Zwar stehen die Chancen gar nicht so schlecht, dass die Eishockey-Meisterschaft mit Zuschauern spätestens im Oktober beginnen kann. Aber so oder so sind die Klubs in finanziellen Schwierigkeiten. Im September läuft die Entlastung durch die auf sechs Monate befristete Kurzarbeitsregelung aus. Niemand kann sagen, wie viele Saisontickets verkauft werden und welche Werbepartner und Sponsoren es sich noch leisten können, auch nächste Saison ins Hockey zu investieren.
Aus dieser unsicheren Situation heraus ist eine gute Idee der Klubbosse entstanden: für die nächste Saison soll der Abstieg aus der National League ausgesetzt werden. Damit keine «Kriseninvestitionen» (neue Ausländer, neue Trainer) notwendig sind. Um die Dynamik der zweithöchsten Klasse zu erhalten, soll der Sieger der Swiss League – so er die sportlichen und wirtschaftlichen Kriterien erfüllt – trotzdem aufsteigen können und die übernächste Saison (2021/22) würde dann eben mit 13 Teams gespielt.
Für diesen Entscheid braucht es bei der Liga-Versammlung im Juni eine Dreiviertel-Mehrheit. Die ist gegeben. Zwar gibt es einen «Aufstand der Ohnmächtigen»: die Klubs der Swiss League haben bereits erklärt, dass sie mit dieser Regelung nicht einverstanden sind. Sie möchten einen direkten Auf- und Abstieg.
Diese Forderung kann ignoriert werden. Theoretisch hätte zwar die Swiss League im Rahmen der Liga-Versammlung eine Sperr-Minorität. Die NL-Klubs kommen auf 36 Stimmen, die SL-Klubs auf deren 24. Ergibt ein Stimmentotal von 60 und für eine Dreiviertelmehrheit sind 45 Stimmen notwendig.
Aber die SL-Klubs bringen die 16 Stimmen nicht auf die Reihe, um eine Dreiviertel-Mehrheit der NL-Klubs zu verhindern: Vier SL-Klubs sind als Farm- oder Partnerteams direkt von einem Klub in der höchsten Liga abhängig (GCK Lions, EVZ Academy, Ticino Rockets, Sierre). Also braucht es nur noch einen «Abtrünnigen» der mit der höchsten Liga stimmt – und den gibt es. Langenthal, das ohnehin nicht aufsteigen kann, wegen seines Sparbeschlusses («100'000 Franken Salär sind genug») in wirtschaftlich engen Hosen steckt und auf billige Leihspieler aus Langnau, Bern und Biel angewiesen ist.
Die Langenthaler heulen bzw. stimmen willig mit den Wölfen der höchsten Liga. Dem Entscheid der Vernunft (kein Abstieg) steht also bei der Liga-Versammlung im Juni nichts im Wege.
Aber Liga-Direktor Denis Vaucher hat den Auftrag, eine Dreijahres-Planung zu erarbeiten. Und im Rahmen dieser Planung wird wieder einmal eine alte Idee neu aufgewärmt: mehr Ausländer. Warum holen wir aus einem beschränkten Spielerpotenzial so viel heraus (WM-Final 2013 und 2018)? Ganz einfach: weil es bis heute gelungen ist, die Anzahl ausländischer Spieler zu beschränken. Zurzeit auf vier in der NL und zwei in der SL. Nur so bleibt genug Platz, um die eigenen Talente zu fördern. Die ausländischen Ligen beneiden und bewundern uns für diese Ausländerregelung.
Nun gibt es seit Jahren den Irrglauben, mehr ausländische Spieler würden die Löhne der Schweizer Spieler drücken. Dazu gibt es einen Spruch des englischen Dichters Alexander Pope: «Zwei Dinge sind für den Verstand gleichermassen unerklärlich: Die Weisheit Gottes und der Unverstand der Menschen».
Mehr Ausländer reduzieren die Lohnkosten nicht. Ganz im Gegenteil. Sie erhöhen die Lohnkosten. Erstens wegen der Lohnnebenkosten, die dazu führen, dass selbst ein Billig-Ausländer mit einem Verdienst von 100'000 Franken mindestens 200'000 Franken kostet. Zweitens weil die Lohnkosten der besten Schweizer nicht sinken. Wer Meister werden oder den Abstieg verhindern will, ist auf die guten Schweizer angewiesen – weder Pascal Berger noch Grégory Hofmann oder Leonardo Genoni wären bei mehr Ausländern billiger. Drittens weil die vermeintlichen Billig-Ausländer nicht die teuren Schweizer Mitläufer, sondern die eigenen Nachwuchsspieler ersetzen.
Und noch etwas kommt dazu: Die Sportchefs sind schon heute nicht dazu in der Lage, vier gute Ausländer zu finden. Bei einzelnen Klubs war die Qualität des ausländischen Personals in der letzten Saison sogar schauderhaft. Und nun soll es möglich sein, fünf, sechs oder gar sieben brauchbare Ausländer zu finden? Lächerlich.
Was noch mehr ins Gewicht fällt: Die finanziell «Grossen» (wie Zug, ZSC Lions, Lugano, SCB, Davos) können sich die guten Ausländer leisten – die «Kleinen» (wie Biel, Servette, Lakers, Ambri, SCL Tigers) hingegen nicht. Die sportliche Ausgeglichenheit der Liga wäre dahin.
Schon jetzt hätten die Sportchefs durchaus Gelegenheit, billige Ausländer zu verpflichten. Beispielsweise Philip-Michaël Devos und Jonathan Hazen vom Cupsieger Ajoie. Aber keiner wagt es: Jeder will klingende, grosse Namen – und die kosten.
Wenn die Lohnkosten sinken sollen, dann gibt es nur die Verknappung der Arbeitsplätze: die Reduktion der höchsten Liga auf zehn Teams. Die ist nicht möglich, weil es keine Mehrheit für diesen Beschluss gibt – wer stimmt den schon seinem eigenen Abstieg zu?
Die andere Variante: nur noch eine Profiliga mit 14 bis 16 Teams (also die Auflösung der Swiss League) und darunter die höchste Amateurliga «MySports League» in der Rolle der heutigen SL. Auch für diese Variante ist vorerst keine Mehrheit zu finden. Aber sie wird sich eher später als früher durchsetzen.
Wollen wir die internationale Konkurrenzfähigkeit unseres Hockeys, die Attraktivität, Qualität und Ausgeglichenheit unserer Liga erhalten, bleibt allen, denen das Wohl unseres Hockeys am Herzen liegt, nur die Bekämpfung der Idee, die Anzahl Ausländer zu erhöhen. Dieser Kampf gegen die Macht der Dummheit wird immer schwieriger.
Nur ein Detail. Wenn man schon bei der beispielhaften Aufteilung in "gross" und "klein" 10 Teams aufzählt, dann hätte man sich auch die Mühe machen können, Lausanne und Fribourg auch noch einzuteilen... wohl mit Lausann bei gross und Fribourg bei klein...
"Die finanziell «Grossen» (wie Zug, ZSC Lions, Lugano, SCB, Davos) können sich die guten Ausländer leisten – die «Kleinen» (wie Biel, Servette, Lakers, Ambri, SCL Tigers) hingegen nicht."
Also ist MacDonald ein guter Ausländer, weil für den SCB erschwinglich gewesen. Und Rajala, Pesonen und Cervenka sind schlechte Ausländer, weil bei den Kleinen.
Jedenfalls: Einen Ausländer zu finden, der einschlägt, hat nicht nur mit Geld zu tun. Einfach mal in Lugano nachfragen.