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Donald Trump

Trump über Fauci: «Er ist ein Idiot!»

President Donald Trump listens as Director of the National Institute of Allergy and Infectious Diseases Dr. Anthony Fauci speaks during a coronavirus task force briefing at the White House, Friday, Ap ...
Mehr als skeptische Blicke: Der Präsident und sein Epidemie-Experte.Bild: AP

Trump wettert über Fauci: «Er ist ein Idiot!» – warum tut er das?

Der US-Präsident legt sich mit seinem Epidemie-Experten an. Will er politischen Selbstmord begehen?
20.10.2020, 13:2720.10.2020, 13:57
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Alle Wahlkampfberater von Donald liegen ihm derzeit in den Ohren, doch bitte über seine Wirtschaftspolitik zu sprechen und vor den Steuererhöhungen seines Herausforderers Joe Biden zu warnen. Und was macht Trump? Er legt sich mit seinem Epidemie-Experten Anthony Fauci an.

In einem halböffentlichen Telefongespräch mit seinem Wahlteam zog Trump arg über Fauci her. «Die Menschen sind es leid, von Fauci und diesen Idioten zu hören, all diesen Idioten, die alles falsch gemacht haben.»

Der Präsident ist es auch satt, dass Fauci stets als «Mr. Nice Guy» dasteht, als Mann des Herzens. «Seit 500 Jahren ist er nun da», frotzelte der Präsident. «Jedesmal, wenn er am TV auftritt, lässt er eine Bombe platzen. Aber würde ich ihn feuern, würde eine noch grössere Bombe explodieren. Der Typ ist eine Katastrophe.»

ARCHIV - Anthony Fauci (M), Direktor des Nationalen Instituts f
Hat allen Grund, die Hände vor das Gesicht zu schlagen: Anthnoy Fauci. Bild: sda

Fauci anzugreifen, ist nach allgemeiner Einschätzung politischer Selbstmord. Warum also tut sich der Präsident dies an?

Vielleicht ist es ganz einfach Eitelkeit. Der krankhafte Narzisst Trump duldet keine Götter neben sich, und Fauci steht ihm vor der Sonne. So hat eine Umfrage der neutralen Kaiser Family Foundation kürzlich ergeben, dass 68 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner Fauci vertrauen. Trump hingegen kommt bloss auf 40 Prozent.

Fauci wendet sich auch immer offener gegen Trumps Corona-Politik. Er kritisierte beispielsweise das Verhalten des Präsidenten bei der Vorstellung der Bundesrichterin Amy Coney Barrett auf dem Rasen des Weissen Hauses. In einem Interview mit der TV-Sendung «60 Minutes» erklärte er dazu:

«Als ich ihn in einer vollkommen prekären Situation sah, in einer Masse von Menschen – kein Abstand und kaum Masken –, machte ich mir Sorgen, dass er krank werden würde. Als ich diese Szenen am TV sah, sagte ich zu mir: ‹Oh mein Gott. Nicht Gutes kann daraus entstehen. Das wird ein Problem werden.› Und siehe da, der Anlass wurde zu einem Superspreader-Event.»

Trump selbst erkrankte wenig später an Covid-19.

Dr. Sean Conley, physician to President Donald Trump, center, and other doctors, walk out to talk with reporters at Walter Reed National Military Medical Center, Monday, Oct. 5, 2020, in Bethesda, Md. ...
Haben Trump geheilt: Die Ärzte des Walter-Reed-Spitals.Bild: keystone

Trotzdem setzt der Präsident nach wie vor alles daran, das Corona-Virus zu verniedlichen. Er will nun bis zu vier Mal täglich vor seine meist nicht maskierten Anhänger treten. Dabei beklagt er, alle würden nur noch von der Pandemie sprechen. So jammerte er kürzlich an einer Rally in Arizona:

«Alles was sie (die Sendungen von CNN) bringen, ist Covid, Covid, Pandemie, Covid, Covid, Covid … Sie wollen damit den Menschen ausreden, wählen zu gehen. Aber die Menschen kaufen euch das nicht ab, CNN, ihr Vollidioten.»

Die Attacken haben einen ideologischen Aspekt. Trump behauptet, Fauci liege als Wissenschaftler falsch. «Hätte ich auf die Wissenschaft gehört», so Trump, «dann hätten wir jetzt eine tiefe Depression.»

Anstatt auf seriöse Wissenschaft setzt Trump auf Quacksalber. Sein wichtigster Berater ist ein gewisser Scott Atlas. Dieser ist zwar an der Stanford University tätig, aber nicht als Epidemiologe, sondern als Radiologe.

