Mikaela Shiffrin ist nicht nur dank ihrem fahrerischen Talent die beste Slalom-Fahrerin der Gegenwart. Ein weiteres Mal demonstrierte die Amerikanerin auch ihre grosse mentale Stärke. Gestern trat sie auf, als habe es die Enttäuschung im Riesenslalom tags zuvor nicht gegeben. Das bittere Ausscheiden in den letzten Toren mit dem Sieg vor Augen war abgehakt, der Fokus war uneinschränkt auf den Saisonauftakt in ihrer bevorzugten Disziplin gerichtet.
Auf dem Weg zu ihrem 15. Weltcup-Sieg im Slalom (und dem 16. insgesamt) hatte Mikaela Shiffrin schon im ersten Lauf keine Zweifel an einer beherzten Reaktion auf das ärgerliche Erlebnis im Riesenslalom gelassen. Sie diestanzierte Veronika Velez Zuzulova, die auch im Schlussklassement Platz 2 vor der Schwedin Frida Hansdotter einnahm, als erste Verfolgerin bereits am Morgen um 1,38 Sekunden. Und im zweiten Durchgang legte sie noch einen drauf und mit neuerlicher klarer Bestzeit abermals erstaunliche 1,44 Sekunden und mehr zwischen sich und die Konkurrenz.
Die 3,07 Sekunden Vorsprung in der Endabrechnung bedeuten Rekord. So deutlich hat bislang noch keine Fahrerin einen Weltcup-Slalom dominiert. Den bisherigen Bestwert hatte die Französin Florence Steurer gehalten, die Anfang März 1968 in Abetone (It) mit exakt drei Sekunden Differenz auf ihre Landsfrau Annie Famose triumphiert hatte.
Die beste der drei Schweizer Finalistinnen war Wendy Holdener. Die Schwyzerin, als Nummer 8 in der Weltcup-Startliste dank der Wettkampfpause von Tina Maze und dem Rücktritt von Kathrin Zettel in den exklusiven Zirkel der besten sieben vorgerückt, sorgte mit Platz 7 für einen Saisonauftakt in ihrer bevorzugten Disziplin, auf dem sie aufbauen kann.
Michelle Gisin, im ersten Lauf zeitlich auf praktisch identischer Höhe mit Wendy Holdener, folgt im Gesamtklassement auf Position 13. Denise Feierabend fand sich in Rang 22 wieder und damit in jener Region, in der sie sich im vergangenen Winter fast ausnahmslos eingereiht hatte.
Rahel Kopp verpasste die Qualifikation für den zweiten Lauf. Chiara Gmür bei ihrem Weltcup-Debüt und Charlotte Chable schieden aus.
Der erste Slalom des Winters brachte eine Neuerung in der Kurssetzung, im Fachjargon «Single Pole» genannt. Erstmals bestehen die Richtungsänderungen im Weltcup nicht mehr aus zwei Flaggen, sondern lediglich aus einer einzelnen Torstange. Die Ausnahme bilden die in der Vertikalen gesetzten Passagen. (si)