Seit zwei Tagen ist das internationale Fenster für Fussball-Transfers wieder geschlossen. Auch diesen Sommer wechselten im europäischen Spitzenfussball wieder horrende Summen den Besitzer. Vier der sechs teuersten Transfers in diesem Sommer wurden durch den Fussball-Agenten Jorge Mendes abgewickelt. Die Wechsel von Angel di Maria, Eliaquim Mangala, Diego Costa und James Rodriguez wurden allesamt vom 48-jährigen Portugiesen aufgegleist und durchgeführt.
Insgesamt wurde bei diesen vier Tauschgeschäften die stolze Summe von rund 243 Millionen Euro ausgegeben. Hiervon dürfte ein nicht unbeträchtlicher Teil in die Tasche des Portugiesen selbst gewandert sein. Doch wer ist dieser Mann, der einen grossen Teil der wichtigsten europäischen Fussballer unter Vertrag hat? Ein Blick in Mendes' Vergangenheit beschreibt eine Agenten-Karriere, wie sie selbst James-Bond-Autor Ian Fleming nicht besser hätte schreiben können.
Jorge Paulo Agostinho Mendes, wie der ganze Namen des Südeuropäers lautet, versucht in seinen frühen 20er-Jahren selbst als Fussballprofi Fuss zu fassen. Nachdem er aber selbst bei zweitklassigen portugiesischen Vereinen keinen Unterschlupf findet, hängt er die Fussballschuhe an den Nagel und versucht sich als Videotheken-, Nachtklub- und Barbesitzer.
In einer Bar sollte seine Karriere dann auch eine schicksalshafte Wendung nehmen: Im Jahr 1996 trifft der 30-jährige Mendes in einer Kneipe auf Guimaraes-Torhüter Nuno Espirito Santo. Der Keeper, der beim aktuellen Verein unglücklich ist und der bis anhin eher erfolglose Geschäftsmann kommen noch am Tresen ins Gespräch und machen gemeinsame Sache: Mendes soll dem Schlussmann einen neuen Verein suchen.
Und tatsächlich: Irgendwie schafft es José Mendes Torhüter Nuno an Deportivo La Coruña zu vermitteln. Dank diesem Deal werden jetzt auch weitere Fussball-Profis auf den Newcomer in der Agenten-Branche aufmerksam. Der nächste Transfer lässt nicht lange auf sich warten. Noch im selben Jahr bringt er einen weiteren portugiesischen Fussballprofi in Spanien unter.
Die Rede ist von keinem geringeren als Pauleta, dem 47-fachen Torschützen der portugiesischen Nationalmannschaft. Für Pauletas Transfer von GD Estoril Praia zu UD Salamanca, erhält Mendes zwar noch kein Geld, doch die Reputation und das Ansehen des Spielervermittlers wächst.
Im Jahr 2000 kommt es zum grossen Knall im portugiesischen Fussball-Business. José Veiga, der bis dato wichtigste Spieler-Agent in Portugal – unter anderem verantwortlich für Luis Figos 60-Millionen-Transfer von Barca zu Real – überwirft sich mit dem FC Porto, wodurch ein Machtvakuum entsteht. Grosser Nutzniesser dieses Zerwürfnis ist, wie könnte es anders sein, Jorgé Mendes.
Unterdessen hat sich der aufstrebende Spieler-Agent einen Namen erarbeitet und weiss sich beim FC Porto gekonnt als Nachfolger von José Veiga zu installieren. Damit sitzt Mendes direkt an den Schalthebeln der portugiesischen Fussball-Machtzentrale.
Der Fussball in Portugal erlebt zu Beginn der 2000er-Jahre eine Blütezeit. Porto gewinnt die Champions League und bei der Heim-EM verpassen die Lusitaner den Europameister-Titel nur knapp. Das Reservoir an starken, talentierten Spielern ist immens, die heimische Liga, zumindest aus wirtschaftlicher Sicht, schwach. Spieler wie Nani, Pepe, Simão, etc. wollen allesamt ins Ausland.
Für einen Spieler-Agenten wie José Mendes ist der portugiesische Markt eine wahre Goldgrube. Mittlerweile hat der gewiefte Geschäftsmann auch die beiden grössten Fische an der Angel. 2003 bringt er den 17-jährigen Cristiano Ronaldo zu Manchester United und ein Jahr später ist er für Mourinhos Wechsel von Porto zu Chelsea zuständig.
Die beiden Aushängeschilder des portugiesischen Fussballs bleiben enge Weggefährten von Mendes. 2008 handelt der stets adrett gekleidete Geschäftsmann für Mourinho bei Inter Mailand den best dotierten Trainerjob aller Zeiten aus und 2009 bringt er Cristiano Ronaldo für die damalige Rekordsumme von 94 Millionen Euro zu Real Madrid.
Mendes weiss das Spiel mit der Macht exzellent zu spielen. Statt sich mit anderen Spieleragenten zu konkurrieren, geht er mit ihnen Kooperationen ein. So soll er sich zusammen mit dem Israeli Pini Zahavi – unter anderem für Rio Ferdinand und Carlos Tevez verantwortlich – den südamerikanischen Markt freundschaftlich aufgeteilt haben. In Anbetracht dieser fast schon mafiös anmutenden Geschäftstaktik verwundert es nicht weiter, dass der Portugiese sein «Portfolio» bis heute kontinuierlich erweitern und dessen Wert ins schier unermessliche steigern konnte. Rund 50 Topspieler sollen mittlerweile zu seinem Imperium zählen.
So märchenhaft sich der Aufstieg des Nachtklubbesitzers Jorge Mendes zum mächtigsten Spieler-Agenten der Welt auch anhören mag, die Story hat einen bitteren Beigeschmack. In Anbetracht der teils ziemlich zwielichtigen Machenschaften des Agenten und den immensen Summen, welche hin und hergeschoben werden, gleicht das Treiben im Fussball-Geschäft einmal mehr eher einer Sopranos-Folge als einem Hort von Fairness und Sportlichkeit.