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Der letzte und schlechteste Akt der Hagenbucher «Sozial-Irrsinn»-Kampagne

Wie aus den Hagenbuchern Wutbürger wurden. 
Wie aus den Hagenbuchern Wutbürger wurden. Bild: KEYSTONE
Kommentar

Der letzte und schlechteste Akt der Hagenbucher «Sozial-Irrsinn»-Kampagne

Die Hagenbucher haben sich am Mittwoch zu einem wirkungslosen Entscheid hinreissen lassen. Schuld daran sind ihre Gemeindepräsidentin, die SVP und die Medien. 
11.12.2014, 17:0206.01.2015, 17:08
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Rafaela Roth
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Es begann mit einem Akt der Menschlichkeit: Ein Hagenbucher Verein verhalf einer obdachlosen eritreischen Flüchtlingsfamilie zu einer Wohnung. 

Und dann – und damit haben die Hagenbucher nicht gerechnet – kam eine Familie ins Dorf, die Probleme hatte. Eine Familie, die nach ihrer Flucht in die Schweiz ihr Leben nicht mehr ganz auf die Reihe kriegte. Eine Familie, die Hilfe brauchte.

In solchen Fällen schaltet sich seit Anfang letzten Jahres die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ein. Fachleute des Kantons entscheiden dann, wie der Familie am besten geholfen werden kann. Die Gemeinde ist bloss noch Zahlstelle.

Es liegt in der Natur der Sache, dass bei solch grossen Reorganisationen nicht von Beginn weg alles glatt läuft. Es ist ärgerlich, wenn Beschlüsse einer übergeordneten Behörde unerwartete Konsequenzen für die Gemeindekasse haben. Verständlich ist auch, wenn Laien die hohen Kosten von sozialen Massnahmen nicht nachvollziehen können.

Doch nur eine Diskussion auf sachlicher Ebene über die Vor- und Nachteile des neuen Regimes, die heutige Arbeitsweise der KESB und die Art, wie die Schweiz mit Hilfebedürftigen umgeht, würde helfen, die Probleme wirksam auszumerzen. 

Eine SVP-Gemeinderätin, die mit zunächst falschen Zahlen durch Schweizer Medien tingelt und die Stimmung gegen eine herbeigeredete «Sozialindustrie» und entfesselte Asylpolitik anheizt, dient der Sache nicht.

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Wutbürger geboren

Die «Sozial-Irrsinn»-Kampagne von NZZ, «Tages-Anzeiger» und «Blick» hat einzig und allein Wutbürger geboren. Wutbürger wie jene, die am Mittwochabend im Hagenbucher Gemeindesaal «Widerstand» gerufen und ihre Sätze mit «Ich habe ja nichts gegen diese Familie, aber ...» begonnen haben. Und die dann gemeinsam ein Budget bachab schickten, an dem sowieso niemand mehr etwas ändern kann. An der nächsten Gemeindeversammlung werden die Hagenbucher nämlich nochmal über genau dasselbe Budget abstimmen müssen, und wenn sie es wieder ablehnen, wird der Bezirksrat für sie entscheiden – und mit Sicherheit die Steuern erhöhen. 

Dieser wirkungslose Entscheid war der vorläufig letzte Akt der Hagenbucher «Sozial-Irrsinn»-Kampagne und gleichzeitig der Steilpass für die SVP, sich bei den nächsten Wahlen als Kämpferin gegen die «Sozialindustrie» zu gebärden. 

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass SVP-Übervater Christoph Blocher die KESB selbst eingeführt hat. 

Die Menschen, um die es eigentlich geht, werden darüber indes nicht lachen können.  

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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oskar
11.12.2014 17:59registriert August 2014
ein guter artikel. leider wird die svp von diesem primitiven spektakel profitieren. es gehört seit jahren zu deren erfolgreichen rezepten zuerst mit halbwahrheiten ressentiments zu schüren, dadurch nicht umsetzbare entscheide zu provozieren und sich schlussendlich als retterin des volchs-willens aufzuspielen. medial orchestriert wird das ganze normalerweise durch die weltwoche. die nzz und co. sollten sich schämen, auf dieses niveau gesunken zu sein
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Die Super-Schweizer
11.12.2014 19:49registriert Dezember 2014
Weg mit dem Finanzausgleich! Wer Rechte möchte, aber die dazugehörigen Pflichten nicht, der soll auf eigenen Füssen stehen. In Hagenbuch hat die Rentner- und Realschülerpartei 59% Wähleranteil. Und Hagenbuch lebt parasitär auf Kosten der fleissigen zürcher Steuerzahler. Typisch SVP halt: Von "Unabhängigkeit" und "Selbstverantwortung" schafeln, aber von Transferzahlungen leben.
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Tilia
11.12.2014 20:27registriert Oktober 2014
guter artikel!!!
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