Gross ist die Aufregung um eine Bemerkung, die Verteidigungsminister Ueli Maurer anlässlich eines Auftritts in Zug gemacht hat. Maurer warb für die Gripen-Beschaffung, indem er die zu ersetzenden 30-jährigen Tiger-Jets mit Haushaltsgegenständen verglich. Gemäss Zentral+ fragte Maurer ins Publikum, wieviele Gebrauchtgegenstände in einem Haushalt nach 30 Jahren noch zu gebrauchen seien. Die Antwort gab er gleich selbst: «Bei uns sind das nicht mehr viele, ausser natürlich die Frau, die den Haushalt schmeisst.»
Die jungen Grünen forderten per Communiqué eine Entschuldigung Maurers, der grüne Armeekritiker und GSoA-Vorstand Jo Lang forderte gar den Rücktritt des Verteidigungsministers und die Twitter-Gemeinde diskutiert Maurers Fehltritt unter dem Hashtag «#GebrauchtBR». Gestützt auf die Tweets und Facebook-Einträge der politischen Akteure verbreiteten seit Sonntagabend auch die Massenmedien Schlagzeilen, wie: «Maurer vergleicht Frauen mit Gebrauchtgegenständen». Das ist weder richtig noch neu. Bereits einen Tag zuvor sagte Maurer an einer Werbeveranstaltung für den Gripen in Holziken (AG), seine Frau sei das einzige, das nach 30 Jahren in seinem Haushalt noch funktioniere.
Mit der Gleichsetzung von Maurers Ehefrau mit allen Frauen nutzen die Grünen die Äusserungen des Verteidigungsministers geschickt aus, um im Abstimmungskampf gegen den Gripen möglichst viele Frauen zu mobilisieren. Deren Ablehnung gegenüber dem Finanzierungsfonds für das neue Kampfflugzeug ist gemäss der ersten gfs-Umfrage besonders hoch und liegt bei 59 Prozent, während nur 44 Prozent der befragten Männer Nein sagen wollen. Auf Twitter erklärte die grüne Nationalrätin Aline Trede die Frauen bereits vor dem Occasions-Gate zum Zünglein an der Waage in der Gripen-Abstimmung.
@yferi weil die Frauen entscheidend sein werden...
— aline trede (@alinetrede) April 27, 2014
Für die Politologin Michelle Beyeler von der Universität Bern ist das Vorgehen der Gripen-Gegner nachvollziehbar. Der erwähnte «Altherrenwitz» drücke eine abfällige Haltung gegenüber der Hausfrau aus, degradiere eine typisch weibliche Rolle und sei somit sexistisch, was es der Gripen-Gegnerschaft ermögliche, den Spruch mit einer besonders scharfen Verurteilung und einem «Mediensturm» für die eigene Kampagne auszunutzen.
Das kann laut Beyeler Wirkung zeigen. «Ich nehme an, dass durch die Debatte zusätzliche Proteststimmen gewonnen werden können: Proteststimmen gegen einen Bundesrat, der ein Geschäft auf diese Weise verkauft», sagt Beyeler. Allerdings beziehe sich die Wirkung eher auf die Mobilisierung als auf die bereits weit fortgeschrittene Meinungsbildung. «Der Witz richtete sich an die, die der Gripen-Beschaffung in der Tendenz zustimmen, nämlich Ältere und Männer. Er wird besonders von denjenigen negativ aufgenommen, die sowieso eher Nein sagen werden: Jüngere und Frauen», sagt Beyeler.
Andreas Lustenberger, Co-Präsident der jungen Grünen, weist taktische Überlegungen im Hinblick auf die Gripen-Abstimmung von sich. «Wir haben von unserer Basis soviele Reaktionen von Erstaunen bis Empörung über Maurers Chauvi-Spruch erhalten, dass wir reagieren wollten», sagt Lustenberger. Selbst wenn Maurers Frau nichts dagegen hätte, wenn er sich öffentlich über sie lustig macht, sei es «tragisch», dass ein gewählter Magistrat mit solchen Witzen Lacher generieren müsse. «Ausserdem geht dieser Spruch nicht nur seine eigene Frau etwas an sondern alle Frauen, denn er transportiert Maurers Wertehaltung diesbezüglich ziemlich klar», sagt Lustenberger.
Die Pilotenfraktion im Nationalrat um Thomas Hurter und Roland Borer (SVP), die sich für den Gripen engagieren, ist ob der jüngsten Wendung in der Gripen-Saga nicht amüsiert. «Ich sage dazu nichts», teilt Hurter per SMS mit und Borer verdrängt allfällige Auswirkungen für die Abstimmung: «Ich habe heute morgen mit meiner Assistentin darüber geredet. Sie wird trotzdem für den Gripen stimmen. Als Frau. Als emanzipierte Frau!»
Maurer selbst oder die Kommunikationsabteilung des VBS haben zur Stunde noch nichts zu den Äusserungen des Verteidigungsministers verlauten lassen.