Was macht ein Wirtschaftsprognostiker, wenn eine Entwicklung völlig offen ist? Richtig: Er entwickelt Szenarien. Das hat den Vorteil, dass eine Auswahlsendung zur Verfügung steht und dass sich jeder die passende Variante wählen kann, beispielsweise für die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Intiative (MEI). Diesen Weg verfolgte die BAK Basel, die gestern an ihrer Frühjahrstagung drei Szenarien präsentierte.
Die mildeste Variante ist diejenige, bei der sich nur sehr wenig verändert, die Einwanderung also praktisch nicht gebremst wird. Was hingegen negativ zu Buch schlägt, ist die Verunsicherung bei den Unternehmen. Investitionsentscheide werden hinausgeschoben, Firmen zögern, sich in der Schweiz niederzulassen, Bauprojekte werden gestoppt. Dass diese Verunsicherung bereits eingesetzt hat, bestätigte an der Tagung Rudolf Minsch, Interimsleiter des Wirtschaftsverbands Economiesuisse. Tüchtige Standortpromotoren wie die in Irland würden diese Verunsicherung gnadenlos ausnützen. BAK Basel schätzt deshalb, dass die Investitionen weniger stark wachsen werden als bisher angenommen. Weil aber in dem milden Szenario die Einwanderung nicht beschnitten wird, normalisiert sich die Lage nach zwei Jahren wieder. Das heisst, das Bruttoinlandprodukt verzeichnet nach 2018 wieder ein Wachstum.
Im zweiten Szenario «Verknapptes Angebot» wird die MEI zumindest teilweise umgesetzt. In der Modellrechnung setzt der Erholungseffekt nur beschränkt ein, der negative Einfluss liegt bei 0,1 bis 0,2 Prozent.
Das dritte Szenario «beschränkter Marktzugang EU» geht davon aus, dass die MEI weiterreichende Folgen hat: Die bilateralen Abkommen mit der EU fallen, Schweizer Firmen wird der Marktzugang erschwert, Qualitätsprüfungen der Schweiz werden nicht mehr anerkannt und andere unangenehme Konsequenzen. Gleichzeitig verliert das Bevölkerungswachstum an Schwung oder es kommt gar zur Schrumpfung, was den Inlandkonsum bremst. Das Wachstum liegt rund 0,5 Prozentpunkte unter dem Wachstum ohne MEI. Positiver Effekt: Es braucht weniger neue Infrastrukturbauten (Strassen, Bahn, Schulen). Über die Wahrscheinlichkeit der einzelnen Szenarien machte die BAK keine Angaben.
Die BAK Basel präsentierte gestern auch ihre Frühjahrsprognose. Sie basiert auf dem eingangs genannten ersten Szenario und ist recht positiv. In Europa, dem wichtigsten Absatzmarkt der Schweiz, sei die Wirtschaft noch nicht auf dem Stand von vor der Krise. Aber die Wachstumsimpulse seien klar auszumachen. Die Risiken des Euros seien gesunken. Selbst Problemländer wie Italien, Spanien und Griechenland hätten «Boden gefunden», sagte BAK-Chefökonom Martin Eichler. Nach einer Delle im zweiten Halbjahr 2013 hat das Wachstum in der Schweiz wieder eingesetzt und bewegt sich bei 0,5 bis 1 Prozent. Ansprechend laufen auch der Konsum und die Exporte. Etwas Sorge bereitet den Ökonomen die labile Lage der Märkte China, Russland und Brasilien.