Blogs
Yonnihof

Trolling for Dummies

Bild
Bild: Shutterstock
Yonnihof

Trolling for Dummies

Mit diesen acht Regeln werden auch Sie zum Internetbösewicht!
25.11.2014, 10:3425.11.2014, 10:48
Mehr «Blogs»

Na? Ist Ihnen manchmal auch wahnsinnig langweilig bei der Arbeit? Ist Ihr Chef ein Tubel oder haben Sie sonst irgendeinen Frust, der Sie belastet? Könnte es mit den Frauen besser laufen, bzw. hat die Bitch von der Buchhaltung schon wieder bessere Karten beim Neuen vom Verkauf?

Dann werden Sie Internettroll(in) (fortan Internettroll oder Troll genannt, bezieht sich auf Frauen und Männer gleichermassen)! Trolling ist die ultimative Art und Weise, wie man seine Lebensqualität verbessern kann, ohne viel Geld für Thaiboxen oder Psychotherapie auszugeben.

Sie glauben mir nicht? Dann fragen Sie z.B. Michael. Michael arbeitet in einem Job, der ihm nicht gefällt und der in seinen Augen zu schlecht bezahlt ist. Die Weiber wollen von ihm nichts wissen (seiner Meinung nach ist das gänzlich auf seinen niedrigen Lohn zurückzuführen, weil die Bitches ja eh alle geldgeil sind) und die Schweizer Politik findet er vollumfänglich zum Kotzen, obwohl er sich nicht wirklich darüber informiert (denn: die Medien sind alle korrupt und verzerrt! Alle!). 

Nun könnte man meinen, Michael sei kein wirklich glücklicher Mensch … Aber weit gefehlt! Seit Michael angefangen hat, sich als Troll auf Onlineplattformen zu bewegen, ist sein Alltag gespickt von kleinen Glücksmomenten. Immer mal wieder huscht unserem Michael ein Lächeln übers Gesicht, manchmal ist er am Telefon sogar nett zu Kunden. Zitat Michael: «Seit ich Troll bin, ist einfach alles besser. Meine Message dringt zu den Leuten durch. Ich habe eine Stimme. Auch meine Mutter ist sehr stolz.»

Und genauso zufrieden und glücklich können auch Sie sein! Na, konnte ich Sie überzeugen? Dann halten Sie sich an die folgenden Regeln und Sie können ein genauso erfüllendes Leben führen wie Michael.

1. Grundhaltung
Nur weil jemand Journalismus studiert hat, weiss er/sie noch lange nicht mehr als Sie. Stellen Sie sicher, dass Sie den/die AutorIn auf jeden Fall duzen und dass Sie ihn/sie mindestens einmal pro Kommentar als unfähigen, ignoranten Schnösel, käufliches Politinstrument oder als das bezeichnen, «was in diesem Land schief läuft». Tun Sie dasselbe mit Menschen, die Ihrem Kommentar widersprechen. Bezeichnen Sie gleichzeitig Leute, die Ihnen zustimmen, als Schleimer oder Naaplapperi.

2. Inhalt, Inhalt, Inhalt
... ist komplett unwichtig. Legen Sie bloss keinen Wert darauf, was Sie kommentieren. Wichtig ist, wie Sie kommentieren. Sie sind da, um den Leuten zu sagen, wo's langgeht und nicht, um differenzierte Diskussionen zu führen. Dafür gibt es Selbsthilfegruppen und den Zistigsclub.

3. Seien Sie passiv-aggressiv!
Teilen Sie grossflächig Beleidigungen und Beschimpfungen aus – stellen Sie jedoch sicher, dass Sie ans Ende jeder Aussage einen Zwinkersmiley setzen. Man wird dann meinen, Sie machen einen Scherz. Hehehe.

4. Grammatik und Rechtschreibung
Heben Sie jeden noch so kleinen grammatikalischen Fehler im Text mit einem eigenen Kommentar hervor. Wichtig ist, dass Sie im Kommentar ausdrücklich betonen, dass Sie kein(e) JournalistIn seien, jedoch die Grammatik/Rechtschreibung besser im Griff hätten als der Verfasser des vorliegenden Texts. Hier dürfen Sie auch gerne Wörter wie «dilettantisch», «Banause» und «Anfänger» benutzen, schliesslich hat man Sie mit einem falsch gesetzten Komma oder einer klein geschriebenen Substantivierung belästigt – sowas kann man nicht einfach durchgehen lassen. Übrigens: Sie dürfen Ihrerseits sehr wohl grammatikalische Ausrutscher produzieren – schliesslich sind Sie ja kein(e) JournalistIn.

