Wie ergeht es den Deutschen in der Schweiz? Hat sich ihre Lage verbessert, seit der starke Zustrom nach 2008 wieder abgeebbt ist? Eine österreichische Studie hat die Antworten erfragt.
07.05.2015, 12:3708.05.2015, 11:27
Italiener stellen die grösste Ausländergruppe in der Schweiz, doch die Deutschen holen auf. Rund 300'000 leben mittlerweile hier: Im Kanton Zürich haben sie die Südeuropäer bereits abgelöst. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien hat nun untersucht, wie das Befinden der Deutschen in der Schweiz ist. Das Ergebnis: Viele fühlen sich ungeliebt.

Deutsche beim Public Viewing in Zürich während der WM 2010 in Südafrika.Bild: KEYSTONE

In diesen Kantonen leben die Teilnehmer der Umfrage.bild: wu wien
26 Prozent der Teilnehmer der für die Studie durchgeführten Online-Umfrage wurde mehrmals im Monat, in der Woche oder gar täglich weniger höflich behandelt als andere Menschen, 23 Prozent fühlen sich weniger respektiert und 29 Prozent bekundeten, dass ihre Gegenüber sich als etwas Besseres aufführen. 85 Prozent der Befragten glauben, dass der ausschlaggebende Grund für diese Erfahrungen ihre Nationalität ist.

Der blaue Balken zeigt Antworten von Männern, der rote die der Frauen und der grüne steht für das Gesamtergebnis.grafik: wu wien
Jeder zweite Befragte hat den Eindruck, dass sein eigenes Deutschsein in der Schweiz erst richtig betont wird (siehe untere Grafik). Ebenso hoch ist die Zahl derjenigen, die sich durch ihre Nationalität bewertet fühlen oder glauben, ihr Verhalten würde ihnen ständig als germanisch ausgelegt. 52 Prozent denken mehr oder weniger oft an ihre Herkunft, wenn sie mit Schweizern zu tun haben – und 61 Prozent vermuten, dass die meisten Eidgenossen deutschfeindlicher sind, als sie zugeben.

Nachdem Jugendliche am Tag der Kapitulation am 8. Mai 1945 das Deutsche Verkehrsbüro in der Zürcher Bahnhofstrasse beschädigt haben, wird der Schriftzug des Geschäfts verdeckt.Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV

grafik: wu wien
Am Arbeitsplatz wird das Verhältnis zwischen den Nachbarn paradox. 71 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Schweizer und Deutsche im Job gut miteinander auskommen. Doch gleichzeitig belastet die Hälfte der Befragten das «ständige Polarisieren» zwischen den Nationalitäten. 42 Prozent haben das Gefühl, sich oft für ihre Herkunft legitimieren zu müssen, und 30 Prozent unterstellen, dadurch schlechtere Karriere- und Lohnaussichten zu haben.

Die deutsche Guggenmusik Hungerberg-Hexen verbreitet auf dem grossen Umzug der Berner Fasnacht im Februar 2015 Angst und Schrecken.Bild: KEYSTONE

Rauer Ton: Eine Anzeige in «20 Minuten» am 7. Mai 2015.bild: userinput
Was die Herkunft verrät, ist die Sprache: 10 Prozent der Umfrageteilnehmer versuchen bei der Arbeit häufig oder immer, sich verbal zurückzuhalten, um nicht als Deutsche aufzufallen. 28 Prozent tun das manchmal. 19 Prozent überhören immer oder häufig antideutsche Kommentare, 43 Prozent machen das manchmal. Und 31 Prozent verstellen sich sogar manchmal, 8 Prozent häufig oder immer. Die Zahl derjenigen, die manchmal, häufig oder immer explizit Deutschland-kritische Meinungen vertreten, liegt bei 46 Prozent.
Das Ergebnis dieser Emotionen: 41 Prozent der Deutschen fühlen sich in der Schweiz als Fremde. Ein Drittel glaubt, nicht willkommen zu sein. Dennoch ist die Schweiz für 41 Prozent zur Heimat geworden, während sich 40 Prozent hierzulande kaum oder gar nicht zuhause fühlen.

grafik: wu wien
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Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft sollen keinen zweiten Ständeratssitz erhalten. Ebenso sollen die beiden Kantone bei der Ermittlung des Ständemehrs keine zweite Stimme bekommen. Dieser Meinung ist die zuständige Ständeratskommission.
Viele haben das Problem, dass sie wenige einheimische Freunde haben. Aber eben, als Hamburger in München trifft man sich auch im "Norddeutschen Stammtisch" und unterhält sich über die "komischen Sitten" der Bayern. Das ist das gleich in grün. Man muss auf die Leute zugehen, sich nicht so ernst nehmen und auch mal bei einem provokativen Scherz über den grossen Kanton über sich selbst lachen können - das bricht das Eis. Bei mir hat ein Sportverein geholfen, viele gute Freunde zu finden und mich zu integrieren. Mittlerweile fühle ich mich nicht mehr als "Deutscher" sondern irgend etwas dazwischen. Und das ist irgendwie cool :)
Auswanderer aus Notwendigkeit sind schneller "frustriert" als Auswanderer aus Überzeugung. Ein volles Glas ist nicht mehr zu füllen.
Der CH Staatscharakter ist zurückhaltend / unangreifbar .. Der Schluss einer Freundschaft (auch untereinander) dauert mitunter mehr als 5 Jahre.
Viele Deutsche kommen mit überzogenen und/oder falschen Erwartungen her. Ich wollte was ändern, kam hierher, weil Jobangebot und lebe in einem 177 Seelendorf.. Bin ich integriert? Nein.. bin ich Akzeptiert? Ja .. verstehe ich die Sprache? Ja, vollumfänglich.
Es ist so wenig nötig.. :)