Die Spitze des Initiativkomitees von Ecopop möchte mit einer radikalen Senkung der Zuwanderung verhindern, dass die Schweiz weiter zersiedelt, der Umwelt geschadet wird und der Dichtestress zunimmt.
Gemessen an den eigenen Massstäben müsste der Ecopop-Vorstand also in verdichteten Minergie-Bauten in der Stadt wohnen und streng verhüten.
Der Realitätscheck hält diesen Ansprüchen nicht vollumfänglich stand:
André Welti, Präsident des Ecopop-Initiativkomitees, wohnt in der Vorortgemeinde Kilchberg an der Zürcher «Pfnüselküste». Seine Parzelle ist gemäss Auskunft des Grundbuchamtes 1617 m² gross. Die zugehörigen Häuser gehören wie das Grundstück Welti und stehen unter Denkmalschutz.
Mit der Grösse seines Grundstücks liegt Welti etwa vier Mal über dem durchschnittlichen Bedarf an Siedlungsfläche pro Kopf (rund 400m²). Diese Zahl hat der Bundesrat zur nachhaltigen Raumentwicklung unseres Landes definiert.
Ecopop-Präsident Welti ist jedoch immun gegen die Vorwürfe, er halte sich nicht an die eigenen politischen Glaubensbekenntnisse. «In den zwei Häusern wohnen inklusive mir acht Mieter», sagt Welti zu watson. Er habe diesen die sonnigen Wohnungen in den Obergeschossen überlassen, er selbst wohne im schattigen Parterre. Mehr verdichten könne er nicht: «Das Bauland ist maximal ausgenutzt, es hat keine Reserve mehr, vier Meter weiter wohnen bereits die Nachbarn.» Kinder hat Welti keine.
Die Vizepräsidentin des Ecopop-Initiativkomitees, Sabine Wirth, wohnt auch nicht gerade eben in verdichteten Verhältnissen. Das Grundstück, das sie im Kanton Schaffhausen zusammen mit ihrem Mann besitzt und bewohnt, ist nach Auskunft des Grundbuchamtes 3586 m² gross. Laut Wirth ist es aber grösser. «Das Amt hat Ihnen da nur das Bauland angegeben», sagt Wirth. Wie gross der unbebaubare Umschwung ist, sagt sie nicht.
Ihre Wohnform stehe nicht im Widerspruch zu den Ecopop-Forderungen, da sie Grünfläche schütze und bewirtschafte. «Wir ziehen unser eigenes Gemüse und Obst», argumentiert Wirth. Das sei ja gerade der Wunsch von Ecopop, dass man in der Schweiz auch in Zukunft noch wählen könne, ob man seine Kinder in naturnaher Umgebung aufwachsen lassen will oder eben nicht.
Wirth, die vier erwachsene Kinder hat, liegt auch etwas über dem Durchschnitt von 2,1 Kindern, die zum Erhalt der Bevölkerung nötig und nach Ecopop allerhöchstens erwünscht wären.
Andreas Thommen, Geschäftsführer des Ecopop-Initiativkomitees, gehören in Effingen (AG) gemäss Grundbuchamt drei Parzellen mit total 6005 m². Auf der einen Parzelle stehen zwei Häuser, die zweite ist eine «Gartenanlage mit fliessend Wasser». Die dritte Parzelle ist Landwirtschaftsland. «Diese Parzelle habe ich verpachtet an Bauern», sagt der ETH-Agronom Thommen. Auf dem anderen Grundstück habe er je 15 Hoch- und Tiefstamm-Apfelbäume stehen. Ausserdem halte er aus Selbstversorgungsgründen 15 Hühner.
Über Kinder verfügt Thommen drei an der Zahl und liegt damit um 0,9 Punkte über dem Wert, der zum Erhalt des Bevölkerungsbestandes gemäss den Ecopop-Forderungen nötig wäre.
Benno Büeler, Agronom und Vorstandsmitglied von Ecopop, wohnt in einem Haus in Winterthur. Das Grundstück, das ihm gehört, umfasst laut Grundbuchamt 1294 m². Büeler macht geltend, dass auf dem Bauland ein Apfelbaum mit Äpfeln der Sorte Boskop stehe.
Das Bauland habe er bewusst als Bürgerprotest gekauft, um es unbebaut zu lassen und so vor der «flächendeckenden Bauwut» zu retten. «Artikel 5 der neuen Raumplanungsverordnung erlaubt es den Kantonen nämlich, unbeschränkt Landwirtschaftsland in Bauland umzuzonen, sofern sie ein genügend grosses Bevölkerungswachstum erwarten», sagt Büeler. Solange die Politik der Überbauung keine wirksamen Grenzen setze, ruft er daher alle auf, Bauland zu kaufen und nicht zu überbauen.
Büeler hat wie Vorstandskollege Thommen drei Kinder.
Ecopop-Vorstandsmitglied Thomas Zollinger wohnt ebenfalls in einem Einfamilienhaus. Das Haus in Würenlos steht gemäss Grundbuchamt auf einem Grundstück von 675 m², was Zollinger bestätigt. Er besitze kein Bauland mehr ausser demjenigen, auf dem sein Haus stehe. «Ich würde auch gerne Bauland kaufen, um es vor der Zubetonierung zu retten, aber soviel Geld habe ich nicht», sagt Zollinger. Zollinger hat drei Kinder.