Eintrag vom 27. Oktober 2016:
Liebes Tagebuch,
ich weiss, mein Mensch war nicht immer gut zu mir. Um ehrlich zu sein, war er manchmal sogar ein richtiger Hinterwäldler. Er ist nie bis drei Uhr morgens wach geblieben, nur um mir beim Einschlafen zuzusehen. Und er hat mir auch keine Mäuse geschenkt. Noch nie!
Aber ich glaube, er hat sich verändert. Diesmal wirklich. Ab sofort wird alles anders! Kevin hat mir auf der Couch einen Brief hingelegt. Es ist zwar kein Liebesbrief, aber ich bin mir sicher, das kommt noch. Er hat den Text liebevoll «Fragen zur Vorbereitung» getauft.
Er trifft bereits Vorbereitungen, um gemeinsam mit mir eine bessere Zukunft aufzubauen! Ist das nicht toll?
Also eigentlich müsste ich ihm ja nicht antworten. Nicht nach all dem, was er mir angetan hat. Aber ich tue es trotzdem. Weil ich ja nicht nachtragend bin oder so. Ich bin eine vernünftige Katze. Und seine Fragen sind ganz schön philosophisch:
Er siezt mich – voll süss! Und er will wissen, wie ich mir unsere Zukunft vorstelle. Diese Frage ist einfach zu beantworten, liebes Tagebuch: In fünf Jahren will ich die Couch endlich für mich alleine haben.
Ach ja – und Geraldine, diese blöde Nachbarskatze, soll endlich wieder zurück ins Tierheim. Blöde Schnepfe.
Keine leichte Frage. Da gibt es so vieles! Zum Beispiel liebe ich Schinken über alles. Und Pizza.
Ich habe halt eine Schwäche für Fast Food. Und Mäuse – aber nur diejenigen aus dem Garten der Nachbarin. Du weisst ja, liebes Tagebuch – wenn ich jage, dann nur Bio-Produkte.
Ich hasse Kritik. Deshalb erwarte ich auch, dass dieses ständige «Nein, Olga – nicht schon wieder die Tapete!» endlich aufhört. Immerhin bin ich so nett und kratze meine Zeichnung zu Ende. Und was die zerrissene Hose angeht: Ich hab sie nur moderner gemacht. Dieser Volltrottel von Mensch soll gefälligst dankbar sein!
Eine weitere Frage, die beweist, dass er verstanden hat, um was es in einer Beziehung geht, liebes Tagebuch. Ich glaube, eine weitere Portion Nassfutter und eine Maus pro Tag wären angemessen, oder? Ausserdem erwarte ich blindes Gehorsam. Aber das sollte ja selbstverständlich sein. Ich meine, hallo?!
Diese Frage verstehe ich nicht, liebes Tagebuch. Hast du eine Ahnung, was er damit sagen wollte? Und wen meint er mit «uns»? Will er etwa eine weitere Katze ins Haus holen?! Soll das ein schlechter Witz sein?! Oder werde ich langsam paranoid?
Mit misstrauischen Grüssen,
Olga von Schnurrhausen