und zweite Klasse für das kommende Schuljahr. Die Religion soll dabei schon beim Vorstellungsgespräch thematisiert worden sein: Die junge Frau erschien mit einem Kopftuch und wurde gefragt, wie sie zu christlichen Traditionen stehe. Dabei habe sie geantwortet, sie wolle die Feste kindergerecht im Unterricht thematisieren und feiern.

Die Antwort schien die Schule zu überzeugen. In der Folge meldeten sich die Verantwortlichen bei der Volksschule, um abzuklären, ob das Unterrichten mit Kopftuch grundsätzlich möglich ist. Dafür erhielt die Primarschule grünes Licht. So gab es eine mündliche Einigung zwischen der Schule und der Lehrerin, zudem durfte sich die Frau an einem Besuchstag ihrer künftigen Klasse vorstellen.

Eltern wehren sich nach Besuchstag

Bei diesem Besuchstag kam es aber zur Wende. So erzählte eines der Kinder zuhause der Familie, dass die neue Lehrerin ein Kopftuch trägt. «Wir schluckten zuerst einmal leer», wird die Mutter bei Tamedia zitiert. «Die Schule muss ein religionsneutraler Raum sein», sagt sie. Ihre Ansicht sei auch von der Rechtsauskunft des Kantons St.Gallen gestützt worden.

So entschied sich das Elternpaar, sich gegen die neue Lehrerin zu wehren. Es verfasste Briefe und Mails an die Schulleitung und erhielt mit der Zeit Unterstützung von Eltern von drei weiteren Kindern. Zunächst stellte sich die Schule noch hinter die Muslima und erklärte in einem Brief, das Unterrichten mit Kopftuch sei zulässig, sofern der Unterricht sachlich, neutral und gesetzeskonform erfolge.

Sorge vor Rechtsstreit

In der letzten Woche vor den Sommerferien kam es aber zur Wende: In einem weiteren Brief erklärte die Schulleitung, das Arbeitsverhältnis mit der Frau nicht einzugehen. So hatte die Schule Angst vor einem längeren Rechtsstreit. Laut dem Eschenbacher Gemeinderat Roger Wüthrich (parteilos), der für das Ressort Bildung zuständig ist, habe man beim Fall einen Rechtsbeistand beigezogen. Dabei hätte sich gezeigt, dass bei einer Einsprache der Lehrer der Fall bis vor das Bundesgericht führen könnte. «Als kleine Gemeinde können wir keinen mehrjährigen Rechtsstreit ausfechten», so Wüthrich gegenüber den Tamedia-Zeitungen. Der Entscheid sei auch zum Schutze der Lehrerin getroffen worden.

Wie ein Experte erklärt, sind Schulen grundsätzlich an die Grundrechte gebunden. Es sei aber grundsätzlich möglich, sich für eine religiöse Neutralität auszusprechen – womit Kopftücher aus dem Klassenzimmer verbannt werden dürfen. Dabei müssten aber auch sämtliche Symbole anderer Religionen wie eine Halskette mit Kreuz ausgeschlossen werden. (dab)

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785 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schlaf
10.07.2025 11:00registriert Oktober 2019
Ein Kopftuch, welches aus religiösen Gründen getragen wird, hat in einem Schulzimmer so viel verloren, wie ein Kruzifix.
Absolut gar nichts!
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Rantanplan75
10.07.2025 10:58registriert Januar 2021
Ich bin ganz ehrlich: Ich hätte damit auch meine liebe Mühe gehabt. JedeR soll diese Religion pflegen, die er/sie für richtig hält, aber auffällige religiöse Symbole haben im Klassenzimmer nichts zu suchen - weder Kreuze, noch Kopftücher oder Kippas. Das gehört in die Freizeit.
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THN
10.07.2025 10:54registriert August 2017
„Die Schule muss ein religionsneutraler Raum sein“ - und gleichzeitig gibt es von christlichen Vertretern geführten Religionsunterricht (1 Schullektion pro Wiche, während der normalen Unterrichtszeit). Wobei wir als Eltern sogar mehrfach von Klassenlehrern gefragt werden, ob unser Kind nicht doch auch diesen Unterricht besuchen möchte…
Die Zeit könnte man besser nutzen, um Menschlichkeit und Toleranz gegenüber allen Menschen beizubringen, anstatt irgendwelche Glaubensdoktrin in einer Prägungsphase einzupferchen… einigen Eltern und Klassenlehrern würde sowas scheinbar auch helfen.
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