Der ehemalige Bundesliga-Torhüter Heinz Müller hat vor dem Arbeitsgericht einen Prozess gegen seinen Ex-Klub FSV Mainz 05 gewonnen – und das Urteil könnte weitreichende Folgen für Vereine und Verbände haben.
Der 36 jährige Müller hatte gegen die Befristung seines Vertrags in Mainz geklagt und Recht erhalten. Er war 2009 vom FC Barnsley zu Mainz gewechselt. 2012 wurde der Drei-Jahres-Vertrag um zwei Jahre verlängert. Der Klub schob ihn dann aber erst in die zweite Mannschaft ab und liess den Kontrakt letzten Sommer auslaufen.
Nach dem Urteil besteht der Kontrakt des Keepers nun aber weiter, FSV-Präsident Harald Strutz kündigte jedoch an, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen: «Es wird definitiv in ein Berufungsverfahren gehen», sagte Strutz, der selbst Rechtsanwalt ist.
Das Thema könne laut Strutz «eine weitreichende Bedeutung wie das Bosman-Urteil haben – wenn es von den nächsthöheren Instanzen bestätigt wird.» 1995 hatte der Europäischen Gerichtshof im Fall des belgischen Fussballprofis Jean-Marc Bosman entschieden, dass Fussballer der Europäischen Union nach Ende des Vertrages ablösefrei wechseln dürfen.
Sollte das Urteil im Fall Müller auch vor dem Landesarbeits- und Bundesarbeitsgericht rechtskräftig bleiben, dürften befristete Verträge, die derzeit gängige Praxis im Profifussball sind, der Vergangenheit angehören.
Das Arbeitsgericht veröffentlichte am Dienstag eine Erklärung zu seinem Urteil und berief sich dabei auf Paragraf 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge. «Es gibt nach dem Gesetz nur zwei Möglichkeiten für eine Befristung: Entweder eine Gesamtdauer von maximal zwei Jahren oder weil ein Sachgrund dafür vorliegt», sagte Gerichtssprecherin Ruth Lippa.
«Bei unbefristeten Verträgen hätten wir 50, 60 Profis im Kader»
Die Höchstbefristungsdauer war im Fall Müller bereits überschritten, weil der Torwart bei den Mainzern zuvor schon einmal einen Dreijahresvertrag von 2009 bis 2012 unterschrieben hatte. «Einen Sachgrund haben wir auch nicht für gegeben erachtet», sagte Lippa. Denn: «Die Eigenart der Arbeitsleistung als Profifussballspieler rechtfertigt als solche nicht eine Befristung des Vertrags», heisst es in der Erklärung des Gerichts.
Genau in diesem Punkt liegt die mögliche Sprengkraft des Urteils. Denn laut Strutz vertreten die Vereine die Auffassung: «Sachliche Gründe für eine Befristung sind im Profifussball immanent. Nehmen Sie nur den Bereich der Personalplanung», erklärte der Mainzer Präsident. «Wenn wir jeden Spieler mit einem unbefristeten Vertrag ausstatten würden, hätten wir ja 50, 60 Profis im Kader.» Und der Klub müsste sie bis zur Rente bezahlen.
Konkret hatte Strutz in dem Verfahren mit genau dieser «Branchenüblichkeit» und noch einem anderen Punkt argumentiert: Mainz 05 hätte dem damals 34 Jahre alten Müller keinen unbefristeten Vertrag anbieten können, weil aufgrund seines Alters eine «Ungewissheit der Leistungserwartung» bestand.
«Aus unserer Sicht gibt es eine Vielzahl von Berufungsgründen. Bislang ist dieses Urteil nur die Rechtsauffassung einer einzelnen Richterin, die anderen Entscheidungen in diesem Kontext widerspricht», sagte Strutz.
Gerichtssprecherin Lippa hält dagegen: «Das Urteil kann durchaus eine Bedeutung über diesen Einzelfall hinaus haben», sagte sie. Natürlich könnten sich ein Verein und ein Spieler jederzeit auf einen Drei- oder Vierjahresvertrag einigen, «wenn der Spieler ausdrücklich die Flexibilität eines solchen befristeten Vertrags haben will». Aber auch solche Einigungen müssten auf dem Boden des Gesetzes erfolgen.
Noch sind viele Rechtsmittel möglich. Mainz hat zunächst eine Berufung vor dem Landesarbeitsgericht angekündigt. Auch eine Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ist denkbar. Sollte das Urteil auch dort – das ist doch eher unwahrscheinlich – Bestand haben, bleibt den Klubs nur noch eine ordentliche Kündigung. Dieses Recht hätten die Profis dann aber natürlich auch. (pre/luk/sid)