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Kloten ist verkauft – Coach Sean Simpson wird einer der mächtigsten Männer der Liga

Sean Simpson: Der starke Mann an der Klotener Bande – und bald darüber hinaus.
Sean Simpson: Der starke Mann an der Klotener Bande – und bald darüber hinaus.Bild: KEYSTONE
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Kloten ist verkauft – Coach Sean Simpson wird einer der mächtigsten Männer der Liga

Es ist Philippe Gaydouls grösste unternehmerische Leistung. Er hat einen Käufer für die Kloten Flyers gefunden. Der grosse Sieger bei diesem Deal heisst Sean Simpson.
29.04.2015, 17:0130.04.2015, 11:30
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Wie werde ich ein Unternehmen los, das mich jedes Jahr zwischen fünf und zehn Millionen Franken kostet? Klotens Präsident und Besitzer Philippe Gaydoul stand genau vor dieser Herausforderung. 2012 kaufte der die Kloten Flyers für knapp fünf Millionen Franken. Es war mehr ein emotionaler als ein rationaler Entscheid. Als Präsident des Schweizerischen Eishockeyverbandes hatte er einen emotionalen Bezug zum Eishockey. Die Kloten Flyers (einer der traditionsreichsten Schweizer Klubs) standen vor dem wirtschaftlichen Ende. Der Einstieg war auch eine gute Tat und so etwas wie Kultursponsoring fürs Schweizer Eishockey.

Philippe Gaydoul hat mit dem Kauf der Flyers eine gute Tat vollbracht.
Philippe Gaydoul hat mit dem Kauf der Flyers eine gute Tat vollbracht.Bild: KEYSTONE

Aber eben: Philippe Gaydoul machte im dörflich geprägten Umfeld bald einmal die recht bittere Erfahrung, dass er als Retter zwar willkommen war, sein Engagement aber nicht wirklich geschätzt wurde. Sogar die noble, ihm nahestehende NZZ stellte fest, er sei nie ein Teil dieser kleinstädtischen Kultur geworden und man wäre froh, wenn er wieder gehen würde.

Bald musste auch Philippe Gaydoul erfahren: Der beste Weg, mit einem Hockeyunternehmen ein kleines Vermögen zu machen, ist, mit einem grossen Vermögen zu beginnen.

Die «Dummen» übernehmen Kloten – und sind topseriös

Weil der Besitzer des Klubs nicht ausschliesslich Besitzer oder wenigstens zu sehr guten Konditionen Generalmieter des Stadions ist, gibt es in Kloten keine Möglichkeit, NLA-Eishockey zu finanzieren. Eishockey in Kloten ist und bleibt im 21. Jahrhundert ein Zuschussgeschäft. Kenner schätzen, dass Philippe Gaydoul mit den Kloten Flyers bis heute mindestens 20 Millionen Franken verloren hat.

Gaydoul bei der Vorstellung von Simpson im vergangenen Dezember. Mittlerweile soll er mit Kloten mindestens 20 Millionen Franken verloren haben.
Gaydoul bei der Vorstellung von Simpson im vergangenen Dezember. Mittlerweile soll er mit Kloten mindestens 20 Millionen Franken verloren haben.Bild: KEYSTONE

Aber wie die Kloten Flyers wieder loswerden? Oder boshaft gesagt: Wie einen Dummen finden, der ihm die Kloten Flyers abkauft? Philippe Gaydoul hat diesen «Dummen» in der nordamerikanischen Investorengruppe Avenir Sports Entertainment (AEC) gefunden. Dabei hat ihm die Strahlkraft unserer höchsten Spielklasse geholfen, die inzwischen auch in Nordamerika als eine der besten und professionellsten Ligen ausserhalb der NHL eingestuft wird. Die Avenir-Gruppe ist durch und durch seriös, hat milliardenschwere Besitzer und hat auch schon versucht, in der NHL Fuss zu Fassen. Doch eine Übernahme der New Jersey Devils gelang nicht.

Die Kloten Flyers sind damit nach Servette das zweite wichtige Hockeyunternehmen aus der Schweiz, das in ausländischen Besitz kommt. Die amerikanische Anschutz-Gruppe hatte Servette in der NLB übernommen, Chris McSorley als Manager und Trainer installiert und in der NLA etabliert – in der Hoffnung, ein Stadion bauen zu können. Dann stiegen die Amerikaner nach Verlusten von mehr als 30 Millionen Franken wieder aus und überliessen Chris McSorley die Firma. Sie hatten keine Möglichkeit gesehen, auch in den Besitz der Arena zu kommen.

