13.04.2015, 12:0113.04.2015, 14:59
Es begann mit einem traurigen Ereignis Anfang Jahr: Im ugandischen Dorf Nakudi nahe den Ufern des Victoriasees wurde nach langer Krankheit ein Farmarbeiter beerdigt. Unter den Trauernden befanden sich auch einige Goldgräber, die mit ihren geübten Augen Goldspuren im Aushub entdeckten. Seit im Februar eine der grössten Zeitungen des Landes über den Vorfall berichtete, reisst der Menschenstrom nicht mehr ab. Im Boden von Nakudi befindet sich Gold, der vormals beschauliche Flecken erlebt einen wahren Goldrausch.
Der Afrika-Korrespondent der «Welt» beschreibt, was in Nakudi los ist:
«Auf einer Fläche mit der Grösse von fünf Fussballfeldern ist so eine surreal anmutende Kraterlandschaft entstanden, über dem ein Dunst aus Staub liegt. An 68 Löchern wird gearbeitet, Hunderte Männer graben in der Mittagshitze Felsbrocken aus, Frauen tragen sie zu älteren Arbeitern, welche die Steine mit Hämmern zertrümmern. Anwohner stehen bis zu den Knien in mit Quecksilber verseuchten Pfützen, wo sie mithilfe der Chemikalie in Eimern Goldpartikel aus dem Gesteinsschlamm isolieren. Seit sechs Uhr morgens schuften sie, meist ohne Pause, nur wenige reden. Der Rausch kennt keine Müdigkeit.»
Sie kommen aus dem ganzen Land, aber auch aus den Nachbarländern Kenia und Tansania, auf der Suche nach dem kostbaren Metall. Das sieht dann so aus:
video: youtube/NTV Uganda
Uganda ist einer der grossen Goldexporteure Afrikas, wobei davon viel auf illegale Förderung entfällt. 200'000 Ugander verdienen sich mit informellem Bergbau ihren Lebensunterhalt – der spektakuläre Anstieg des Goldpreises zwischen den Jahren 2000 und 2012 macht's möglich.
Nakudi erlebt derweil ein kleines Wirtschaftswunder: Neben den Goldgräbern haben sich Zwischenhändler und Anbieter von Werkzeugen niedergelassen. Lebensmittelläden und Restaurants schiessen wie Pilze aus dem Boden. Einheimische verdienen als Angestellte der Goldgräber rund drei Franken pro Tag – das Dreifache eines Durchschnittslohns in der Landwirtschaft. Dazu kommen die Gebühren für eine Schürflizenz von umgerechnet 160 Franken.
Allerdings gibt es auch Schattenseiten. «Die Hälfte des Dorfes gräbt, keiner kümmert sich um die Ernte. Wenn es schlecht läuft, wird in ein paar Monaten unsere Nahrung knapp». sagt der Dorfvorsteher gegenüber der «Welt». Auch habe er bereits Kinder zurück in die Schule schicken müssen, die in den Minen aufgetaucht waren.
Regelmässig kommt es in den ungesicherten Schächten zu Unfällen, manche enden tödlich. Wegen der mangelnden Hygiene ist auch die Zahl der Krankheiten gestiegen – gerade einmal 13 Toiletten soll es geben. Die grösste Gefahr für die Bevölkerung aber ist die Verunreinigung des Trinkwassers durch Quecksilber.
Selbst das HIV-Problem, das den ganzen Kontinent heimsucht, wird durch die Goldgräberstimmung verschärft: In Nakudi floriert die Prostitution. Derweil kursiert ein Gerücht, wonach kein Gold findet, wer am Tag zuvor Sex mit einer Frau gehabt hat. Ein klarer Fall von Aberglaube – aber wenigstens mit dem Nebeneffekt, der Verbreitung von HIV entgegen zu wirken, finden die Dorfältesten.
Die Regierung in der Hauptstadt Kampala versucht derweil, dem Goldrausch mit Auflagen Einhalt zu gebieten. Sie würde es wohl bevorzugen, Grosskonzerne übernähmen das Goldschürfen, dann würden die Lizenzeinnahmen in ihre Taschen fliessen. In Nakudi interessiert das niemanden. Man könne den Leuten nun einmal schlecht verbieten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, sagt der Dorfvorsteher. (kri)
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