Die Uhr tickt. In wenigen Wochen sollen nach aktuellem Plan die Maturaprüfungen stattfinden. Für Gymi-Schülerinnen und Schüler bedeutet das in diesen Tagen Stress. Sie müssen Lernpläne entwickeln, einen Berg von Büchern lesen und den Stoff der vergangenen Jahre repetieren.
Wegen der Coronavirus-Krise herrscht aber grosse Unsicherheit. Finden die Prüfungen statt? Wie wird die Gesundheit der Jugendlichen gewährleistet? Kommt es zu Verschiebungen oder Änderungen? Es sind Fragen, die sich die Maturanden zu normalen Zeiten nicht hätten stellen müssen. Die Abschlussgeneration 2020 hat mit Sorgen zu kämpfen, eine Klärung steht aus.
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Der Grund für die Unklarheit liegt im nicht ganz einfachen Maturitätssystem der Schweiz: Kantonsschulen und Gymnasien organisieren die Prüfungen zwar einzeln. Sie müssen sich aber an eine Bundesverordnung halten. Dort steht unter anderem, was schriftlich und was mündlich geprüft wird.
Das ist auch der Hauptgrund, wieso Kantone – obwohl einige es wollen – nicht frei darüber entscheiden können, ob Prüfungen abgesagt und etwa durch «Erfahrungsnoten» ersetzt werden. Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) fordert deshalb: Der Bundesrat soll den Kantonen erlauben, selbst über Matura-Verzicht entscheiden zu können.
Ein Teil der Verantwortlichen bei den Kantonen will regionale Unterschiede bewusst in Kauf nehmen. Bildung sei einerseits «traditionell Kompetenz der Kantone», andererseits könne man Schutzkonzepte besser auf die lokalen Gegebenheiten anpassen. Erwartet wird, dass der Bundesrat am kommenden Mittwoch, 29. April, einen Entscheid fällt.
Maturanden fordern seit Tagen Klarheit vom Bundesrat, wie zahlreiche Mails von Schülerorganisationen aus allen Teilen der Schweiz aufzeigen. watson wollte am Montag von Daniel Koch, dem Covid-Delegierten des Bundesamtes für Gesundheit, wissen: Warum dauert es so lange? Gibt es epidemiologische Unklarheiten?
Seine Antwort dürfte nicht zu Beruhigung führen. «Es gibt keine epidemiologische Unklarheiten.» Gerade im Alter nach der offiziellen Schulpflicht werden die Jugendlichen immer mehr zu Vektoren des Virus. «Es ist klar, dass Jugendliche das Virus bekommen können, dass sie daran erkranken und es weitergeben können.» Deshalb sei man bei Schulen nach dem obligatorischen Schulunterricht sehr vorsichtig.
«Sehr vorsichtig»: Diese Strategie verfolgen mehrere Kantone. Einige von ihnen wollen auf den Entscheid des Bundesrates warten, andere haben bereits «Wünsche» geäussert.
In der Diskussion rund um die Maturaprüfungen haben sich auch namhafte Expertinnen und Experten eingeschaltet.
ETH-Ratspräsident Michael Hengartner kritisierte etwa in einem Interview den möglichen «Wildwuchs» zwischen den Kantonen. Einen Prüfungsverzicht will er hingegen nicht: «Das Bestehen der Maturaprüfung ist zudem ein persönliches Erfolgserlebnis, das man nicht unterschätzen sollte. Ich würde es begrüssen, wenn die Prüfungen durchgeführt würden, wenn das vertretbar ist.»
Eine Stellungnahme gibt es auch von den Gymnasial-Lehrpersonen. Ihr Verband schreibt, dass eine klare Mehrheit die Durchführung von Prüfungen bevorzugt hätte, sofern die Vorgaben des BAG eingehalten und Maturanden sich «optimal» für die Prüfung vorbereiten können.
Die Reaktionen unterscheiden sich in zwei Fragen:
watson berichtete bereits über Schülerinnen und Schüler, die wegen den Matura-Prüfungen komplett auf die Barrikaden gehen. In Whatsapp-Gruppenchats, über Online-Umfragen oder mit dem Zusammentragen von Unterschriften wehren sich mehrere Abschlussklassen gegen die unterschiedliche Handhabung der Kantone. Sie wollen, dass die Prüfungen überall abgesagt werden und dies national entschieden wird.
Andere, so etwa der Zürcher Klimajugend-Frontmann und Gymnasiast Jonas Kampus, wollen die Kantone entscheiden lassen. Sein Kanton strebt die Absage der Prüfungen an. Kochs Aussage von Montag wertet Kampus als «Bestätigung»: «Die Gefahr vor Infektionen ist da – das ist die wissenschaftliche Einschätzung eines Epidemiologen. Kantone sollten darauf hören.»
Gegnerinnen und Gegner eines Prüfungsverzichts findet man bei den bürgerlichen Jungparteien im Kanton Basel-Stadt. Laetitia Block, Präsidentin der kantonalen Jungen SVP, betont auf Anfrage, dass man Maturanden nicht gefährden wolle.
«Wir denken aber, dass es etwa mit Distanzregeln oder mehr Räumen eigentlich möglich sein soll, die Prüfungen durchzuführen», sagt Block. Ihre Befürchtung ist, dass die Maturität 2020 als «Corona-Abschluss» abgewertet werde. «Die Matura-Prüfung ist eine wertvolle Erfahrung. Fehlt ein vergleichbarer Abschluss, könnte dies zu Schwierigkeiten bei der Job-Suche oder in der Bewältigung des Studiums führen.»
Was ein Seich. Die Hochschulen/Unis wollen einfach den Fötzel sehen auf dem draufsteht, dass man bestanden hat. Wie ist dabei ziemlich egal.
An alle Verantwortlichen, wir hätten gerne Klarheit!
Also nur mal zum klarstellen: Gymnasiale Matura ist nicht gleich Maturaprüfung. Die Maturaprüfung bestehen jeweils 99% der Schüler. Das ist keine Selektionsprüfung oder sonst schwierige Prüfung, wie die Aufnahmeprüfung oder Passarelle. Das schwierigste im Gymi ist es, überhaupt erst bis ins Maturjahr zu schaffen, ohne rauszufliegen.
In Zürich zählen zb. sowieso 50% der Vornoten. Die Abschlussprüfungen sind mehr symbolisch als von schulischer Bedeutung. [1/2]