Als Edward Albert Christian George Andrew Patrick David, der Prinz von Wales, 1936 zum britischen König erklärt wurde, stand sie neben ihm am Fenster.
Doch dass sie je die Königin jenes weltumspannenden Imperiums werden würde, war vollkommen ausgeschlossen.
Wallis Simpson war eine in zweiter Ehe verheiratete Amerikanerin. Eine Bürgerliche, deren erster Vorname eigentlich Bessie war. Doch weil so viele Kühe so heissen würden, sagte sie, legte sie ihn ab. Ebenso wie sie ihren ersten Ehemann ablegte, den trinkenden Navy-Piloten Earl W. Spencer, der zu gewalttätigen Ausbrüchen neigte. 1928 heiratete sie den viel netteren amerikanischen Geschäftsmann Ernest Simpson.
Es heisst, dass sie die Ehe mit King Edward VIII. gar nicht wollte. Dass sie zwar das schillernde Leben an der Seite des frisch gekrönten Königs genoss und sich gern mit teurem Schmuck behängen liess, doch noch immer an ihrem unauffälligen Mr. Simpson hing. Sie wollte nicht mehr sein als die Mätresse seiner Majestät.
Doch das genügte Edward nicht. Er wollte seine Amerikanerin der ganzen Welt zeigen. Er wollte sie zur Königin machen. Das aber erlaubte die Kirche von England nicht; Geschiedene durften nicht wieder heiraten, wenn der frühere Ehepartner noch lebte. Und Scheidungen nach amerikanischem Recht anerkannte sie sowieso nicht.
Überhaupt würde eine solche Frau das Königshaus mit ihrem liederlichen Auftreten beschmutzen. Ihre Finger gierten ja doch nur nach dem Geld und gar nicht nach dem Herzen des Königs. Die gesamte Regierung stellte sich gegen jene Verbindung. Und so wurde Edward vor die Wahl gestellt: Die Krone oder «that woman», wie Queen Mary sie verächtlich nannte. Er entschied sich für Wallis – W & E gehörten zusammen, sie waren längst ein WE, ein unzertrennliches WIR geworden.
Und Edward war fortan nur noch der Herzog von Windsor. Seiner Frau wurde lebenslang die Anrede «Royal Highness» verwehrt. Und ebenso lang weigerte sich die Königin Mutter, die beiden persönlich zu empfangen.
Die «TIME» wiederum kürte sie 1936 zur «Woman of the Year». Es war das erste Mal, dass das amerikanische Magazin den Titel an eine Frau vergab. Sie setzte sich gegen Jesse Owens, Roosevelt und Mussolini durch.
Sie wurde in jenem Jahr mit den allermeisten Schlagzeilen bedacht, kein Radio, das nicht ihren Namen ausgesendet hätte. Bis dahin hatte keine Frau in der Geschichte je so viel Aufsehen erregt wie Wallis Simpson, nunmehr Duchess of Windsor.
Als das Auktionshaus Sotheby’s 1997 ein inzwischen wohl rezent gewordenes Stück vom Hochzeitskuchen des Paares präsentierte, zahlte der Amerikaner Benjamin Yim dafür 29'000 Dollar. Für ihn war dieser 60-jährige Happen der Inbegriff einer grossen Romanze.
Eine Amerikanerin, die den Briten den König stiehlt und damit eine Verfassungskrise auslöst! Ihre Geschichte rührte die traumtänzerischen Herzen. Hier hatten sich zwei Menschen gegen alle Widerstände miteinander verbunden. Das war geradezu shakespeareisch.
Auch die Schatten waren es, die sich nach der Hochzeit über die Beziehung legten. Wallis hatte seine Abdankung nie gewollt und er selbst haderte damit, nun einfach in der politischen Bedeutungslosigkeit zu verschwinden; den Verlust seiner Titel und Aufgaben verwand er nie.
