Liebe Paulina
Jeder Schwur ist Scheisse. Nicht nur der auf die Jungfräulichkeit. Aber der im Besonderen. Und zwar genau aus den von Ihnen genannten Gründen. Dieser Druck, der da auf einen Menschen (eventuell sogar Sie?) ausgeübt wird, macht einen Menschen kaputt. Eine gesunde Sexualität ist wichtiger Bestandteil der eigenen Identität. Aber wie soll diese gedeihen können, wenn Sex dermassen tabuisiert wird?
Ich weiss nicht, ob die von Ihnen angesprochene Art von Unterdrückung Teil einer religiösen Denkweise ist. Aber was und wer auch immer dahintersteht, hat das Prinzip des menschlichen Lebens nicht begriffen. Wir Menschen entstehen durch diesen intimen Kontakt zweier Individuen. Die Idee, dass diese Begegnungen nur dann stattfinden dürfen, wenn man verheiratet ist und der Akt der Zeugung von Kindern dient, ist dermassen vorvorgestrig und dient allein der Disziplinierung von Menschen. Seit jeher haben einige religiöse Institutionen versucht, die Menschen mit solchen Verboten in Zaum zu halten und sie zu kontrollieren. Diese Strategie, aus etwas so Schönem wie Sex etwas Unanständiges und Schmutziges zu machen, ist für mich psychischer Missbrauch und bringt mich zum Kotzen.
Dass dies im Jahr 2016 auch noch geschieht, ist unglaublich und unmenschlich. Der Körper ist unser wichtigstes Zuhause und eine Abspaltung von ihm kann in grosses persönliches Unglück führen. Wer unter solchen Bedingungen aufwächst, wird es schwer haben, eine befriedigende Sexualität zu leben, die nicht von Schuldgefühlen und Scham belastet ist. Wer dies seinem Kind antut, gehört meiner Meinung nach weggesperrt. Opfer einer solchen Erziehung finden beim Kinder- und Jugendsorgentelefon 147 Unterstützung oder aber bei der Fachstelle Infosekta.
Mit herzlichem Gruss. Ihre Kafi Freitag.
Die Tabuisierung und Verteuflung der Sexualität war zwar Scheisse, aber machte noch Sinn, als man keine sicheren Verhütungsmethoden hatte. In unserer Zeit hat sowas nichts verloren.
Abgesehen davon sind unaufgeklärte Kinder ein Paradies für Pädosexuelle. Wenn ein Kind nicht weiss, was da gemacht wird, dann weiss es auch nicht, dass es sich wehren kann.
Eltern dürfen dem Kind aber selbstverständlich Werte vermitteln. Ob es diese dann in der Pubertät übernimmt, ist ihm überlassen, schliesslich ist es ein eigenständiges Wesen.
In meiner Kindheit war es so: ich durfte Freundinnen haben, diese aber erst über Nacht nach Hause nehmen, wenn ich drei Monate mit ihnen zusammen war.