Es waren fünf Minuten, an die man sich noch lange erinnern wird. Trumps Pressesprecher Sean Spicer kam, log und ging wieder. Ohne auch nur eine kritische Frage zuzulassen.
Was sich am Samstagnachmittag im Medienzentrum des Weissen Hauses abspielte, sorgte weltweit für Aufsehen. Es war ein Rundumschlag gegen die Presse, gegen die vierte Gewalt im Staat. Die Medien hätten falsch über die Zuschauerzahlen bei der Inauguration berichtet, schimpfte Spicer und behauptete: «Das war das grösste Publikum, das je bei einer Inauguration anwesend war».
Eigentlich könnte es einem ja egal sein, wer denn jetzt am meisten Zuschauer bei seiner Inauguration hatte. Vielleicht lag es ja wirklich am schlechten Wetter, dass die Zuschauerränge nicht so einen prall gefüllten Eindruck machten. Vielleicht auch nicht.
Was wirklich nachdenklich stimmte, war der Fakt, dass Spicer bei seinem allerersten Auftritt als Pressesprecher Aussagen machte, die so einfach nicht stimmten. Ja, er log die Presse an. Und das gleich mehrmals. Ist das die Art und Weise, wie das Weisse Haus in den nächsten vier Jahren kommunizieren wird?
Gestern nun war die Reihe an Trumps Top-Beraterin Kellyanne Conway. Sie stellte sich den kritischen Fragen des «NBC»-Moderators Chuck Todd, dem nach Spicers Auftritt schlicht die Worte fehlten.
I've run out of adjectives.
— Chuck Todd (@chucktodd) 21. Januar 2017
Todd redete nicht lange um den heissen Brei herum und stellte sogleich die Frage, die alle hören wollten. «Wieso hat Präsident Trump gestern seinen Pressesprecher hinausgeschickt, um Lügen zu verbreiten?»
Conway wich der Frage zunächst aber aus und ging stattdessen zum Gegenangriff über. «Ihr könntet auch mal über die 30 Millionen Frauen berichten, die ihre Stimme für Donald Trump abgegeben haben.»
Erst nach mehrmaligem Nachhaken äusserte sich Conway dann direkt zu den belegbaren Falsch-Aussagen, die Spicer gemacht hatte. Chuck Todd solle nicht so «übertrieben dramatisch» tun, der Pressesprecher habe doch lediglich «alternative Fakten» präsentiert.
Nach den denkwürdigen Aussagen von Sean #Spicer legt sich Trump-Beraterin Kellyanne #Conway mit einem NBC-Moderator an: "Alternative Fakten" pic.twitter.com/qeQP1OldxK
— BR24 (@BR24) 22. Januar 2017
Vier der fünf Aussagen, die Spicer gemacht habe, seien aber keine «alternativen Fakten» gewesen, sondern Lügen, entgegnete Todd. Doch Conway hatte das Thema da bereits schon abgehakt und ging wieder in die Offensive.
Einen weiteren Vorgeschmack, was das Weisse Haus unter «alternativen Fakten» verstehen könnte, lieferte Conway gleichentags in einem Interview mit dem Fernsehsender «ABC».
Wann Präsident Trump denn nun seine Steuerdaten veröffentlichen werde, wollte der Moderator wissen. Diese waren während des Wahlkampfes Dauerthema. Trump hatte damals eine andauernde Steuerprüfung als Grund für seine Weigerung angeführt, seine Steuererklärungen offenzulegen.
Der «ABC»-Moderator erhielt im Gegensatz zu seinem Kollegen von «NBC» auch sogleich eine Antwort. «Er wird seine Steuerdaten nicht veröffentlichen», so Conway. Das interessiere die Bevölkerung gar nicht. «Die meisten Amerikaner sind sehr darauf konzentriert, wie ihre eigenen Steuererklärungen während Trumps Amtszeit aussehen werden – nicht wie seine aussehen.»
Trump advisor Kellyanne Conway to @ThisWeekABC: Donald Trump "is not going to release his tax returns" https://t.co/l0htGgcvIy pic.twitter.com/2WEcWz03T8
— ABC News (@ABC) 22. Januar 2017
Diese Aussagen stehen jedoch in deutlichem Widerspruch zu einer jüngsten Umfrage, der zufolge 74 Prozent der Amerikaner meinen, dass der milliardenschwere US-Präsident seine Steuerunterlagen veröffentlichen sollte.
Der US-Präsident selber äusserte sich gestern via Twitter. Dabei nahm er Stellung zu den landesweiten Protesten gegen ihn, bei denen hunderttausende Leute teilgenommen hatten. Trump schrieb, dass er die Demonstrationen zwar verfolgt habe, allerdings habe es doch vor Kurzem eine Wahl gegeben. «Warum haben diese Leute nicht gewählt?», fragte der US-Präsident.
Watched protests yesterday but was under the impression that we just had an election! Why didn't these people vote? Celebs hurt cause badly.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 22. Januar 2017
Zur Erinnerung: Donald Trump erhielt deutlich weniger Stimmen als Hillary Clinton. Trumps Gegner gingen sehr wohl an die Urne, scheiterten aber an einer Besonderheit des US-Wahlsystems. Mit diesem Tweet erweckte Trump zudem auch den Eindruck, als halte er Demonstrationen nach einer Wahl für grundsätzlich nutzlos.
Eine gute Stunde später versuchte er diesen Eindruck jedoch wieder abzuschwächen. «Friedlicher Protest ist ein Markenzeichen unserer Demokratie. Auch wenn ich nicht immer einverstanden bin, akzeptiere ich das Recht der Menschen, ihren Ansichten Ausdruck zu verleihen», schrieb Trump auf Twitter.
Peaceful protests are a hallmark of our democracy. Even if I don't always agree, I recognize the rights of people to express their views.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 22. Januar 2017
Doch das waren nicht die einzigen Tweets, die Trump gestern ins Netz stellte. Mit Freude teilte er der Welt auch noch mit, dass bei seiner Inauguration 31 Millionen Menschen am Fernseher sassen. «Das sind elf Millionen mehr als die auch schon sehr guten Ergebnisse von vor vier Jahren.»
Wow, television ratings just out: 31 million people watched the Inauguration, 11 million more than the very good ratings from 4 years ago!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 22. Januar 2017