Rückkehr in die obere Tabellenhälfte

Der Einstieg der Kanadier in Kloten ist erstens ein Ritterschlag für die NLA. Die Qualität unserer höchsten Spielklasse blendet die neuen Investoren. Zweitens ist es die mittelfristige Rettung für die Kloten Flyers. Ja, die neuen Investoren werden sportlich für neue Dynamik und eine Rückkehr in die obere Tabellenhälfte sorgen.

Die neuen Besitzer haben nur Erfahrung aus dem nordamerikanischen Sportbusiness. Und das funktioniert fundamental anders als bei uns. Mit rührender Naivität verweisen Klotens neue Herren darauf, dass sie die Portland Winter Hawks vom letzten auf den ersten Platz geführt haben. Die Portland Winter Hawks gehörten zur Western Hockey League (WHL), einer der drei grossen nordamerikanischen Juniorenligen. Unternehmen in diesen Juniorenligen sind Gelddruckmaschinen. Den Spielern dürfen keine Löhne bezahlt werden und die Stadien sind in der Regel voll. In Portland haben sie auch unser Hockey kennen und schätzen gelernt. Mit Luca Sbisa, Nino Niederreiter und Sven Bärtschi sind drei Schweizer in diesem Klub zu NHL-Erstrundendrafts gereift.

Bob Strumm ist die zentrale Figur bei diesem Deal. Der in Nordamerika bestens vernetzte ehemalige NHL-Scout ist sozusagen der Statthalter der Avenir-Gruppe in Kloten. Er wird nicht in die Schweiz zügeln und Kloten sozusagen am Telefon führen.

Simpsons Wort wird Gospel

In unserem Hockeygeschäft sind die neuen Besitzer genauso blutige Anfänger wie es Philippe Gaydoul war. Der grosse Profiteur ist Sean Simpson. Er ist Sportchef und Trainer der Kloten Flyers und die zentrale, die wichtigste Bezugsperson der neuen Besitzer. Nun findet sich der Silberschmied von 2013 unversehens in seiner besten Rolle im grossen Hockeygeschäft wieder. Weil seine neuen Chefs keine Ahnung vom Hockeygeschäft in unserem Land haben, wird Sean Simpsons Wort Gospel sein. Der Kanadier wird, mit den Milliarden der Avenir-Gruppe im Rücken, in den nächsten drei, vier Jahren einer der mächtigsten Männer unserer Liga sein.

Er wird in Zukunft in der höchsten Schweizer Liga ein wichtiges Wörtchen mitzureden haben: Sean Simpson. 
Er wird in Zukunft in der höchsten Schweizer Liga ein wichtiges Wörtchen mitzureden haben: Sean Simpson. Bild: KEYSTONE

Die neuen Besitzer werden in Kloten genauso Geld verlieren wie Philippe Gaydoul. Na und? Sie werden nach spätestens drei Jahren einen neuen Besitzer suchen. Der Einstieg der Kanadier verschafft den Kloten Flyers eine Atempause. Eigentlich müssten sich jene, denen die Kloten Flyers am Herzen liegen, ab sofort organisieren und eine Investorengruppe gründen, die dann das Unternehmen von den kanadischen Investoren kaufen kann. Der charismatische Chris McSorley hat es in Genf geschafft, ein Hockeyunternehmen nach dem Ausstieg der nordamerikanischen Besitzer weiterzuführen und weiterzuentwickeln. Was in Genf möglich war, müsste eigentlich auch im Grossraum Zürich, in einer der reichsten Wirtschaftsregionen der Welt, möglich sein. Und wer weiss, vielleicht läuft es dann so wie in Genf und Sean Simpson wird der Chris McSorley von Kloten.

Philippe Gaydoul hat in Kloten nie den Dank und die Anerkennung bekommen, die er verdient hätte. Er hat die Kloten Flyers gerettet und es ist ihm nun auch gelungen, einen seriösen neuen Besitzer zu finden. Mehr kann von einem Unternehmer nicht verlangt werden. Wir verneigen uns.

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6 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Habs
29.04.2015 19:13registriert April 2015
Klaus Zaugg verneigt sich vor Gaydoul. Was für ein Hohn, nachdem er mit seiner persönlichen Fehde Gaydoul gegenüber nicht Müde geworden ist, ihm das Engagement bei den Flyers madig zu machen.
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urano
29.04.2015 17:12registriert April 2014
naja....ich weiss nicht so recht, was ich davon halten soll....
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mukeleven
29.04.2015 19:17registriert Februar 2014
superbeitrag eismeister!
teile diese einschätzung voll und ganz - aber der allerletzte satz, die VERNEIGUNG - mit der tu ich mich grad schwer...
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