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Das Ende von Teflon Trump

Fotomontage zeigt zensierte Epstein Dokumente im Hintergrund und ein Bild von US-Präsident Donald Trump darüber der selber auch zensiert ist.
Bild: watson/imago
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Das Ende von Teflon Trump

Der US-Präsident ist verwundbar – und die Demenz-Indizien unübersehbar geworden.
27.12.2025, 17:3327.12.2025, 17:33

Der Mann ist zweimal impeacht und viermal angeklagt worden, er wurde wegen 34 Straftaten für schuldig befunden, und Zivilgerichte haben ihn wegen sexueller Belästigung und geschäftlichem Betrug verurteilt. Dazu hatte er unglaubliches Glück. Zweimal konnte er von seinen Vorgängern eine intakte Wirtschaft übernehmen. In seiner ersten Amtszeit konnte er gleich drei oberste Richter ernennen und sich damit gegen Verfolgung durch die Justiz mehr oder weniger unverwundbar machen.

So gesehen ist es nicht erstaunlich, dass Donald Trump sich wie ein König fühlt – und auch dementsprechend handelt:

  • Er lässt einen Teil des Weissen Hauses, den Ostflügel, abreissen, um Platz zu schaffen für einen monströsen Ballroom, dessen ursprüngliche Kosten sich von 200 Millionen Dollar mittlerweile auf 400 Millionen Dollar verdoppelt haben.
  • Er will zum 250-jährigen Jubiläum der Unabhängigkeitserklärung in Washington einen Triumphbogen errichten lassen, der seinen Namen trägt.
  • Er hat das renommierte Kennedy Center in Trump-Kennedy Center umtaufen lassen und will auch den Dulles Airport mit seinem Namen schmücken.
  • Er zettelt einen Krieg mit Venezuela an, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis des Kongresses einzuholen.
  • Er will Grönland kaufen und Kanada zum 51. US-Bundesstaat verwandeln.

All dies kann Trump ungestraft tun. Kein Wunder also, dass sich bei seinen Gegnern Verzweiflung und die Erkenntnis breitmacht: Der Mann ist wie eine Teflon-Pfanne. Alles, aber wirklich alles, prallt an ihm ab.

Oder doch nicht?

Kleine Dinge können grosse Folgen haben. Nach dem Mord am äusserst beliebten Regisseur Rob Reiner und seiner Frau Michele setzte Trump folgenden Post ab:

«Rob Reiner, ein gequälter und kämpfender, aber einst sehr talentierter Filmregisseur und Comedy-Star, ist zusammen mit seiner Frau Michele verstorben, angeblich aufgrund der Wut, die er bei anderen durch seine massive, unnachgiebige und unheilbare Erkrankung an einer geistig lähmenden Krankheit namens TRUMP DERANGEMENT SYNDROME, manchmal auch als TDS bezeichnet, ausgelöst hat.»
Wir entschuldigen die Schreibweise. Das Zitat soll möglichst originalgetreu wiedergegeben werden.quelle: truth social

Mit anderen Worten: Trump hat eine schreckliche Familientragödie – das Ehepaar Reiner wurde wahrscheinlich vom eigenen drogensüchtigen Sohn umgebracht – in einen Werbespot für sich umgemünzt. Das war mehr als ein neuer Tiefpunkt in der langen Reihe von Verunglimpfungen des Präsidenten. Selbst die Maga-Meute goutierte das nicht mehr, und erstmals wurde Trumps unglaubliche Geschmacklosigkeit offen auch von seinen Anhängern kritisiert.

Rob Reiner, from left, Michele Singer Reiner, Romy Reiner, Nick Reiner, Maria Gilfillan, and Jake Reiner arrive at the premiere of "Spinal Tap II: The End Continues" on Tuesday, Sept. 9, 202 ...
Die Familie Reiner.Bild: keystone

Vor Jahresfrist triumphierten nicht nur Trumps Anhänger, es stellte sich auch ein abrupter Kulturwandel ein. Alles, was woke oder DEI ist, verschwand. Stattdessen begannen Sport- und Showbusiness-Stars Trumps ungelenke Tanzbewegungen zu imitieren. Der Ausdruck «Trump Vibe Shift» machte die Runde.

Dieser Stimmungswandel ist tot, wie Ezra Klein in der «New York Times» feststellt und wie folgt begründet:

«Moderate Republikaner haben mit Speaker Mike Johnson gebrochen und unterstützen eine Gesetzesvorlage der Demokraten, welche die Subventionen der Krankenkassenprämien verlängern wollen. Marjorie Taylor Greene geht in Rente. Elon Musk bedauert es, zeitweise der Regierung beigetreten zu sein. Joe Rogan (ein äusserst einflussreicher Podcaster, der die Wahl von Trump empfohlen hat, Anm. d. Verf.) nennt Trumps Einwanderungspolitik ‹verrückt›. Die Rechte zerfleischt sich gegenseitig wegen der Epstein-Files und ob der Frage, wie viel Antisemitismus zulässig sei.»

Die Rede des Präsidenten an die Nation ist ebenfalls sehr schlecht angekommen. Sie zeigte einen alten wütenden Mann, der viel zu schnell spricht und dabei eine Lüge an die nächste reiht. Vergleicht man dies mit den neuen Stars der Demokraten, mit Zohran Mamdani, dem neu gewählten Bürgermeister von New York, oder James Talarico, einem jungen progressiven, aber gleichzeitig auch christlichen Abgeordneten aus Texas, dann schneidet Trump sehr schlecht ab. «Der prägende Ausdruck von Trumps zweiter Amtszeit ist ein finsterer, drohender Blick», so Klein.

