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Proteste in den USA ++ Minnesota mobilisiert Nationalgardisten

Demonstrators kneel before police Saturday, May 30, 2020, in Minneapolis. Protests continued following the death of George Floyd, who died after being restrained by Minneapolis police officers on Memo ...
Demonstranten in Minneapolis konfrontieren die Polizei. Die Proteste haben sich mittlerweile auf mehrere Städte in den ganzen USA ausgedehnt. Bild: keystone

Proteste in den USA ++ Minnesota mobilisiert 1000 zusätzliche Nationalgardisten

30.05.2020, 19:1131.05.2020, 14:31
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Der Tod des Afroamerikaners George Floyd hat in den USA eine Welle von friedlichen Protesten aber auch von Gewalt ausgelöst: Es brennen Häuser, Läden werden geplündert und die Sicherheitskräfte sind trotz eines massiven Aufgebots überfordert. In vielen US-Städten kam es bei Protesten zu Ausschreitungen und Festnahmen. In Minneapolis, wo Floyd am Montag ums Leben gekommen war, gingen Demonstranten trotz Ausgangssperre die vierte Nacht in Folge auf die Strasse. Minnesotas Gouverneur Tim Walz sprach am Samstag von einer «unglaublich gefährlichen Situation».

Vielen Demonstranten gehe es längst nicht mehr um den Mord an Floyd, sondern nur um «Zerstörung und Chaos». Es handele sich um einen «organisierten Versuch, die Zivilgesellschaft zu zerstören», sagte Walz vor Journalisten. Er und der Bürgermeister von Minnesota, Jacob Frey, sagten, friedliche Proteste seien weiterhin erlaubt, aber die Gewalt müsse ein Ende haben. Das Recht der Meinungsfreiheit «endet beim Werfen von Molotow-Cocktails», erklärte der für die Sicherheit in Minnesota zuständige John Harrington.

epa08453112 Members of the National Guard and Minnesota State Troopers keep watch as firefighters work in an area of destroyed businesses after a third day of protests over the arrest of George Floyd, ...
Nationalgarde in Minneapolis. Bild: keystone

Die Nationalgarde des Bundesstaats mobilisierte mehr als 1000 zusätzliche Soldaten, um weitere Brandstiftungen und Plünderungen zu verhindern. Damit sollten im Laufe des Samstags bis zu 2500 Soldaten einsatzbereit sein, erklärte der Leiter der Nationalgarde, Generalmajor Jon Jensen. Gouverneur Walz sagte, dem Bundesstaat drohe trotz der bislang grössten Mobilisierung der Sicherheitskräfte in Friedenszeiten erneut eine Nacht der Gewalt: «Das wird es nur schwieriger machen heute Abend.» Er habe daher auch die Gouverneure der Nachbarstaaten um weitere Unterstützung aus deren Nationalgarden gebeten.

Zudem habe er mit Verteidigungsminister Mark Esper und Generalstabschef Mark Milley gesprochen, sagte Walz. Es gab zunächst unbestätigte Berichte, wonach die Streitkräfte Hunderte Soldaten der Militärpolizei für einen möglichen Einsatz mobilisierten. Walz machte keine Angaben zur angeforderten Unterstützung. «Die Militarisierung einer Zivilbevölkerung ist besorgniserregend», räumte er ein.

Örtliche Reporter berichteten in der Nacht zu Samstag, weder Soldaten noch Polizisten seien in Minneapolis zu sehen gewesen. Walz räumte ein, die Sicherheitskräfte seien angesichts des Ausmasses der gewaltsamen Proteste überfordert gewesen. Walz, Frey und der Bürgermeister von St.Paul, Melvin Carter, erklärten übereinstimmend, die meisten der Demonstranten, die jetzt wichtige Infrastruktur zerstörten, seien Unruhestifter von ausserhalb der Region.

«Bin ich der nächste?»

An den Protesten in Minneapolis und dem angrenzenden St.Paul beteiligten sich schwarze und weisse Demonstranten. Sie trugen Schilder mit Aufschriften wie «Bin ich der nächste?» und «Ohne Gerechtigkeit kein Frieden». Auch in anderen Städten wie Atlanta, New York, Detroit, Washington, Louisville, Portland und Oakland kam es nach Floyds Tod in der Nacht zu Samstag zu Protesten.

In Atlanta im Bundesstaat Georgia griffen Demonstranten die Zentrale von CNN an. Der Sender zeigte Live-Bilder aus der eigenen Zentrale, auf denen zu sehen war, wie Demonstranten von ausserhalb Objekte auf Polizisten im Eingangsbereich des Senders warfen. Der Gouverneur von Georgia, Brian Kemp, verhängte über Atlanta sowie über weitere Städte im Umland den Ausnahmezustand. Etwa 500 Mitglieder der Nationalgarde von Georgia sollten eingesetzt werden, um Menschen und Eigentum zu schützen, schrieb Kemp am Samstag auf Twitter.

Ausschreitungen in New York

Auch in New York gingen mehrere Tausend Menschen gegen Rassismus auf die Strasse. In der Nacht kam es dabei in den Stadtteilen Manhattan und Brooklyn zu Ausschreitungen. Dem Sender CNN zufolge nahm die Polizei mindestens 72 Menschen fest. Auf beiden Seiten soll es Verletzte gegeben haben. Viele Demonstranten trugen Plakate mit der Aufschrift «I can’t breathe» («Ich kann nicht atmen»), was Floyd gesagt hatte, kurz bevor er das Bewusstsein verlor. Bürgermeister Bill de Blasio schrieb auf Twitter: «Wir wollen nie wieder eine solche Nacht erleben.»

