Mit 36 Jahren wollte es Bode Miller noch einmal allen zeigen. Olympisches Abfahrtsgold in Sotschi war sein grosses Ziel. Um eine hartnäckige Knieverletzung auszukurieren, verzichtet er auf die Saison 2012/13 komplett. 13 Kilogramm hat er abgespeckt und als der Amerikaner in der Abfahrt von Kitzbühel im Januar auf Rang 2 fährt, wissen alle und vor allem er selbst: Miller ist bereit.
Im ersten Abfahrtstraining in Sotschi ist Miller der Schnellste, beim zweiten belegt er trotz eines schlimmen Fehlers Platz 6. Miller könne sich nur selbst schlagen, prophezeien die Experten vor dem Rennen beinahe unisono. Und so kommt es dann auch: Der Amerikaner distanziert bis zur ersten Zwischenzeit die gesamte Konkurrenz, doch dann fährt der Skiästhet die schwierigen Kurven im Mittelteil fast aufrecht und verspielt die entscheidenden Hundertstel.
I'll never stop pushing myself past my limits, but the mistakes that come with it are hard to swallow. #frustrationstation
— Bode Miller (@MillerBode) 14. Februar 2014
Im Ziel leuchtet Rang 6 auf, Millers grosser Traum ist geplatzt. Am Ende ist es der 8. Platz. Er gibt seinen Augen und der schlechten Sicht die Schuld, seine omnipräsente Frau Morgan muss ihn trösten.
Fünf Tage später geht Miller bei der Super-Kombination als Titelverteidiger an den Start. Wieder wird es nichts mit der angestrebten Medaille. Rang 6 ist die nächste grosse Enttäuschung. Doch noch eine reelle Chance bleibt und die nutzt er: Zeitgleich mit dem Kanadier Jan Hudec holt Miller hinter Kjetil Jansrud und Landsmann Andrew Weibrecht Bronze.
Thanks for all the support, today was one of the most emotional days of my life. I miss my brother.
— Bode Miller (@MillerBode) 16. Februar 2014
SRF-Experte Bernhard Russi ist sich sicher: «Diese Bronzemedaille bedeutet ihm nichts.» Doch da täuscht er sich. Miller kann im Zielraum die Tränen nicht zurückhalten. Mit feuchten Augen kommt er zum Interview mit SRF-Mann Lukas Studer. «Das ist ein sehr emotionaler Moment für mich. Es war für mich persönlich ein sehr hartes letztes Jahr. Hier eine Medaille zu gewinnen ist einfach grossartig», so der zweifache Gesamtweltcup-Sieger.
Bode Millers Bruder Chelone starb im April unter mysteriösen Umständen, im Dezember verlor er den Sorgerechtsstreit um seinen Sohn Samuel.
Die Bronzemedaille im Super-G ist Millers sechstes olympisches Edelmetall. Er ist damit der erste US-Skifahrer, der an drei verschiedenen Olympischen Winterspielen Edelmetall gewinnt und der älteste Ski-Alpin-Medaillengewinner aller Zeiten. Für ihn strahlt seine Bronzemedaille nach der schwierigen Zeit wohl fast so hell wie eine goldene.