President Donald Trump listens before he signs an executive order reclassifying marijuana as a less dangerous drug, in the Oval Office of the White House, Thursday, Dec. 18, 2025, in Washington. (AP P ...
Wirkt alt: Donald Trump.Bild: keystone

Der Stimmungswandel drückt sich auch in den miserablen Umfragewerten ab. Mittlerweile mögen nur noch 36 Prozent der Amerikaner Trump und seine Politik. Stimmungen können sich bekanntlich rasch ändern, nicht aber politische Inhalte. Und gerade diesbezüglich wird Trump vom Fluch seiner bösen Taten eingeholt:

  • Die Epstein-Files wollen und wollen nicht verschwinden, und die plumpen Einschwärzungen, die das Justizdepartement gemacht hat, könnten sich als Eigengoal erweisen.
  • Die «Erschwinglichkeit»-Krise ist ebenso hartnäckig und wird zunehmend zu einem Geschenk für die Demokraten. Wenn Trump den Amerikanern seine Wirtschaftspolitik als «A-plus-plus-plus-plus-plus» bezeichnet (eine Sechs mit fünf Sternen), dann spielt er ein gefährliches Spiel. Wie viel Nahrungsmittel und Miete kosten und wie viel ihm am Ende des Monats im Portemonnaie bleibt, kann selbst Johnny Sixpack abschätzen.
  • Selbst sein Prunkstück, die Einwanderungspolitik, ist seinen Wählern zu brutal. So erklärt etwa der bereits erwähnte Joe Rogan: «Wenn man Menschen vor den Augen ihrer Kinder verhaftet – normale, gewöhnliche Menschen, die seit 20 Jahren bei uns leben –, dann kann jeder, der ein Herz hat, damit nicht einverstanden sein.»
  • Die offensichtliche Korruption des Trump-Clans hat ein Ausmass erreicht, bei dem selbst die Maga-Meute beginnt, Fragen zu stellen.

Auch in der Aussenpolitik läuft nichts so, wie es sollte. Der Handelskrieg mit China erweist sich als ein Schuss ins eigene Knie. «Mr. Xi hat aufgezeigt, wie sehr Amerika von seiner Politik abhängig ist. In dieser Runde im Kampf um die Vorherrschaft im 21. Jahrhundert zwischen den beiden Supermächten hat China klar gewonnen», kommentiert der «Economist».

Das gilt auch für Kanada und Mexiko. Anders als die EU – ja, und auch die Schweiz – sind diese beiden Länder nicht vor Trump zu Kreuze gekrochen und sind bisher damit gut gefahren. «Wir brauchen mehr Carneys (Mark Carney ist der kanadische Premierminister, Anm. d. Verf.)», kommentiert Edward Luce in der «Financial Times». «Wenn es dem Westen nicht gelingt, seine Lebensweise und Freiheit zu verteidigen, wird er auseinander fallen.»

Angesichts des Verhaltens der US Navy im Karibischen Meer, angesichts des Zickzack-Kurses von Trump bezüglich der Ukraine und angesichts der Tatsache, dass der Waffenstillstand im Nahen Osten brüchig geworden ist, kann man den kranken Ehrgeiz von Trump, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet zu werden, nicht einmal mehr als Witz bezeichnen.

White House chief of staff Susie Wiles listens as President Donald Trump speaks to reporters after signing an executive order reclassifying marijuana as a less dangerous drug in the Oval Office of the ...
Stabschefin Susie Wiles.Bild: keystone

Teflon Trump ist zu einem verwundeten Tiger geworden. Das macht ihn gefährlich, zumal die Anzeichen für eine Altersdemenz unübersehbar geworden sind. Anzeichen, die das sind: sein unbezähmbarer Wunsch, überall seinen Namen hinzukleckern, Portraits vergangener Präsidenten nicht nur in einer speziellen Galerie aufzureihen, sondern auch mit Texten zu versehen, für die sich ein Fünftklässler schämen würde. Oder Geschichten zu erfinden – wie diejenige, wonach der Unabomber ein Student seines Onkels gewesen sein soll –, die nicht nur frei erfunden sind, sondern die er auch selbst glaubt.

Susie Wiles, die Stabschefin im Weissen Haus, hat kürzlich in einem Interview ausgesagt, Trump verhalte sich wie ein Alkoholiker. Das ist eine Untertreibung. Der US-Präsident ist ein greiser, dementer Mann geworden. Das weckt die bange Frage: Wenn das mal gut geht?

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201 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pebbles F.
27.12.2025 17:51registriert Mai 2021
Sehr schön zum Jahresabschluss. Danke, Herr Löpfe 💐!

Und jetzt aber vorwärts, Ihr unterwürfigen Schweizer Wirtschaftsleute und bürgerlichen Politiker: Donnie ist nicht unser Freund. Wir müssen sofort in Europa nach IT-Lösungen, Exportkanälen und Zusammenarbeit suchen.

Auf einen gesunden Wandel im 2026 🥳🍀❤️💙
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Ferienpraktiker21
27.12.2025 17:41registriert Dezember 2020
Die “2. Reihe” mit Vance und Konsorten muss sich nur etwas gedulden bis der Trumpel abtreten muss. Das wissen sie genau und bereiten sich lãngst vor - besser wird das dann leider nicht.
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Xicotencatl Axayacatl
27.12.2025 18:23registriert August 2024
Vorsicht mit Ferndiagnosen, vor allem als Nichtmediziner. Nur, weil viele behaupten, Trump zeige Anzeichen von Demenz, heisst das noch lange nicht, dass er wirklich daran erkrankt ist. Er war schon immer aggressiv, bösartig verlogen und impulsiv. Dass er es jetzt verstärkt scheint, kann auch einfach ein normales Alterszeichen sein.
Demenz oder nicht, es wird nichts ändern. Brandgefährlich ist er so oder so.
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