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Audi, Daimler und BMW kaufen für 2,8 Milliarden Euro Nokias Kartendienst Here

Audi, Daimler und BMW kaufen für 2,8 Milliarden Euro Nokias Kartendienst Here

03.08.2015, 08:5903.08.2015, 13:37
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Die deutschen Autobauer Audi, BMW und Daimler kaufen den digitalen Kartendienst Here des finnischen Telekommunikationsriesen Nokia. Mit dem Milliardendeal wollen die Konzerne gegenüber Google und Apple Boden bei der Digitalisierung der Autos gutmachen. 

2,8 Milliarden Euro lassen sich die Autohersteller die Übernahme des Kartendienstes kosten. Die drei Partner übernähmen Here jeweils zu gleichen Teilen, keiner von ihnen strebe eine Mehrheit an, teilten die Autokonzerne und Nokia am Montag mit. 

In der Autobranche ist die Digitalisierung ein grosses Zukunftsthema. Here werde eine «Schlüsselrolle bei der digitalen Revolution der Mobilität» spielen, erklärte BMW-Chef Harald Krüger. Daimler-Chef Dieter Zetsche bezeichnete hochpräzise digitale Karten als einen entscheidenden Baustein für die Mobilität der Zukunft. 

Die Autobauer wollen mit der Technik etwa Gefahrenwarnungen in Echtzeit vor Glatteis oder vor Staus anbieten. Hochpräzise Karten sind zudem Basis für das autonome Fahren, das Schritt für Schritt Realität werden soll. Um den Verkehr zu meistern, brauchen selbstfahrende Fahrzeuge sehr präzise Strassenkarten. 

Gemeinsam gegen Google

Über den Kauf von Europas grösstem Kartendienst war seit Monaten spekuliert worden. Die drei Autobauer hatten sich zusammengetan, um zu verhindern, dass die Schlüsseltechnologie für Navigation, Assistenzsysteme und autonomes Fahren in die Hand von Google oder einem anderen Internetkonzern gerät. Sie fürchteten eine zu grosse Abhängigkeit, denn Nokia Here wird in Europa in vier von fünf Autos genutzt. 

Apple und Google bieten bereits heute Plattformen zur besseren Integration von Smartphones im Auto an, die das Display der Unterhaltungsanlage weitgehend übernehmen. Teil von Apples Carplay und der Plattform Android Auto für Telefone mit dem Google-Betriebssystem sind auch die jeweiligen Kartendienste der beiden amerikanischen Technologieriesen. 

Der Kartendienst solle auch künftig für alle Kunden aus der Automobilindustrie und anderen Branchen zugänglich sein. Da die drei Autokonzerne nun einen wichtigen Zulieferer der gesamten Branche kontrollieren, ist aber fraglich, ob die anderen Fahrzeugbauer Nokia Here als Kunden treu bleiben. Hauptkonkurrent ist TomTom aus den Niederlanden, der jüngst eine Kooperation mit Bosch besiegelt hat. 

Teures Geschäft

Zu Heres Kunden gehören neben den deutschen Autokonzernen bislang auch Toyota, General Motors oder Fiat Chrysler. Aber auch die Internetfirmen Amazon, die Suchmaschinenbetreiber Yahoo und Baidu sowie die Paketdienste Fedex und UPS nutzen die Kartendaten, die mit grossem Aufwand durch häufige Kontrollfahrten auf den Strassen aktualisiert werden. 

Nokia tritt seinen Kartendienst ab, um sich auf das Kerngeschäft als Ausrüster von Telekom-Netzwerken zu konzentrieren und den Konkurrenten Alcatel-Lucent zu kaufen. Vorbehaltlich der Freigabe durch die zuständigen Kartellbehörden soll der Deal zum ersten Quartal 2016 über die Bühne gebracht werden. 

Nokia rechnet damit, bei dem Verkauf einen Buchgewinn von einer Milliarde Euro zu erzielen. Der Betrag von 2,8 Milliarden Euro soll noch um einige Verbindlichkeiten von Here reduziert werden, so dass dem finnischen Konzern am Ende gut 2,5 Milliarden Euro zufliessen sollen. Über die Jahre hatte Nokia aber einige Milliarden mehr in den Ausbau des Dienstes investiert. 

Here hatte Ende Juni rund 6450 Mitarbeiter. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz als Nokia-Sparte um ein Viertel auf 551 Millionen Dollar und es gab einen operativen Gewinn von 28 Millionen Dollar. 

Als Nokia Here zur Auktion stellte, war das eine seltene Gelegenheit, einen gut ausgebauten weltweiten Kartendienst zu erwerben. Laut Medienberichten hatte sich Nokia einen höheren Preis erhofft. Zunächst soll es auch viele Interessenten gegeben haben, von chinesischen Online-Konzernen bis hin zum umstrittenen Fahrdienst-Vermittler Uber, der ebenfalls an selbstfahrenden Fahrzeugen forscht. Am Ende blieben jedoch nur die deutschen Autobauer im Rennen. 

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(sda/afp/dpa/reu)

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