White House coronavirus adviser Dr. Scott Atlas departs after a television interview at the White House, Monday, Oct. 12, 2020, in Washington. (AP Photo/Alex Brandon)
Scott Atlas
Hat das Ohr des Präsidenten: Scott Atlas.Bild: keystone

Trump hat Atlas auf Fox News entdeckt. Das ist kein Zufall. Atlas hält Masken für überflüssig und rät von Tests an Menschen ab, die keine Symptome zeigen. Stattdessen setzt Atlas auf die Ratschläge, welche rund 80 Wissenschaftler in einer Erklärung veröffentlich haben, der «Great Barrington Declaration».

Diese Wissenschaftler fordern de facto eine Herdenimmunität. Das bedeutet konkret: Das Virus soll sich unter den Mehrheit der Bevölkerung möglichst rasch und möglichst ungehindert ausbreiten, damit die Herde immun wird. Nur alte und besonders gefährdete Menschen sollen geschützt werden.

Das Konzept der Herdenimmunität wird von der überwiegenden Mehrheit der Wissenschaftler abgelehnt. Aus einem einfachen Grund: Es würde viel zu viele Tote erfordern. Allein in den USA wären es Millionen von Menschen.

Das Konzept der Herdenimmunität erinnert nicht zufällig an den Sozialdarwinismus, an die Vorstellung also, dass nur die Stärksten überleben sollen. Hinter der «Great Barrington Declaration» steht die weit rechts stehende Denkfabrik American Institute for Economic Research. Und wer finanziert diese Denkfabrik? Man ahnt es: das Charles Koch Institute, die Mutter aller libertären Ideologen.

Scott Atlas hat in der Corona-Task-Force des Weissen Hauses mittlerweile die seriösen Wissenschaftler wie Fauci und seine Kollegin Deborah Birx (die mit den vielen Schals) in den Hintergrund gedrängt. Herdenimmunität ist zwar nicht offizielle Politik geworden, doch sie wird gepusht. Obwohl in fast allen US-Bundesstaaten die Coronafälle wieder in die Höhe schiessen, dringt Trump auf die sofortige Öffnung der Wirtschaft und will alle Kinder in die Schule schicken.

Bei seiner Basis kommt dies gut an, bei allen anderen weniger. Hauptsächlich die Senioren und die Mütter in den Vorstädten stösst Trump mit dieser Politik vor den Kopf. Der Präsident geht so weit, dass er Fauci gar beschuldigt, unter einer Decke mit seinem Herausforderer zu stecken. «Er will auf Fauci hören», spottete Trump.

Joe Biden nimmt dieses Geschenk dankend an. Es sei für ihn eine Auszeichnung, den Ratschlägen Faucis zu folgen, erklärte er umgehend, und fügte hinzu:

«Mr. Präsident, Sie haben in einer Sache recht. Die Amerikanerinnen und Amerikaner haben genug. Sie haben genug von Ihren Lügen über das Virus. Sie haben genug davon, zuzusehen, wie andere Amerikaner sterben, wie andere ihren Job verlieren, weil sie sich immer noch weigern, diese Pandemie ernst zu nehmen.»
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Neue Fotos zeigen Trump bei der Arbeit vom Krankenhaus aus
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Neue Fotos zeigen Trump bei der Arbeit vom Krankenhaus aus
Das Weisse Haus hat am späten Samstagabend (Ortszeit) zwei Fotos von US-Präsident Donald Trump veröffentlicht, die ihn bei der Arbeit vom Krankenhaus aus zeigen.
quelle: keystone / joyce n. boghosian
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66 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ricardo
20.10.2020 14:40registriert Februar 2014
Abgesehen davon, dass der Clown für diesen Job ungeeignet und inkompetent ist, geht mir vor allem sein pubertierendes und respektloses Gehabe auf den Zeiger. Seine treue Gefolgschaft ist dagegen längst immun oder eben selber keinen Deut besser. Es geht ja hoffentlich nur noch zwei Wochen.
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Hiker
20.10.2020 13:58registriert Januar 2017
Na, das nenne ich ein Eigentor. Gut so Sie stabiles Genie und bitte mehr davon! Noch ein paar Monate und wir sind diesen unsäglichen Clown los. Dann gehts ab hinter Gitter. Er wird sicher der grösste Sträfling aller Zeiten sein, grösser als alle vor und alle nach ihm. Da kann er dann seine Weisheiten den Bettwanzen vermitteln.
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anonymer analphabet
20.10.2020 13:40registriert April 2016
Viele Schafe mögen Schafe die laut blöken, weil sie im Windschatten schön mit blöken können, egal was auch immer geblökt wird.

Sorry liebe Schafe ich mag Schafe.
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