Drei Jahre hat Andreas Wittwer für den FC St.Gallen gespielt, 103 Pflichtspiele hat er absolviert und dabei vier Tore erzielt. Er lief auf der linken Seite rauf und runter, mehr recht als schlecht, er war Stammspieler, egal ob seine Trainer Joe Zinnbauer, Giorgio Contini, Boro Kuzmanovic oder jüngst Peter Zeidler hiessen. Dann wurde Wittwer am 22. Mai im Heimspiel gegen die Young Boys offiziell verabschiedet. Und heute muss er auf Vereinssuche, weil sich St.Gallen auf der linken Verteidigerposition eine Baustelle schafft, wo er sich keine schaffen müsste. Ein konkretes Angebot hat der Berner noch nicht, offen ist er für alles, Fussballabenteuer inklusive.
Wittwer wundert sich aber, welches Bild von ihm Alain Sutter am vergangenen Mittwoch in der Öffentlichkeit zeichnete. An der Pressekonferenz zur Saisoneröffnung sagte der Sportchef: «Es war abgemacht, dass sich Andreas Witter nach den Ferien bei mir meldet. Das hat er nicht getan, damit ist das Thema für mich erledigt, er wird definitiv nicht mehr für uns spielen. Er hat wohl andere Pläne.»
Wittwer fühlt sich als Sündenbock einer Geschichte, die im Prinzip kein gutes Ende hatte finden können. Das Verhältnis war getrübt, vermutlich sogar gestört, und Wittwer weiss nicht, weshalb. Noch im Januar, am ersten Trainingstag nach den Weihnachtsferien, habe Sutter ihm und anderen Spielern wie Roman Buess oder Alain Wiss gesagt, es sei fertig in St.Gallen, spätestens am Ende der Saison.
Wenn er aber bereits vor dem Rückrundenstart etwas finden würde, dann wäre das auch gut und ideal, habe Sutter ihm beschieden. Diesen Satz hatte Wittwer schon früher einmal von Sutter gehört, er sagt: «Ich habe mir dann gesagt, ich konzentriere mich auf den Fussball und antworte auf dem Platz mit Leistung.»
Wittwer lieferte, und irgendwann war sich Zeidler auch nicht mehr so sicher, ob der Entscheid, den auslaufenden Vertrag des Linksverteidigers nicht zu erneuern, der richtige sei. Sutter hingegen blieb auf seinem Standpunkt, doch in der Folge waren sie intern wohl irgendwann auf den Sportchef zugegangen mit dem «Befehl», nochmals das Gespräch mit Wittwer zu suchen.
Am Dienstag nach dem Abschlusstraining vor dem letzten Heimspiel gegen die Young Boys kam es dann zur Unterredung, in welcher Sutter dem Spieler Gesprächsbereitschaft signalisierte. Wittwer sagt: «Es war viel passiert in der Saison, ich wollte zuerst den Kopf in den Ferien etwas lüften, habe aber auch gesagt, dass wir einen gemeinsamen Weg finden würden. Ich habe aber noch nie gehört, dass ein Spieler sich beim Sportchef melden soll. Das war auch nicht so abgemacht. Vielmehr habe ich auf den Anruf von Alain Sutter gewartet, der aber nie kam. Ein Spieler ruft doch nicht selbst den Club an und bittet diesen um einen neuen Vertrag.»
Wittwer fühlt sich als Lügner abgestempelt, vor allem aber findet er es schade, dass es nach drei Saisons in der Ostschweiz ein solches Ende genommen hat. Der Familienvater, der noch immer in Winkeln wohnt, ist enttäuscht, dass er nun so dargestellt und ihm ein solcher Charakter unterstellt wurde. Ausgerechnet er, der für den Club alles gegeben habe.
Wer Wittwer kennt, der weiss um seine Bodenständigkeit, um die ruhige, besonnene, freundliche Art und die Wichtigkeit innerhalb des Teams. Wittwer würde das zwar selbst nie so direkt sagen, doch man hört, es habe jenen Spielern teilweise an Wertschätzung gefehlt, die schon länger im FC St.Gallen engagiert sind. Der 28-Jährige hätte auch kein Problem damit gehabt, wenn Sutter ihm nach den Ferien beschieden hätte, man plane nun doch nicht weiter mit ihm auf der linken Abwehrseite. «Das wäre vollkommen okay gewesen, weil es im Fussball halt manchmal so läuft. Aber mir nun die Schuld zuschieben?»
Im «Blick» hiess es in der Folge, Wittwer habe «keinen Bock» mehr auf St.Gallen. «Das stimmt überhaupt nicht, und ich will jetzt auch nichts schlechtreden, ich hatte eine tolle Zeit hier.» Aber Wittwer sagt eben auch: «Es ist unfassbar, ich bin wahnsinnig enttäuscht von Alain Sutter. Ausgerechnet von ihm, der stets von der grünweissen Gruppe spricht und dem das Menschliche so wichtig sein soll, kommt eine solche Aktion. Und nicht zum ersten Mal.»
Es gab einen Grund, weshalb Zeidler stets auf Witter setzte. Sutter wird seine Gründe haben, weshalb er es nicht tut. Nun darf man gespannt sein, wer für den FC St.Gallen in der nächsten Saison links verteidigen wird.
Dort hat man sich nicht gefunden und die beiden Parteien gingen davon aus der jeweils andere meldet sich nochmals.