Wer im Duden das Wort «Phänomen» nachschlägt, dem werden ein paar Erläuterungen aufgelistet. Ein Phänomen sei «etwas, was sich beobachten, wahrnehmen lässt», oder aber eine «bemerkenswerte Erscheinung». Seinen Ursprung hat das Wort im Griechischen, «Phainomenon» hiess es bei den Hellenen und war gar vergleichbar mit einer Himmelserscheinung.
Nun, so weit wollen wir nicht gehen. Aber es ist schon passend, dass am vergangenen Donnerstag neuerlich ein kleines Phänomen, eine bemerkenswerte Erscheinung, zu beobachten war. Dann nämlich, als der FC Basel im griechischen Teil der zweigeteilten Stadt Nikosia gegen Apoel sein Hinspiel in den Sechzehntelfinals der Europa League austrug.
Der FCB spielte, als wäre nichts gewesen in den Tagen und Wochen zuvor. Als hätte man nicht gerade vier der letzten fünf Meisterschaftsspiele verloren, den Rückrundenstart ordentlich versiebt und zu Hause gleich zwei Mal in Serie verloren. 0:3 aus Sicht der Zyprioten stand da am Ende auf der Anzeigetafel. Und ja, Apoel war damit eher noch gut bedient.
Ein Phänomen war in diesem Spiel auch Raoul Petretta. Auf der ihm eher ungewohnten Position des linken Flügels kam der 22-Jährige zum Einsatz. Eine Reihe weiter vorne als gewohnt also. Wie schon früher in seiner Jugend, und wie schon im Heimspiel gegen Getafe in der Gruppenphase der diesjährigen Europa-League-Kampagne.
Damals, wie auch letzte Woche, musste Petretta mangels Alternativen im Couloir aushelfen und tat dies bemerkenswert erfolgreich. Gegen Getafe war es ein Assist, gegen Nikosia ebenfalls ein letzter Pass sowie ein eigenes Tor. Es war das erste auf internationaler Ebene für den nominellen Linksverteidiger. Die beiden Skorerpunkte aus der Partie auf Zypern waren bereits Nummer 3 und 4 für ihn in dieser Europacup-Saison. Und das in gerade einmal 6 Spielen.
Bemerkenswerter ist aber noch viel mehr der Vergleich: So viele Skorerpunkte wie in der Europa League diese Saison weist Petretta auch in der Super League auf. Nicht aber in dieser Saison, sondern in sämtlichen 61 Partien, die er in der höchsten Schweizer Liga bislang absolviert hat.
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Petretta ist damit so etwas wie das symbolische Gesicht eines FCB, der wiederum selber zwei Gesichter hat. Jenes in der Liga, in der er seit Mitte Dezember lediglich einmal gewinnen konnte: 4:0 gegen ein desolates Zürich. Und jenes in der Europa League, in der er 13 Punkte summierte, vier Siege holte, zwei davon unter anderem gegen den spanischen Vertreter Getafe.
Wenn Petretta seine divergierenden Leistungen in Liga und Europa erklären soll, tut er sich schwer. «Ich mache es ja nicht extra», sagt er, und weist darauf hin, dass er in Europa zwei Mal auf dem Flügel spielte «und es weiter vorne halt mehr Chancen gibt, zu treffen oder Assists zu geben».
Und wieso läuft es denn nicht nur ihm, sondern der ganzen Mannschaft international besser? «Das ist schwer zu erklären. Ich glaube, es liegt daran, dass wir international mehr Räume haben», meint Petretta. Der Gegner wolle mehr mitspielen als die nationalen Kontrahenten, stehe höher und dadurch sei es einfacher, Chancen zu kreieren. «Aber ja, international sind wir punkto Toren sehr gut drauf.»
Gegen Apoel Nikosia ist der FCB im Normalfall nicht einmal darauf angewiesen, den Tore-Lauf fortzusetzen. Die ausgangslage ist dermassen komfortabel, dass alles andere als ein Weiterkommen aus Sicht des FC Basel undenkbar ist. Auch wenn die Basler nicht an die Form vom Hinspiel anknüpfen könnten und zeitgleich Nikosia eine erwartbare und bemerkbare Leistungssteigerung an den Tag legen sollte. Viel mehr kann der FCB wohl schon den Einzug in den Achtelfinal planen und davon träumen, wer ihm am Freitag als nächster Gegner zugelost wird.
🎙️ | Koller: «Wir haben auswärts drei Tore erzielt, das kann aber auch dem Gegner gelingen. Daher müssen wir hochkonzentriert in diese Partie gehen. APOEL wird alles daran setzen diesen Rückstand aufzuholen.» #FCBasel1893 #zämmestark #rotblaulive
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Doch allzu sehr sollten die Gedanken dann doch noch nicht in der nächsten Runde schwelgen. Denn der FCB könnte mit einem Sieg heute Abend für ein weiteres, kleines Phänomen sorgen. Ein Phänomen, auf das man im Joggeli seit dem 12. Dezember vergangenen Jahres wartet: Ein Heimsieg. (bzbasel.ch)