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Trotz Milliarden-Investitionen im Transfersommer: Wir erleben die Bankrotterklärung des englischen Fussballs
Insgesamt wurden in der Premier League der vergangenen Transferperiode 1,18 Milliarden (!) Euro für Neuzugänge ausgegeben. Die Wahnsinns-Ausgaben konnten sich die Klubs neben stinkreichen Besitzern auch dank fett dotierter Fernsehverträge leisten. Der englische Fussball hat seine Seele teuer verkauft und wird mit chronischer Erfolgslosigkeit dafür bestraft.
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Teure Spieler sorgen für Spektakel, sie bringen grosse individuelle Klasse mit. Geld schiesst auf jeden Fall Tore. Doch das reicht nicht. Treue Spieler bringen Leidenschaft, Einsatz und den letzten Willen, sich für das Logo auf ihrer Brust zu zerreissen. Es sind ebendiese unterschiedlichen Eigenschaften, die teure Spieler von treuen Spielern unterscheiden. Der eine bringt Spektakel, der andere Erfolg.
Wo sind die Gerrards, Lampards und Scholes' nur geblieben?
Said it last season and will say again, Premier League isn't the league it was. Summed up again tonight, really sad to see. #UCL
— Matthew Etherington (@mattyethers) 15. September 2015
Noch gehört die Premier League zu den Top-Ligen Europas. Die Liga befindet sich im europäischen Vergleich jedoch auf dem absteigenden Ast. Bereits in der letzten Saison schaffte es kein englisches Team in die Viertelfinals der Königsklasse: Chelsea, Man City und Arsenal schieden allesamt in den Achtelfinals aus und Liverpool scheiterte bereits in der Gruppenphase – unter anderem am FC Basel.
In der UEFA-Fünfjahreswertung hält sich die Premier League noch knapp auf Platz 3, die Serie A dahinter holt immer mehr auf und könnte gutmöglich schon dieses Jahr vorbeiziehen – die Serie A ist derzeit besser als die Premier League.
Der schlechteste Start überhaupt
In der ersten Runde der neuen Champions-League-Saison sind aus englischer Sicht bereits wieder erschreckende Tendenzen zu erkennen: Von den Topligen Spanien (drei Siege, ein Unentschieden, eine Niederlage), Deutschland (drei Siege, eine Niederlage) und Italien (ein Sieg, ein Unentschieden) ist die Premier League mit drei Niederlagen und einem Sieg als einzige negativ gestartet. Zum ersten Mal seit Einführung der Champions League haben drei von vier englischen Teams ihre Auftaktspiele verloren
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Gerade in der Gruppenphase der Königsklasse darf man Spiele verlieren. Wahrscheinlich werden sich die englischen Teams doch noch durch die Gruppenphase mogeln. Trotzdem war die Performance in der ersten Runde erschreckend schwach.
Jedes negative Ergebnis eines Premier League Teams lässt mich ja schmunzeln. Sollen die Pfeifen eben mehr Geld in die Hand nehmen. #UCL
— Chris Toma (@HashtagChris) 16. September 2015
Manchester City spielte gegen ein komplett verunsichertes Juventus Turin, welches nach dem grossen Umbruch im Sommer in drei Serie-A-Spielen nur einen Punkt holte. Die «Bianconeri» reisten als Tabellen-16. zum verlustpunktlosen Leader der Premier League. Die «Citizens» gaben der Juve jedoch nicht wie erwartet auf den Deckel – im Gegenteil: Sie waren der perfekte Aufbaugegner. Trotz Schiedsrichterhilfe bei der deutlich irregulären Führung durch Kompany verloren die Engländer gegen Juventus schlussendlich noch verdient mit 1:2.
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Natürlich ist Juventus noch immer eine Top-Mannschaft. Und natürlich darf man gegen sie verlieren. Aber nicht in dieser Verfassung. Juventus zeigte gegen Udinese (0:1) und Chievo Verona (1:1), dass sie mit gut organisierten Defensiven noch grosse Mühe haben. Trotzdem schaffte es City nicht, eine Führung nach 60 Minuten über die Zeit zu bringen. Der Unterschied? In der Serie A wird auf Resultat gespielt, der Sieg steht im Fokus. Die Premier League praktiziert brotlosen Hokuspokus-Fussball.
Auch Man United und Arsenal erwischt es
Manchester United ging wie der Stadtrivale ebenfalls in Führung – und konnte damit nicht umgehen. Gegen das auf dem Papier deutlich unterlegene Eindhoven gab es eine 1:2-Niederlage. Zum Vergleich: Alleine Man-United-Neuzuzug Anthony Martial kostete 50 Millionen Euro Ablöse. Die komplette Startelf von PSV kommt auf einen Marktwert von 55 Millionen.
Die noch grössere Blamage setze es für Arsenal London ab. Die «Gunners», derzeit auf Rang 4 der Premier League, blamierten sich gegen den krassen Aussenseiter Dinamo Zagreb und verloren die Partie 1:2.
The Arsenal cycle. pic.twitter.com/diKPzW0l7i
— Football Funnys (@FootballFunnys) 16. September 2015
Ausgerechnet Chelsea, welches in der Liga nicht auf Touren kommt, konnte die englische Ehre noch halbwegs retten. Der 4:0-Sieg über Maccabi Tel Aviv ist jedoch nicht zu hoch zu werten: Die Israeli haben kein Champions-League-Niveau, das weiss man nicht nur in Basel.
Wenn das Geld auch ohne Resultate fliesst
Das Problem der erfolglosen Premier League auf internationaler Ebene ist relativ simpel zu erkennen: Die Klubs aus England müssen in erster Linie attraktiven Fussball spielen. Fussball verkommt immer mehr zu Unterhaltung, der Zuschauer will keine perfekt eingespielte Viererkette sehen sondern Tore, Tore, Tore.
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Deshalb werden überhaupt diese hohen TV-Gagen bezahlt. Der englische Klub-Fussball ist nicht der beste, sondern der spektakulärste der Welt. Tore lassen sich gut verkaufen, die Premier League hat die beste Vermarktung der Welt. Sie ist nicht einmal auf Erfolg angewiesen. Solange der offensive «Hurra-Fussball» gespielt wird, lässt sich die Liga verkaufen.
Mit dem neuen TV-Deal bis 2019 wird sich das kaum ändern. Den ehrlichen englischen Fussball gibt es nicht mehr. Spätestens wenn es in der K.O.-Phase hart auf hart kommt, werden die beiden Manchester, Arsenal und Chelsea das Nachsehen haben. Aber egal. Sie können ja nächsten Sommer wieder Milliarden in neue Spieler investieren.