International
Russland

Wie Putin illegale Migranten von Libyen nach Europa schickt

A boat used by migrants to cross the Mediterranean Sea is towed from Tripiti beach to the Karave the port of Gavdos, Greece, on Monday, July 7, 2025 after hundreds were rescued near the island and the ...
Ein von Migranten genutztes Boot wird bei der Kreta vorgelagerten Insel Gavdos abgeschleppt. (7. Juli 2025)Bild: keystone

Wie Putin Migranten von Libyen nach Europa schickt

Russland bringt Migranten gezielt per Flugzeug in das nordafrikanische Land, damit sie von dort Richtung Europa weiterreisen, sagt die EU. Möglich macht es der libysche Warlord General Haftar, ein alter Alliierter von Wladimir Putin.
09.07.2025, 22:3810.07.2025, 00:04
Remo Hess / ch media
Mehr «International»

Auf der griechischen Ferieninsel Kreta kommen aktuell nicht nur Touristinnen und Touristen an, sondern seit ein paar Monaten auch immer mehr irreguläre Migranten. Allein diese Woche waren es über 2000 Personen. Während die Zahlen auf allen andere Migrationsrouten teils markant zurückgingen, steigen sie auf der zentralen Mittelmeerroute. Der Grund: In Libyen tut sich ein neuer Hotspot für irreguläre Überfahrten nach Europa auf. Genauer: in Ost-Libyen.

Dort regiert nicht die international anerkannte Regierung in Tripolis, sondern von Bengasi aus der libysche Warlord General Haftar. Und dieser in den 1970er-Jahren in der Sowjetunion ausgebildete Militär ist ein alter Alliierter von Russlands Präsident Wladimir Putin.

Laut der EU nutzt Putin diese Allianz nun, um Europa mit einer neuen Welle irregulärer Migration zu destabilisieren. Dieselbe Methode hat er schon bei Finnland, Polen und dem Baltikum angewendet. Über Monate lockte Putin Migranten aus dem globalen Süden nach Russland und schickte sie teils über Weissrussland an die Grenze zu Europa.

Polen und die anderen Länder haben daraufhin massiv in den Grenzschutz investiert und Grenze weitestgehend geschlossen. Manche Migranten fanden sich daraufhin im Niemandsland der weissrussisch-polnischen Länder wieder. Nun weicht Ober-Schlepper Putin auf Libyen aus.

epa12089786 Russian President Vladimir Putin (R) meets with Libyan National Army Commander Khalifa Haftar (L) at the Kremlin in Moscow, Russia, 10 May 2025, during celebrations of the 80th anniversary ...
Alte Freunde: General Khalifa Haftar (links) bei Russlands Präsident Wladimir Putin im Kreml. (Bild: 10. Mai 2025)Bild: keystone

Europäische Minister werden von Haftar aus dem Land geworfen

«Wir sehen, dass Russland und Weissrussland Menschen nach Libyen deportieren, um sie gezielt nach Europa zu bringen», sagte der EU-Migrationskommissar Magnus Brunner bei einer Diskussionsveranstaltung kürzlich in Brüssel. Transportvehikel sei eine weissrussische Airline, welche die Menschen direkt nach Ost-Libyen fliege, von wo sie sich dann auf den Weg nach Europa machten. Das sei «natürlich inakzeptabel», so der Österreicher.

Quasi alle der Migrantenboote legen in der ost-libyschen Hafenstadt Tobruk ab. Die Ankünfte in Griechenland über Ost-Libyen haben sich um 173 Prozent erhöht. In Kreta sind es plus 300 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Als Reaktion schickte die griechische Marine kürzlich zwei Fregatten und ein Begleitschiff auf Patrouillenfahrt vor den libyschen Hoheitsgewässern. Viel ausrichten gegen die Boote können diese aber auch nicht.

Am Dienstag nun ist Migrationskommissar Brunner im Quartett mit den Ministern aus Griechenland, Italien und Malta nach Libyen gereist, um mit Haftar das Problem persönlich zu besprechen. Nur: So weit kam es nicht. Die EU-Delegation konnte zwar mit der Regierung in Tripolis reden. Zu Haftar im Osten des Landes vordringen schaffte sie aber nicht.

