Vier russische Generäle sterben in der Ukraine: Das steckt dahinter
Der russische Angriff auf die Ukraine ist allem Anschein nach ein militärisches Fiasko geworden. Meldungen über getötete Soldaten und zerstörte Panzer sprechen, wenn sie auch oft schwierig zu verifizieren sind, eine deutliche Sprache: Die russische Armee erleidet in der Ukraine offenbar hohe Verluste.
Für den Kreml besonders besorgniserregend dürfte dabei sein, dass zu den im Ukraine-Krieg gefallenen Soldaten auffallend viele hochrangige Offiziere gehören: Bisher sollen nicht weniger als vier Generäle bei den Kampfhandlungen ums Leben gekommen sein. Alle bekleideten den Rang eines Generalmajors, den niedrigsten Generalsrang in der russischen Armee, der etwa einem Brigadier der Schweizer Armee entspricht.
Der britische Vize-Luftmarschall Sean Bell sagte Sky.com, die russische Armee habe etwa 20 Offiziere dieses Dienstgrads in der Ukraine im Einsatz. Sollte diese Einschätzung zutreffen, dann hätten die russischen Streitkräfte auf diesem Kriegsschauplatz innerhalb weniger Wochen einen Fünftel ihrer Generalmajore verloren – ein weiteres Indiz für das sich abzeichnende Desaster.
Oleg Mitjajew
Der 46-jährige Mitjajew starb am 15. März vor der von russischen Truppen umzingelten Stadt Mariupol, wie ukrainische Stellen am nächsten Tag mitteilten. Der ukrainische Präsidentenberater Anton Geraschchenko veröffentlichte auf Telegram ein Bild der angeblichen Leiche des Offiziers. Auf dem Leichnam lag das Rangabzeichen eines Generalmajors. Das rechtsextreme paramilitärische Regiment Asow behauptete, es habe Mitjajew getötet. Von russischer Seite ist Mitjajews Tod bisher nicht bestätigt worden.
Mitjajew hatte 2016 das Kommando über einen russischen Militärstützpunkt in Tadschikistan übernommen und war danach stellvertretender Kommandant der russischen Truppen in Syrien. 2020 übernahm er das Kommando über die vier Jahre zuvor formierte und in Rostow stationierte 150. Motorisierte Schützendivision, die jetzt in der Ukraine operiert.
Andrei Kolesnikow
Am 11. März meldeten die ukrainischen Streitkräfte, dass der Generalmajor Andrei Kolesnikow bei den Kämpfen um Mariupol getötet worden sei. Über die näheren Umstände seines Todes wurde nichts bekannt gegeben. Der 45-jährige Kolesnikow hatte die Panzerschule in Kasan absolviert und danach die Akademie der Kombinierten Waffen sowie die Militärakademie des Generalstabs. Der Generalmajor soll in der Ukraine eine Panzereinheit der in der Region Transbaikalien stationierten 29. Armee befehligt haben.
Російські окупанти продовжують втрачати у війні проти України своїх офіцерів. ЗСУ вдалося ліквідувати генерал-майора Андрія Колеснікова, командувача Східного військового округу. pic.twitter.com/CEBDneqslz
— 🇺🇦Armed Forces (@ArmedForcesUkr) March 11, 2022
Witali Gerassimow
Gerassimov wurde am 7. März bei der heftig umkämpften Stadt Charkiw im Osten der Ukraine getötet. Der Stabschef der 41. Armee im Range eines Generalmajors hatte 1999 eine Offiziersschule in seinem Geburtsort Kasan absolviert und danach am Zweiten Tschetschenienkrieg, dem Syrischen Bürgerkrieg und an der Krim-Besetzung teilgenommen, wofür er ausgezeichnet wurde.
Die Nachricht von Gerassimows Tod wurde vom ukrainischen Nachrichtendienst abgefangen, weil sie vom russischen Geheimdienst FSB über eine ukrainische SIM-Karte übermittelt worden war.
Andrei Suchowetzki
Ein ukrainischer Scharfschütze traf Suchowetzki am 28. Februar bei den Kämpfen um Mariupol tödlich. Der Generalmajor hatte die 7. Garde-Luftsturm-Division kommandiert und war seit 2021 stellvertretender Kommandant der 41. Armee. Sein Tod wurde, anders als bei den anderen Generälen, von russischen Medien bestätigt.
Der hochdekorierte Offizier hatte 1995 die Militärakademie der Luftlandetruppen in Rjasan abgeschlossen und war später an verschiedenen Kriegsschauplätzen im Einsatz, so im Nordkaukasus, in Abchasien und im Bürgerkrieg in Syrien. Auch bei der Annexion der Krim war Suchowetzki im Einsatz.
Frustrierte Kommandanten
Gegenüber der «Times» erklärte ein westlicher Regierungsvertreter, dass diese Kommandanten getötet wurden, weil sie sich immer näher an die Front begaben – dies, um die Kontrolle über die zunehmend demotivierten Truppen aufrechtzuerhalten. Eine Einschätzung, die auch von anderen Beobachtern geteilt wird.
Russian commanders moving further forward to get more control and impetus behind operations which have, in some cases, badly stalled. Those commanders are trying to impose their own personality on the battlefield but this in turn, is placing them at greater risk, w. officials say
— Gordon Corera (@gordoncorera) March 4, 2022
Andere Experten glauben jedoch, dass der Verlust an hohen Offizieren daran liege, dass die Ukrainer versuchten, diese zu orten und auszuschalten. Rita Konaev von der Georgetown University sagte der BBC: «Ich glaube nicht, dass dies ein Zufall ist. Einer wäre ein Zufall, aber so viele müssen gezielt sein.» Der ukrainische Militärgeheimdienst solle ein Team gebildet haben, dessen Aufgabe darin bestehe, russische Offiziere ausfindig zu machen und zu eliminieren. (dhr)
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