Vielleicht darum zog es ihn nur vier Monate nach der Hochzeit nach Deutschland. Hier zollte man ihm und seiner Frau den Respekt, der ihm im eigenen Land verwehrt blieb. Hier wurde er jubelnd begrüsst und gab fleissig die ihm zufliegenden Nazigrüsse zurück. Edward liebte dieses Land und seine Kultur, schliesslich stammte er selbst aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha und sprach fliessend Deutsch.
Das Paar dinierte mit Göring und Goebbels, es besuchte eine SS-Ausbildungsstätte und krönte seinen Deutschlandaufenthalt mit einem Besuch auf dem Berghof, wo es von Hitler empfangen wurde. Über eine Stunde soll Edwards Unterredung mit dem Führer gedauert haben. Doch der Inhalt wird der Nachwelt für immer vorenthalten sein, die Dokumente darüber sind verschwunden.
Natürlich blieb das herzogliche Treiben der beiden weder dem britischen Geheimdienst noch dem FBI verborgen. Letztere Instanz veröffentlichte im Jahr 2011 sogar einen 227-seitigen Bericht darüber. Endlich fand man da die lang vermutete Affäre Wallis Simpsons mit Joachim von Ribbentrop, Hitlers Reichsminister des Auswärtigen, bestätigt.
17 Nelken soll ihr der Mann geschickt haben, eine für jedes Mal, dass sie miteinander geschlafen hätten. Doch die Geschichte der Verräterin, die Grossbritannien an die Deutschen ausliefert, fusste nicht auf Observationen des FBI, sondern bloss auf der Aussage eines einzelnen Mannes.
Sicher ist nur, dass Edward im Falle eines deutschen Sieges als britischer Marionettenkönig vorgesehen war. Dies wiederum weiss man aus einer kleineren Sammlung von Dokumenten und Telegrammen, die in den letzten Kriegstagen unter 400 Tonnen Papierkram im Marburger Schloss zum Vorschein kamen.
In jener sogenannten «Windsor-Akte» ist von der «Operation Willi» die Rede, dem Versuch der SS, den im neutralen Portugal weilenden Edward im Juli 1940 zu entführen, damit er entweder gemeinsam mit Hitler einen Friedensvertrag mit Grossbritannien aushandelt oder im Falle eines deutschen Sieges als britischer König eingesetzt werden kann.
So bemühten sich die deutschen Botschafter in Spanien und Portugal auf Befehl Ribbentrops um die Gunst des Herzogs. Er zeigte sich gar nicht abgeneigt von der Aussicht auf den Thron. Laut dem Tagebuch seines Privatsekretärs Sir Alan soll er gar gesagt haben:
Zudem beklagte er sich bei den deutschen Herren über seine königliche Familie, die seine Frau entwürdigend behandle. Auch an Churchills Kriegspolitik liess er kein gutes Haar.
Als der britische Premier davon Wind bekam, machte er sich ernsthafte Sorgen um die Loyalität Edwards und befahl diesem, den Gouverneursposten auf den Bahamas zu übernehmen – damit wollte er ihn möglichst dem gefährlichen Einfluss der Deutschen entziehen.
Das wiederum veranlasste den deutschen Botschafter in Lissabon, den Duke vor einer Abreise auf die Bahamas zu warnen: Britische Geheimagenten würden ihn und seine Frau ermorden, sobald sie Fuss auf den atlantischen Archipel gesetzt hätten.
Der Herzog zögerte. Auf der einen Seite war da Churchill, der dem Herzog bei Nichtbefolgung mit Militärgericht drohte, auf der anderen Seite waren die Steine, die durch die Fenster seiner Villa flogen, und der Blumenstrauss, der der Herzogin geschickt wurde mit einer Warnung vor den Machenschaften des britischen Geheimdienstes.
Das alles gehörte zu der Angsttaktik des SS-Generalmajors Walter Schellenberg, der von Hitler mit der Entführung des Ehepaars betraut wurde. Doch der Plan scheiterte am Ende grandios. Woran es lag, ist nicht ganz klar. Jedenfalls half auch die von den Nazis inszenierte Bombendrohung auf dem Schiff nicht, die die Abfahrt des Paars zwar verzögerte, aber nicht aufhielt.