In der Grossstadt Portland im Bundesstaat Oregon wurde am Samstag der Notstand und ein nächtliches Ausgangsverbot verhängt. Im kalifornischen Los Angeles erklärte die Polizei infolge gewaltsamer Proteste ein Demonstrationsverbot für das Stadtzentrum.

In this May 29, 2020, photo, Portlanders march with flares from the George Floyd vigil at Peninsula Park towards the Justice Center downtown in Portland, Oregon. Protests have been erupting all over t ...
Demonstration in Portland, Oregon.Bild: keystone

Trump droht Demonstranten

Nach einem Protest vor dem Weissen Haus drohte US-Präsident Donald Trump Demonstranten – indirekt, aber dafür erneut mit sehr deutlichen Worten: Falls die Demonstranten am Freitag über den Zaun des Regierungssitzes gelangt wären, wären sie von «boshaften Hunden und den bedrohlichsten Waffen» begrüsst worden, schrieb Trump am Samstag auf Twitter. Dann wären sie «wirklich mindestens schwer verletzt» worden. Viele Beamte des Secret Service warteten nur auf «Action». Der Protest vor dem Weissen Haus war vergleichsweise klein und harmlos: Demonstranten warfen einige Behelfszäune aus Metall um, die rund 30 Meter vor dem Zaun des Weissen Hauses Passanten zurückhalten.

Führende Demokraten hatten Trump bereits am Freitag vorgeworfen, mit seinen martialischen Äusserungen zu den Ausschreitungen am Rande der Proteste nur weiteres Öl ins Feuer zu giessen.

Demonstrators argue with uniformed U.S Secret Service police officers during a protest about the death of George Floyd, a black man who died in police custody in Minneapolis, Friday, May 29, 2020, in  ...
Ein Demonstrant diskutiert mit einem Beamten des Secret Service vor dem Weissen Haus. Bild: keystone

Joe Biden, der Trump bei der Wahl im November ablösen will, forderte einen entschlossenen Kampf gegen «systematischen Rassismus» in den USA. «Durch unser Schweigen, durch unsere Selbstgefälligkeit sind wir Komplizen der Fortsetzung des Kreislaufs der Gewalt», sagte der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten. «Leute: Wir müssen aufstehen. Wir müssen uns bewegen. Wir müssen uns ändern.»

Tod nach brutalem Polizeieinsatz

Floyd (46) war am Montag nach einem brutalen Polizeieinsatz gestorben. Einer der vier beteiligten Polizisten wurde am Freitag des Mordes angeklagt und festgenommen: der Beamte, der Floyd sein Knie minutenlang in den Nacken gedrückt hatte. Der Afroamerikaner hatte mehrfach um Hilfe gefleht, bevor er das Bewusstsein verlor, wie von Passanten aufgenommenen Videos zeigten.

epa08453025 An image of George Floyd is on display at a makeshift memorial near the scene of the arrest of Floyd who died in police custody in Minneapolis, Minnesota USA, 29 May 2020. Floyd's lif ...
Porträt Floyds an einer improvisierten Gedenkstelle in der Nähe des Ortes, an dem er verhaftet wurde. Bild: keystone

Im Haftbefehl gegen den Polizisten heisst es unter anderem, der Gerichtsmediziner gehe nach vorläufigen Erkenntnissen nicht von Ersticken aus. Der 46-Jährige habe an Gesundheitsproblemen gelitten, die gemeinsam mit der Festsetzung und möglichen Rauschmitteln im Blut vermutlich zum Tod geführt hätten. In den letzten zwei Minuten und 53 Sekunden habe er keine Lebenszeichen mehr gezeigt. Die Anwälte der Familie Floyd meldeten jedoch Zweifel an den Ergebnissen dieser Analyse an. Sie wollten eine unabhängige Obduktion in Auftrag geben. (sda/dpa)

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Proteste in Minneapolis
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Proteste in Minneapolis
Minneapolis brennt: Nach dem Tod von George Floyd sind in den ganzen USA Proteste ausgebrochen.
quelle: keystone / john minchillo
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Dieses Video zeigt die Ausschreitungen in den Strassen von Minneapolis
Video: watson
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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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RicoH
30.05.2020 21:30registriert Mai 2019
Mit der Mobilisierung der Nationalgarde steuert die USA auf das nächste Level der Gewalt zu. Das schein in den Genen der Verantwortlichen im Blut zu liegen.
Auf Gewalt reagieren wir mit Gewalt. Dass damit ein Selbstläufer ausgelöst wird, scheint niemand zu kümmern.

Wäre es in dieser Situation nicht besser, anzuerkennen, dass einiges schief läuft/schief gelaufen ist und das der aufgebrachten Menge mitzuteilen – im Sinne einer Deeskalation?

Mir ist schon klar, dass es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig ist, Vertrauen aufzubauen. Der militärische Weg ist es aber definitiv nicht.
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Chrisbe
30.05.2020 20:21registriert Oktober 2019
D. Trump ist zur Beruhigung / Bewältigung der Situation genau der Richtige, der Beste! Er wird mit seiner ruhigen, souveränen, eloquenten, feinfühligen,-aber zugleich konsequenten Art und Weise für Ruhe sorgen.
Mal ehrlich: Das kommt nicht gut..
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Spellbinder
30.05.2020 19:35registriert September 2017
Erwähnt doch bitte auch das einer der Mieter des CNN Centers das Atlanta Police Department ist.

Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/CNN_Center

Ich vermute mal das CNN eher ein Kollateralschaden ist als das Ziel der Demonstranten.
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