14 Tage bleiben der EU und dem Vereinigten Königreich noch, um sich auf ein neues Freihandelsabkommen zu einigen. Der rund 700 Seiten dicke Vertrag ist praktisch ausverhandelt. Es könnte ein «Brexmas», ein Brexit-Weihnachten, geben. Aber es bleibt eine letzte Hürde: Die Fischerei-Rechte.
Mit rund 0,1 Prozent Anteil am britischen Bruttoinlandprodukt ist die Fischerei volkswirtschaftlich unbedeutend. Aber sie wird stark emotionalisiert. In französischen und britischen Küstenregionen ist die Fischerei in etwa so identitätsstiftend wie die Alpwirtschaft in Schweizer Berggebieten. Wer den Fischern in den Rücken fällt, hat ein politisches Problem. Um eine Einigung zu finden, müsste man eigentlich nur eine einfache Frage klären: Wie viel Fisch dürfen europäische Fischer aus den britischen Gewässern ziehen? Aber: Für die Briten verdichtet sich in der Fisch-Frage der Sinn des Brexits: «Take back control» – «Die Kontrolle zurückholen». Es geht symbolhaft um die nationale Souveränität. Premier Boris Johnson steht unter Druck der Brexit-Hardliner seiner eigenen Partei, hier nicht einzuknicken.
Sehr fix. Am 31. Dezember endet die Brexit-Übergangsfrist. Das ist eine juristische Tatsache. Boris Johnson hatte eine Verlängerung schon früh ausgeschlossen. Ausserdem müssten die Parlamente beider Seiten den Deal vorher noch ratifizieren. Das EU-Parlament hat bereits gewarnt: Gibt es bis diesen Sonntag keinen Deal, könne es den Vertrag nicht mehr vor Jahresende unterschreiben.
Zölle: Ohne Freihandelsabkommen treten am 1. Januar hohe Zölle und Handelsbeschränkungen in Kraft. Konsumprodukte, aber auch Medikamente und andere Güter würden schlagartig teurer werden.
Staus: Rund 9000 Lastwagen queren täglich den Ärmelkanal. Durch die Zollkontrollen wird es auf beiden Seiten zu kilometerlangen Staus kommen. Bewohner der Grafschaft Kent haben schon Angst, dass ihre Region zur «Toilette von England» wird, wenn all die wartenden Brummi-Fahrer mal pinkeln müssen.
Lebensmittelknappheit: Der Inselstaat Grossbritannien ist auf Lebensmittelimporte angewiesen. Die Versorgungssicherheit war schon ein Argument im Abstimmungskampf zum EU-Beitritt im Jahr 1975. Bereits seit Monaten sind britische Supermärkte daran, ihre Lager aufzufüllen. Trotzdem dürfte es Engpässe geben.
Nein. Das Königreich verlässt so oder so die Zollunion und den Binnenmarkt. Auch beim Abschluss eines Freihandelsabkommens müssen Zollformalitäten erledigt werden. Zu Staus wird es ohnehin kommen – auch an den Flughäfen: Wegen des Endes der Personenfreizügigkeit werden Reisen in und vom Vereinigten Königreich künftig umständlicher werden. Das gilt übrigens auch für britische Katzen und Hunde: Sie verlieren ihren EU-Haustierausweis.
Der «No Deal» würde die kleinere und importabhängige Wirtschaft im Vereinigten Königreich härter treffen als die EU. Experten sprechen von einem «asymmetrischen Schock». Zu den Zahlen gibt es verschiedene Studien, die in ihren Analysen teilweise deutlich auseinandergehen. Die britische Regierung schätzt, dass ihre Wirtschaft in den nächsten 15 Jahren mehr als 7 Prozent schrumpfen könnte. In der Europäischen Union geht man von minus 1,5 Prozent aus.
Die Briten spekulieren darauf, dass sie nach dem Brexit eine Reihe vorteilhafter Handelsabkommen mit der ganzen Welt abschliessen können, zum Beispiel mit den USA. In der EU hoffen Städte wie Paris und Frankfurt darauf, London den Rang als Finanzmetropole abzulaufen. Unter dem Strich bleibt der Brexit aber ein Verlustgeschäft für alle Beteiligten.
Nichts. Die Schweiz hat ihr Verhältnis mit dem Vereinigten Königreich bereits geregelt. Die heute in den bilateralen Verträgen mit der EU organisierten Beziehungen werden unter der Strategie «Mind the Gap» weitgehend weitergeführt. Von allgemeinen Wirtschaftsturbulenzen in Europa durch einen «No Deal» bleibt aber natürlich auch die Schweiz nicht verschont.
Umfragen zeigen seit ungefähr drei Jahren eine stabile Mehrheit gegen den Brexit. Allerdings: Nicht berücksichtigt sind die rund zehn Prozent, die sich als «unentschlossen» ausgeben. Und: Auch im Vorfeld der Brexit-Abstimmung 2016 deuteten die Umfragen fälschlicherweise auf ein Nein hin.
Ob es einen Deal gibt oder nicht: Der Brexit dürfte die europäische Politik noch über Jahrzehnte prägen. Die Briten werden sich in einem ständigen Dialog mit der EU befinden und im optimistischen Fall eine Reihe weiterer Abkommen aushandeln. Ähnlich, wie es die Schweiz getan hat. Im pessimistischen Szenario werden sich die EU und das Vereinigte Königreich permanent in den Haaren liegen und wirtschaftlich konkurrieren.
Ja...
HOW MUCH IS THE FISH????
🙄😂😉