Ich war nie und bin kein Bayern-Fan, aber ich habe die Bayern auch nie gehasst. Ich bin wohl einer der wenigen Fussballanhänger, die gegenüber dem FC Bayern München eine ziemlich gleichgültige Haltung haben. Also bestens geeignet für den nüchternen Vergleich zweier Epochen.
Das Wichtigste, nämlich der Erfolg, ist geblieben. Doch ansonsten hat sich seit der Jahrtausendwende einiges getan an der Säbener Strasse.
Nichts zeigt dies schöner als der Blick zurück auf das legendäre Champions-League-Finale am 26. Mai 1999 in Barcelona. Im Nou Camp führt Bayern gegen Manchester United bis zur Nachspielzeit und verliert das Spiel auf dramatische Art und Weise doch noch. Und man mag es den Deutschen so richtig gönnen, dass endlich einmal die anderen den Bayern-Dusel haben.
Denn was stehen da nicht für Reizfiguren im Team: Oliver Kahn! Lothar Matthäus! Stefan Effenberg! Jens Jeremies! Mario Basler! Carsten Jancker! Da kann Sammy Kuffour noch so sympathisch sein und Mehmet Scholl einen Spruch nach dem anderen klopfen: Dieses Team verdient keine Liebe von neutralen Fans.
Und heute? Da haben die Bayern immer noch Reizfiguren – alles andere wäre auch nicht normal bei einem Klub von dieser Grösse und diesen Erfolgen. Sie haben Arjen Robben, den Schwalbenkönig. Thomas Müller, das Grossmaul. Mario Götze, den abtrünnigen Dortmunder. Aber sonst? Sie fallen in erster Linie dadurch auf, dass sie – wie die DFB-Weltmeister in Brasilien – wunderbar Fussball spielen.
Die Bayern 2015 haben mit Manuel Neuer den besten Torhüter der Welt, der meist wie ein elfter Feldspieler agiert und das Spiel mitgestaltet. Sie haben ein Kombinationsspiel, das Trainer Pep Guardiola auf der Basis des Tiki-Taka weiterentwickelt hat. Sie haben überragende Tormaschinen wie Müller und Robert Lewandowski. Und sie haben, wenn es mal nicht läuft, fantastische Techniker, die ein Spiel im Alleingang entscheiden können: Robben und Franck Ribéry.
Wird das jetzt immer so weitergehen mit dieser Dominanz? Die objektive Antwort lautet «Nein», denn dass im Fussball immer auch schwächere Phasen kommen, gehört dazu. Wobei die subjektive Antwort «Vermutlich ja» lautet, schliesslich ist weit und breit kein deutsches Team in Sicht, das den Bayern über eine ganze Saison Paroli bieten kann.
Und falls doch, dann bleibt den Münchnern immer noch der bewährte Trick: Die Konkurrenz zu schwächen, indem man rasch zum Portemonnaie greift. Dann werden halt zig Millionen locker gemacht, um Reus oder Hummels aus Dortmund zu holen, De Bruyne oder Rodriguez aus Wolfsburg, Xhaka oder Herrmann aus Mönchengladbach, Bellarabi aus Leverkusen.
Keine Angst, lieber Bayern-Hasser: Du wirst weiterhin genug Gründe finden, die deine Abneigung berechtigen.