Nach fast zehn Jahren Bürgerkrieg in Libyen melden die Vereinten Nationen bei den politischen Gesprächen über ein Ende des Konflikts erste Fortschritte.
Am dritten Tag der Verhandlungen in Tunesien einigten sich die Teilnehmer grundsätzlich auf Parlaments- und Präsidentschaftswahlen innerhalb von 18 Monaten, wie die UN-Libyenbeauftragte Stephanie Williams am Mittwochabend erklärte. Sie sprach von einem «wichtigen Durchbruch».
Es sei eine vorläufige Vereinbarung über einen Fahrplan erzielt worden, mit dem die Übergangsphase beendet werden solle, sagte Williams weiter. Die Wahlen sollten frei und fair sein.
Die offiziell als «Dialog-Forum» bezeichneten Libyen-Gespräche unter UN-Vermittlung hatten Anfang der Woche begonnen. 75 von den UN ausgewählte Teilnehmer aus verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Gruppen des Landes wollen dort den Weg für ein Ende des jahrelangen Konflikts ebnen. Dabei wollen sie auch über die Bildung einer Einheitsregierung sprechen.
Der Bürgerkrieg in Libyen war 2011 nach dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi ausgebrochen. Alle Bemühungen, den Konflikt beizulegen, blieben bisher erfolglos.
Die international anerkannte Regierung von Fajis al-Sarradsch in der Hauptstadt Tripolis konkurriert mit einer Gegenregierung im Osten des nordafrikanischen Landes um die Macht. Der einflussreiche General Chalifa Haftar und seine selbst ernannte Libysche Nationalarmee (LNA) hatten im vergangenen Jahr eine Offensive auf Tripolis begonnen, um die Regierung zu stürzen, wurden aber zurückgeschlagen. Ende Oktober einigten sich die Konfliktparteien auf einen Waffenstillstand.
Williams zufolge knüpft der bei den Libyen-Gesprächen vereinbarte Fahrplan an die Ergebnisse der Berliner Konferenz im vergangenen Januar an. Dort sassen fast alle Staaten an einem Tisch, die in dem Konflikt eine Rolle spielen. Die Regierung in Tripolis wird unter anderem von der Türkei unterstützt, die Konfliktparteien im Osten Libyens von Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Russland. Die UN beklagten mehrfach Verstösse gegen das Waffenembargo.
Anders als bei der Berliner Konferenz handelt es sich bei dem Treffen in Tunesien nun um rein innerlibysche Gespräche. Allerdings gilt eine Einigung als schwierig, weil es auch innerhalb der verschiedenen Lager Spannungen und unterschiedliche Interessen gibt.
Parallel dazu verhandeln Militärvertreter der rivalisierenden Seiten. Die Gespräche in der libyschen Küstenstadt Sirte wurden am Donnerstag fortgesetzt. Verhandelt werden soll dort unter anderem über die Umsetzung des Waffenstillstands und den Abzug ausländischer Söldner.
Mindestens 400 000 Menschen sind nach UN-Angaben durch die seit fast zehn Jahre dauernden Kämpfe in Libyen vertrieben worden. Die rund sieben Millionen Libyer leiden unter den katastrophalen Folgen des Konflikts. Es fehlt an Strom, Trinkwasser, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. Hinzu kam die Corona-Pandemie, die das ohnehin schon überlastete Gesundheitssystem zusätzlich beutelt. (aeg/sda/dpa)