Am Flughafen in der ostlibyschen Stadt Bengasi war Schluss. Die Europäer wurden zu «Personae non gratae» erklärt und umgehend aus dem Land verwiesen. Ein diplomatischer Gross-Eklat. Als Begründung nannten die ost-libyschen Machthaber, die Europäer hätten «die nationale Souveränität» verletzt. Sie hätten demnach vorab eine Einreiseerlaubnis bei Haftar einholen müssen.

Offenbar ging es Haftar darum, eine offizielle Anerkennung seiner Regierung erpressen zu wollen. Andere Stimmen sagen, der Eklat sei so geplant gewesen. Haftar lasse sich nicht nur von Putin einspannen, sondern habe eigene wirtschaftliche Interessen, die er auf die Agenda heben wolle.

epa12224391 Migrants get off a bus at the port of Heraklion, Crete, Greece, 08 July 2025. The Greek Coast Guard, in collaboration with local authorities, has begun the identification process after at  ...
Migranten werden von der griechischen Küstenwache an den Hafen in Heraklion gebracht. (Bild: 8. Juli 2025).Bild: keystone

Am Mittwoch kündigte Griechenland an, für mindestens drei Monate keine Asylanträge für Migranten zu bearbeiten, die das Land über Ost-Libyen erreichten. Wer auf Kreta ankomme, werde zudem festgesetzt. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wieso die Schweiz und Europa von der Migration abhängen
1 / 6
Wieso die Schweiz und Europa von der Migration abhängen

Rechtsnationale Strömungen sind in Europa im Aufschwung und beschwören die Migration als Feindbild Nummer 1. Dabei droht Europa durch eine restriktive Migrationspolitik weiter in die Bevölkerungskrise zu rutschen. 🌍

Auf Facebook teilenAuf X teilen
Trumps absurde Migrationspolitik
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
95 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Tejas_
09.07.2025 23:04registriert Juli 2022
Habe so etwas ähnliches bereits kurz nach dem Überfall auf die Ukraine gelesen. Neben dem Hybriden Krieg, wird Europa so zusätzlich destabilisiert. Destabilisiert durch importierte Kriminalität, Wohnungsnot, Dichtestress, aufeinanderprallen von inkompatibel Mentalitäten etc. So wird der Rechtspopulismus genährt. Der Möchtegern-Zar im Kreml freut sich über jede Krisenmeldung, reibt sich die Hände und sieht sein Wunsch, Herrscher über Eurasien zu sein, immer näher kommen!
18012
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lausannois86
09.07.2025 23:26registriert November 2018
Die EU / der Westen hat Sanktionen erst im "grossen" Stil erlassen, nachdem russland die Ukraine angriff (Vollinvasion). aber russland arbeitet seit Jahren gegen uns, nur schläft da Europa komplett bzw weiss nicht wie damit umgehen. Mir ist es rätselhaft. Da muss doch ein Riegel geschoben werden, Propaganda-Medien verboten (also zB RT), Umgehung Sanktionen die entsprechenden Länder an die Kandarre genommen werden usw... Ich weiss, gewisses ist inzwischen aufgegleist aber eben, erst nach dem Komplett-Einmarsch in die UA.
1175
Melden
Zum Kommentar
avatar
ich bin dagegen
10.07.2025 00:15registriert Oktober 2022
Wenn Migration zur geopolitischen Waffe wird, zeigt das einmal mehr, wie Menschen in Not instrumentalisiert werden. Russland testet Europas Schwächen – aber statt bloßer Abwehr braucht es nachhaltige Lösungen: Kontrolle, Hilfe vor Ort, und vor allem ein faires Asylsystem, das nicht in die Hände autoritärer Taktiker fällt.
7410
Melden
Zum Kommentar
95
Selenskyj tauscht seine Regierung aus: Das sind die wichtigsten Köpfe
Der ukrainische Präsident verfolgt mit seiner Kabinettsumbildung vor allem ein Ziel: Donald Trump zu gefallen.
Bereits seit einem Jahr wird in der Ukraine heiss über einen möglichen Wechsel an der Spitze der Regierung diskutiert. Nun passiert dieser tatsächlich: Die ambitionierte Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko wird neue Regierungschefin in Kiew. Sie ersetzt Denys Schmyhal, der überraschend ins Verteidigungsministerium wechselt.
Zur Story