Lugano ist zu weich für die Playoffs und Berns Trainer Boucher ein taktischer Feigling
Biels Sportchef Martin Steinegger ist wahrscheinlich der meistunterschätzte Sportmanager im Land. Er hält sich klug zurück, macht mit viel Sachkompetenz seine Arbeit im Hintergrund und hält seinem charismatischen Trainer Kevin Schläpfer den Rücken frei.
Nun hat sich Martin Steinegger im Rahmen der TV-Sendung «The Hockey Week» zu einer kernigen Behauptung provozieren lassen: Lugano sei für die Playoffs nicht hart genug. Er hätte die Aussage hinterher gerne zurückgenommen. Wohl wissend, dass er einen wunden Punkt getroffen hat.
Luganos Qualifikations-Traumtänzer zu weich bzw. zu wenig hart für die Playoffs? Vieles spricht dafür, dass Martin Steinegger recht hat. Die Tessiner liegen gegen Servette 0:2 zurück. Zum zweiten Mal hintereinander droht dem Zauberlehrling Patrick Fischer gegen den schlauen Bandengeneral Chris McSorley der Untergang. Seit 2006 hat Lugano nie mehr eine Playoff-Serie gewonnen.
Ausscheiden hätte für Fischer keine Konsequenzen
Nur mit vier Siegen und einem Vorrücken ins Halbfinale wird Lugano den Schwefelgeruch der Weichheit aus den Ausrüstungen bringen. Einfach wird es nicht. Damien Brunner ist durch einen Check von NHL-Zweitrundendraft Noah Rod bis ins Mark erschüttert worden. Selbst wenn sich die Diagnose Gehirnerschütterung nicht bestätigt – er wird vorerst nicht mehr sein bestes Hockey spielen.
Konsequenzen würde ein Ausscheiden gegen Servette für den Trainer allerdings keine haben. Patrick Fischer bleibt in jedem Fall der charismatische Hoffnungsträger der teuersten Versagermannschaft ausserhalb der NHL und somit im Amt. Die Medien werden im Tessin im Falle eines Falles dem enttäuschten Volke schon eine schöne Verschwörungstheorie der Verbands- und Liga-Mafia gegen Lugano auftischen.
Der SC Bern spielt ultradefensiv, destruktiv und passiv
Die zweite Behauptung: Berns Trainer Guy Boucher ist ein taktischer Feigling. Das Weiterkommen ist für den SC Bern gegen Lausanne zwar nach wie vor möglich und auch wahrscheinlich. Denn die Berner sind nach menschlichem Ermessen physisch einfach zu stark und zu talentiert.
Und doch verärgert der ehemalige kanadische NHL-General mit einer ultradefensiven, ultradestruktiven und zeitweise zu passiven Spielweise selbst die neutralen Beobachter. Schlimmer noch: Er und damit der grosse, mächtige SCB lassen sich von Lausannes Trainer Heinz Ehlers die taktische Marschroute aufzwingen – was in letzter Konsequenz bedeutet, dass Lausanne den besseren Trainer hat.
Das Hockey, das Guy Boucher spielen lässt, ist nur durch Sieg und Titel zu rechtfertigen. Der Erfolg heiligt alle taktischen Mittel und unser Rücken ist noch geschmeidig genug, um uns im Falle eines Titelgewinnes tief vor Guy Boucher zu verbeugen.
Huras musste gehen, weil sein Hockey unattraktiv war
Wir wollen auch um der historischen Wahrheit willen fair sein: der SCB hatte im 21. Jahrhundert noch nie eine spielerisch brillante, mit dem Grande Lugano von 2006 vergleichbare Spektakel-Meistermannschaft. Die SCB-Meisterteams von 2004, 2010 und 2013 sind defensiv orientierte Rumpel-Ensembles.
Aber ein Eishockey wie zum Auftakt der diesjährigen Playoffs gegen Lausanne ist den SCB- Kunden noch nie zugemutet worden. Wir können es polemisch so sagen: wenn der SCB mit dieser Mannschaft nicht mindestens ins Finale kommt, dann wäre Guy Boucher eigentlich nicht mehr tragbar. Er sollte von SCB-General Marc Lüthi nach dem letzten Spiel noch im Kabinenvorraum standrechtlich entlassen werden. Ein Schicksal, das ja schon den SCB-Meistermachern Larry Huras und Antti Törmänen widerfahren ist.
Larry Huras ist sogar ausdrücklich wegen zu wenig attraktiver Spielweise gefeuert worden. Beim SCB gilt mehr als bei jedem anderen Hockey- Unternehmen im Lande: It's all about Entertainment – stupid!
SCB-Lüthi: «Ich bin richtig stinkig»
Der Unmut über das ungeniessbare SCB-Hockey ist inzwischen auch in der Chefetage ein Thema – und das erhöht den Unterhaltungswert. SCB-General Marc Lüthi wendet sich auf der SCB-Website in regelmässigen Abständen an seine Gemeinde. Am Tag nach dem schmählichen 1:2 in Lausanne lesen wir in seinem zornigen Hirtenbrief wortwörtlich:
«Es ist Mittwoch, 9.45 Uhr und ich bin immer noch stinkig. Richtig stinkig, weil wir gestern verloren haben – und weil wir einfach schlechter waren als Lausanne. Ich hasse es zu verlieren und noch mehr hasse ich es so zu verlieren. Nicht weil ich denke, dass Lausanne einfach zu schlagen ist, nein ganz und gar nicht. Aber die Waadtländer sind auch keine Übermannschaft.«
Marc Lüthi war schon weniger stinkig und hat den Trainer trotzdem gefeuert. Allerdings rechne ich selbst im Falle eines Scheiterns gegen Lausanne nicht mit der Entlassung von Guy Boucher. Er würde von Marc Lüthi bloss zur Entlassung verurteilt und dann auf Bewährung weiter beschäftigt. Und ich würde mir vor Freude über grandiose Unterhaltung im Herbst 2015 schon die Hände reiben.
