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Autobahn A1 geflutet, Dörfer überschwemmt: «Ich kann mich nicht an ein vergleichbares Unwetterereignis erinnern!»

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Land unter in der Ostschweiz
Die Autos stauten sich im kniehohen Wasser.
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Autobahn A1 geflutet, Dörfer überschwemmt: «Ich kann mich nicht an ein vergleichbares Unwetterereignis erinnern!»

Unwetter mit starken Regenfällen und Hagel haben am Sonntagnachmittag über der Alpennordseite gewütet. Das Mittelland war im Sandwich zwischen zwei Gewitterzellen.
15.06.2015, 08:0015.06.2015, 11:45
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Stromausfälle, überflutete Keller und gesperrte Strassen: Das starke Gewitter vom Sonntagabend hat die Einsatzkräfte in der Ostschweiz die ganze Nacht über auf Trab gehalten. Am Bodensee fielen innert zwölf Stunden bis zu 108 Liter Regen pro Quadratmeter. 

Das ist mehr als die normale Junimenge, die 102 Liter beträgt, wie der Wetterdienst Meteo News am Montagmorgen mitteilte. Weil heute noch 10 bis 20 Liter dazukommen, sei die Situation in der Ostschweiz und vor allem am Bodensee kritisch. Am Dienstag dürfte sich die Lage etwas entspannen. 

Die Niederschläge liessen Flüsse über die Ufer treten. Im Kanton Thurgau gingen bis am Morgen rund 500 Schadensmeldungen ein, wie die Kantonspolizei mitteilte. Die Feuerwehren standen im Dauereinsatz. Besonders betroffen war die Region Sulgen/Kradolf/Erlen. Wasser drang in Keller, Tiefgaragen, Unterführungen und auch in Wohnungen ein. Mehrere Strassen sind noch gesperrt. 

Stark betroffen war die Region Wil SG. Rund 150 Personen von Sicherheitsverbund, Feuerwehren und Zivilschützern waren die ganze Nacht über mit 25 Fahrzeugen im Einsatz, wie der Sicherheitsverbund der Region Wil mitteilte. Die Arbeiten dauern an. 

Rund 320 Schadenmeldungen gingen bei den Behörden ein. Meldungen über Personenschäden lagen nicht vor. Über die Höhe des Sachschadens könne noch keine Angabe gemacht werden. 

Noch nie erlebtes Ausmass 

«Das Gewitter hat die Region Wil in einem bisher noch nie erlebten Ausmass getroffen – ich kann mich nicht an ein vergleichbares Unwetterereignis bezüglich Heftigkeit oder Anzahl Einsätze erinnern», wird Andreas Dobler, Geschäftsführer des SVRW zitiert. 

In der Stadt Wil wurden Fahrzeuge von den Wassermassen mitgerissen und Häuser überflutet. In Maugwil wurde eine Reithalle überschwemmt. Im Wiler Stadtteil Rossrüti trat der Krebsbach über die Ufer. Davon betroffen war auch das zentrale Elektrizitäts-Unterwerk. Im Quartier fiel um 17.30 Uhr der Strom aus. Die Bewohner konnten erst ab 22.40 Uhr dank mehrerer Notstromgruppen wieder mit Elektrizität versorgt werden. 

Die Autobahn A1 wurde bei Wil überschwemmt und in Richtung Zürich mit Schlamm und Geröll verschüttet. Insgesamt müssen rund 250 Kubikmeter Kies und Schlamm entfernt werden. Wann die Autobahn wieder vollständig freigegeben wird, steht noch nicht fest. Auch kantonale und kommunale Strassen in der Region wurden stark verschmutzt. 

Online-Dienste wie LightningMaps.org zeigen die Gewitter praktisch in Echtzeit an.
Online-Dienste wie LightningMaps.org zeigen die Gewitter praktisch in Echtzeit an.screenshot: lightningmaps.org:

Öffentlicher Verkehr betroffen 

Von den Überschwemmungen betroffen war auch der Schienenverkehr. So war die Strecke zwischen Sulgen und Kradolf auf der Linie Weinfelden – Gossau SG unterbrochen. Die Postautolinie zwischen Frauenfeld und Tobel-Affeltrangen TG ist voraussichtlich noch bis um 9 Uhr beeinträchtigt. 

Starker Regen fiel auch in der Region Bern-Freiburg. Im Kanton Freiburg pumpten zehn Feuerwehren Untergeschosse leer. Bei der Kantonspolizei Bern gingen gegen 120 Anrufe aus dem vom Gewitter heimgesuchten Seeland ein. Zwischen Kerzers und Ins auf der Linie Bern – Neuenburg bleibt die Strecke für den Bahnverkehr bis 18 Uhr unterbrochen. 

Im Osten traf das Unwetter zuerst das Voralbergische und sprang dann über das Rheintal zum Alpstein und zur Alviergruppe. Im Sarganserland hagelte es. In Oberschan gingen in kurzer Zeit 18 Liter Regen nieder. 

Diese Gewitterzelle zog weiter Richtung Zürcher Oberland und in den Thurgau. Dort formierte sich erneut eine ausgeprägte Hagellinie, wie die Meteorologen berichteten. 

Ein Toter bei schweren Unwettern in Deutschland 
Gewitter mit Starkregen haben in Deutschland schwere Schäden angerichtet. Bei der Bundesgartenschau (Buga) im brandenburgischen Rathenow wurde ein Besucher von einem grossen Ast erschlagen. 
Vielerorts führte Starkregen zu schweren Überschwemmungen. In Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Thüringen überfluteten Wassermassen viele Keller.
In Brüggen am Niederrhein wurden bereits am Freitag sechs Teilnehmer eines Zeltlagers von einem Blitz getroffen. Zwei Betreuer und vier Jugendliche hätten ein Zelt festgehalten, damit es nicht wegfliegt, sagte der Vize-Kreisbrandmeister. Dann sei ein Blitz direkt in das Zelt eingeschlagen. Die sechs Verletzten kamen ins Spital.(sda)

Im Südtessin fiel ab Sonntagmittag Starkregen. In Chiasso wurden innerhalb von drei Stunden mehr als 50 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Im Maggiatal kamen übers Wochenende rund 120 Liter Regen zusammen. 

Bahnstrecken und Strasse unterbrochen

Die heftigen Gewitter führten auch zum Unterbruch von Bahnstrecken. Zwischen Kerzers und Ins BE war die BLS-Strecke Bern-Neuenburg am Abend ausser Betrieb, es verkehrten Ersatzbusse. 

Dieses Video stammt aus Ins

In der Ostschweiz traf es die Linie Weinfelden TG – Gossau SG. Dort konnten die Züge zwischen Sulgen und Kradolf nicht fahren. 

Die ersten vollgelaufenen Keller meldete die Kantonspolizei Freiburg. Insgesamt standen zehn Feuerwehren im Einsatz und pumpten Kellergeschosse leer. Bis 19 Uhr kehrte wieder Ruhe ein. 

Bei der Kantonspolizei Bern gingen gegen 120 Anrufe aus dem vom Gewitter heimgesuchten Seeland ein. Allein aus der Region Ins-Gampelen meldeten 100 Anrufer vollgelaufene Untergeschosse, Keller und Garagen. Die Autostrasse H10 wegen einer überschwemmten Unterführung zwischen Gampelen und Ins gesperrt.

(sda)

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