Edward trat seine Stelle als Gouverneur auf den Bahamas an. Es war sein letzter offizieller Posten, ein Scheinpöstchen mehr für den Mann, der sich mitsamt seinem verletzten Ehrgefühl allzu vertrauensvoll an Hitler gewandt hatte.
Inzwischen hatte zuhause Edwards schüchterner Bruder Albert dessen verwaisten britischen Thron übernommen. Als King George VI. wird er in die Geschichte eingehen. Als der König, der kein König sein wollte. Als der Prinz, der bei seiner Ernennung ausrief: «Das ist ja entsetzlich. Ich habe mir die Krone nie gewünscht, ich bin völlig unvorbereitet. Ich bin nur ein Marineoffizier, und die Marine ist das Einzige, wovon ich etwas verstehe.»
Doch er machte seine Sache gut. Die Briten liebten ihren neuen, etwas schwächlich wirkenden, stotternden Monarchen. Seine durch und durch englische Erscheinung und seinen Freimut.
Mit Empörung bemerkte er an der Fliegeruniform König Peters von Jugoslawien, der 1941 zu ihm nach England geflüchtet war, eine goldene Uhrkette und meinte: «Nimm das Ding ab. Das sieht verdammt dumm und schlampig aus.»
Er drang tief in das Innerste seiner Landsgenossen, vielleicht gerade weil er nicht so entspannt, nicht so extravagant und gewitzt sein mochte wie sein älterer Bruder. Er war einer von ihnen. Und so blieb er auch bei ihnen, als die deutschen Bomben auf London niedergingen. Die königliche Familie lebte wie sie während des Krieges nur von Lebensmittelrationen und besuchte die von den Luftangriffen zerstörten Stadtviertel. Sie litten mit der Bevölkerung.
«We want the King!», jubelten die Leute am Tag der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen vor dem Buckingham Palace, als er gemeinsam mit Churchill und seiner Familie auf den Balkon hinaustrat.
Der Krieg und das Kettenrauchen machten aus ihm einen kranken Mann. So krank, dass er am 6. Februar 1952 starb und den Thron seiner erst 25-jährigen Tochter überliess.
Als kleines Mädchen hatte Elizabeth miterlebt, wie ihr Onkel die Krone ablegte und ihr Vater daraufhin gezwungen war, sie sich aufzusetzen. Wie sie schwer auf sein Haupt drückte. Nun spürte auch sie deren Bürde. Doch die junge Elizabeth lernte, sie zu tragen. Lernte auf den Reisen durch ihr Weltreich zu lächeln, so lange, bis das Lächeln am Abend nicht mehr wegging und wie festgezurrt in ihrem Gesicht hängenblieb.
Nun ist die Queen 93 Jahre alt und versteht noch immer zu lächeln. Nur vielleicht nicht über Harrys und Meghans Entscheidung, sich auch aus dem blendenden Licht des Königshauses zurückzuziehen.
Sie hatte als junge Königin keine Wahl. Weil ihr Onkel Edward seine Pflicht für die Liebe aufgab, musste erst ihr Vater und dann sie ihr Haupt hergeben für die britische Monarchie.
Aber vielleicht war es am Ende gut so. Wer weiss, wie es gekommen wäre, hätte Edward nicht abgedankt.
Alberts Geschichte zeigt exemplarisch auf, dass die besten Anführer die sind, die keine sein wollen und wir denen misstrauen müssen, die an die Macht streben.
Für mich gibts glaub ich keine faszinierende Figur des vergangenen Jahrhunderts als Elisabeth. Was die Frau alles in ihrem jungen Alter mitgemacht hat, das alles auch noch in einem recht frauenfeindlichen Klima, da kann ich wirklich nicht anders als sie zu bewundern. Auch wenn sie mittlerweile eine veraltete Monarchie repräsentiert- anno dazumal hatte diese Frau mehr "cohones" als die meisten Männer die sie bodigen wollten!