In der Nacht auf Mittwoch hat Polen 19 Luftraumverletzungen durch russische Drohnen registriert und mehrere abgeschossen. Wie ordnen Sie den Vorfall ein?
Ulrich Schmid: Er ist Teil einer russischen Strategie, die wir seit Längerem beobachten. Russland operiert oft in einem Graubereich unterhalb des offenen militärischen Angriffs. Seit dem offenen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat Russland immer wieder Nadelstiche gegen den Nato-Luftraum gesetzt. Moskau testet damit aus, wo für die Nato die Grenze zwischen Krieg und Frieden verläuft: Was schreibt die Nato als Zwischenfall ab, wo setzt eine Reaktion ein, was braucht es zur Ausrufung des Bündnisfalls?
Die polnischen Streitkräfte sprechen von einem «Akt der Aggression». Artikel 5 im Nato-Vertrag besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen Mitgliedstaat ein Angriff gegen alle ist. Wie wahrscheinlich ist es, dass die Nato nun den Bündnisfall ausruft?
Seit der Gründung der Nato wurde der Bündnisfall erst einmal ausgerufen, nämlich nach 9/11. Das war aber ein absoluter Spezialfall. Bei einem bewaffneten Angriff auf ein Bündnismitglied gibt es keinen Automatismus, der Bündnisfall müsste von den Nato-Staaten gemeinsam ausgerufen werden. Die Mitgliedstaaten führen in diesem Fall zunächst Konsultationen durch und ergreifen danach die Massnahmen, die sie für nötig halten. Das kann aber vieles heissen. Die Schwelle für den Bündnisfall ist hoch. Es wird aber sicherlich ein Zeichen des Widerstands an den Kreml geben.
Wie könnte ein solches Zeichen konkret aussehen?
Der polnische Premierminister Donald Tusk hat bereits Artikel 4 des Nato-Vertrags angerufen. Bisher hat es in der Geschichte der Nato erst sieben Mal Artikel 4-Konsultationen gegeben, zuletzt am 24. Februar 2022 nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Polen und die NATO senden damit folgendes Signal: Man nimmt den Zwischenfall sehr ernst, will aber nicht eskalieren.
In den vergangenen Wochen sind wiederholt russische Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen. Nach aktuellem Kenntnisstand wurde auch in der vergangenen Nacht niemand verletzt. Was macht den jüngsten Vorfall dennoch so bedrohlich?
Das ist genau der Kern der russischen Provokation. Russland operiert unter der Kriegsschwelle und bringt damit das westliche Verteidigungsbündnis in eine Zwangssituation. Die Nato befindet sich jetzt in einem Dilemma: Zum einen will sie die Ausrufung des Bündnisfalls möglichst vermeiden, weil sie sonst zur Kriegspartei wird. Wenn die Nato aber nicht reagiert, ist das ein klares Signal an Moskau, dass Putin weiter eskalieren und andere Nato-Staaten im selben Masse angreifen kann. In Russland geht man ohnehin davon aus, dass der Verteidigungswille der Nato-Staaten nicht dem entspricht, was in Artikel 5 steht: dass ein Angriff auf ein Land als ein Angriff auf alle gewertet und dementsprechend geahndet wird. Das hat auch mit den brüchigen transatlantischen Beziehungen zu tun. Donald Trump ist ein unsicherer Kantonist in der Nato. Das nützt Russland aus: Es will eine Zerreissprobe innerhalb der Nato provozieren.
Welche längerfristige Strategie steckt hinter diesem Vorgehen?
Es handelt sich um eine Destabilisierungsstrategie, wie wir sie auch bei russischer Einflussnahme durch Propaganda sehen, etwa in Deutschland oder aktuell bei den Parlamentswahlen in Moldau. Im Grossen und Ganzen geht es Russland darum, Gesellschaften im Westen zu spalten und bestehende Lagerbildungen weiter zu polarisieren.
Welche Bedeutung hat Polen für Russland im Krieg gegen die Ukraine?
Polen ist der historische Erzfeind für Russland. Das Land ist einer der verlässlichsten Verbündeten der USA in Osteuropa. Durch Polen verläuft ausserdem die wichtigste Achse für die militärische Versorgung der Ukraine. Dazu kommt, dass Polen an die russische Exklave Kaliningrad angrenzt. Schliesslich hat Polen auch eine strategisch wichtige Grenze zu den baltischen Staaten, die berüchtigte Suwalki-Lücke.
Was bedeutet der Vorfall in Polen für den andauernden Krieg Russlands gegen die Ukraine?
Nach dem desaströsen Alaska-Gipfel hat Putin die Angriffe auf die Ukraine vor allem aus der Luft intensiviert. Putin will diesen Krieg, er will seine Minimalziele erreichen. Ein mögliches Ziel der Aktion könnte sein, die militärischen Versorgungslinien für die Ukraine zu stören. Ausserdem könnte der Kreml damit die verstärkte Allokation von militärischen Ressourcen in den Nato-Staaten selbst provozieren und so die westliche Unterstützung für die Ukraine schwächen.
Polen hat die eigene Bevölkerung dazu aufgerufen, am Mittwochvormittag zu Hause zu bleiben, und hat seine Reservisten im Osten des Landes in erhöhte Bereitschaft versetzt. Worauf macht sich das Land nun gefasst?
In Polen ist das Bedrohungsgefühl in den vergangenen Jahren bereits stark gewachsen. Die Bedrohung wird mittlerweile als so ernst eingestuft, dass Polen seit einem Jahr keine Waffen mehr an die Ukraine liefert, um die eigene Verteidigung sicherzustellen. In Polen weiss man sehr genau, wie gefährlich der Ukrainekrieg ist. Mit dem aktuellen Ereignis ist die Bedrohung psychologisch nochmals ein Stück näher gerückt.
Sofort.
Es hat sich entwickelt.
Von einem Ex-RUS-Vasall zur einer der stärksten Allianz in Europa!
Ich wünsche Polen alles gute.
Wie ging der PL Spruch?
"Noch ist Polen nicht verloren, Solange wir leben. Was uns fremde Übermacht nahm, Werden wir uns mit dem Säbel zurückholen."
X-mal praktisch von der Landkarte verschwunden, oder unter den Mächten aufgeteilt.
Polen!?
Dieses mal wird euch das nicht passieren. Ihr seit gerüstet.