5. Seien Sie pointiert!
Streuen Sie da und dort Worte wie «Nazi» oder «Gutmensch» ein. Auch Kommentare gegen Randgruppen sind im Internet nichts Schlimmes! Sowas gibt dem Austausch die gewisse Würze und der Aufmerksamkeitsfokus ist im Anschluss da, wo er eigentlich hingehört: Auf Ihnen!

6. Sie sind im Recht!
Argumente sind etwas für Schwächlinge! Sagen Sie ruhig, was für ein verdammter Scheisstext Ihnen da gerade vorgesetzt wurde. Ihre Aussage zu begründen ist jedoch nicht Ihre Aufgabe!
Es geht niemanden etwas an, warum Sie den/die AutorIn für eine/n unfähige(n) AnfängerIn ohne Rückgrat und Intelligenz halten – wichtig ist nur, dass Sie es sagen. Bei Nachfragen nach den Gründen, bezeichnen Sie den Fragenden als kritikunfähig.

7. Seien Sie persistent!
Lesen Sie jeden noch so kleinen Text des/der AutorIn, den/die Sie am meisten hassen. Sagen Sie ihm/ihr jedes Mal aufs Neue, wie beschissen Sie ihn/sie finden und er/sie möge sich endlich einen anderen Job suchen. Wenn Sie das oft genug tun, wird es bestimmt passieren!

8. Durchhalten!
Sollte es tatsächlich einmal passieren, dass Ihnen jemand schriftlich das Wasser reichen kann, halten Sie durch! Es gibt andere Wege des Siegs – nehmen Sie z.B. Bezug auf das Profilbild Ihres Kontrahenten und bezeichnen Sie ihn als hässlich/dick/usw. Schauen Sie sich auch das Profil Ihres Gegenübers an. Er/sie mag Pferde? Machen Sie Scherze über Pferdesteaks mit Kräuterbutter. Er/sie kommt aus einem anderen Kanton? Lassen Sie ihn/sie die ganze Wucht des Kantönlirassismus spüren. Er/sie hat eine/n PartnerIn? Bezeichnen Sie diesen als hässlich/dick/usw. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt ...

Sie sehen, lieber Leser, liebe Leserin. Auch Sie können Troll werden! Es ist ganz einfach.

Tauchen Sie ein und let's rock and troll!

Bild
Yonni Meyer
Yonni Meyer schreibt als Pony M. über ihre Alltagsbeobachtungen – direkt und scharfzüngig. Tausende Fans lesen mittlerweile jeden ihrer Beiträge. Bei watson schreibt die Reiterin ohne Pony – aber nicht weniger unverblümt. 

Pony M. auf Facebook

Yonni Meyer online
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
MGher
25.11.2014 19:03registriert Februar 2014
Was für ein schrecklicher "Artikel"! Wer diesen Erguss fabriziert hat, sollte sich wirklich schämen! Du ziehst das Niveau dieser verf***ten ("News unfucked"? Soll wohl ein Witz sein!) "Zeitung" unglaublicher Weise noch weiter runter! :D

War das gut so? :P Nein im Ernst: Musste herzhaft lachen (leider im vollen Zug :S) - toller Artikel! Lese Ihre Kolumne immer gerne (mit dem Hipsterlitheater mein Favorit bei #watson).
262
Melden
Zum Kommentar
9
Velotouren für Geniesser: Wenig Höhenmeter, super Aussichten
Die Schweiz ist zwar das Land der Berge. Für Velofahrer bedeutet dies meist: Es geht immer wieder hinauf und du musst kräftig in die Pedale treten. Doch das gilt nicht überall. Wir haben dir hier Velostrecken für Geniesser zusammengestellt, bei denen die Höhenmeter eher runterführen.

Der Frühling lockt und bald schon können wir das Velo wieder aus dem Keller nehmen. Doch das Velofieber packt nicht nur alte Hasen, auch Newbies schwingen sich gerne aufs Velo. Für diese hatte Kollege Ralf Meile hier mal 20 goldene Ratschläge zusammengestellt. Wenn du diese beherzigst, kannst du dich auf folgende Touren freuen.

Zur Story