Nach dem Nein zur Reform der Altersvorsorge befassen sich am (heutigen) Freitag in Bern die Delegierten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) mit einer Neuauflage. Sie diskutieren eine Liste von Forderungen zu AHV und zweiter Säule.
Diese Stossrichtungen hatte der Vorstand des SGB Ende Oktober ausgearbeitet, rund einen Monat nach der Abstimmung über die Altersvorsorge 2020. Aus Sicht des SGB standen beim Nein vom 24. September für viele Stimmende persönliche Gründe im Vordergrund, «vermeintliche oder echte Nachteile», wie es im Papier heisst.
Frauen-Rentenalter 64 verteidigen
Zur AHV stehen mehrere Forderungen zur Diskussion: Der SGB-Vorstand will das Rentenalter 64 für Frauen und 65 für Männer verteidigen. Frauen verdienten weniger als Männer und leisteten mehr Hausarbeit, schreibt er. Die vorgeschlagene Erhöhung auf 65 Jahre für Frauen sei ein wesentlicher Grund für das Nein zur Rentenreform gewesen.
Weiter stellt der SGB-Vorstand höhere Lohnbeiträge an die AHV und mehr Leistungen der AHV zur Diskussion. Die in seinen Worten «zu geringe» Zustimmung der Rentner und Rentnerinnen zur Rentenreform habe gezeigt, dass die heutigen Renten als «zu knapp» empfunden wurden, um den Lebensunterhalt zu sichern. Der SGB-Vorstand erwähnt dabei Gesundheits- und Krankenkassenkosten.
Missbrauch verhindern
Der Vorstand des SGB ortet zudem Missbrauch: Gut verdienende Freiberufler wie Ärzte, Notare oder Anwälte bezögen Einkommen in Form von Dividendenausschüttungen anstatt als Lohn. Dadurch entstünden der AHV geschätzte Verluste von 300 bis 350 Millionen Franken im Jahr. Diesen Missbrauch gelte es zu verhindern.
Weiter will der SGB-Vorstand das Mehrwertsteuer-Demografieprozent vollständig der AHV zukommen lassen. So war es in der abgelehnten Rentenreform bereits vorgesehen gewesen.
Forderungen stellt der SGB auch zur beruflichen Vorsorge. Die Gewerkschaften müssten eine Offensive lancieren gegen Profite in der zweiten Säule, so der Vorstand. Lebensversicherer dürften mit Sozialversicherungsleistungen keine Profite machen. Pensionskassen müssten Versicherte über Verwaltungskosten transparent informieren.
Risiken nicht auf Versicherte verlagern
Ebenso ist der SGB-Vorstand der Auffassung, dass die Kassen die mit dem Kapitalmarkt verbundene Risiken und auch das Risiko der Langlebigkeit nicht auf die Versicherten verlagern dürften. Hier müssten die Arbeitgeber ihre Verantwortung wahrnehmen.
Dritte Position im Diskussionspapier ist der soziale Schutz, namentlich für ältere Arbeitslose und Frauen. Mit der besseren Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienleben sollen die Einkommen der Frauen und auch deren Renten verbessert werden.
Viele Meinungen
Für ältere Arbeitslose fordert das SGB-Papier einen besseren Kündigungsschutz. Bei einem Stellenverlust kurz vor der Pensionierung müssten die Älteren bei ihrer bisherigen Pensionskasse bleiben können. Und mehr Menschen als heute, die mit körperlicher Belastung arbeiten, sollen vorzeitig in Rente gehen können.
Die Rentenreform ist auch in der Politik zurück auf dem Tisch. Vor einer Woche hatte Innenminister Alain Berset zu einem Meinungsaustausch für einen neuen Anlauf eingeladen.
Es herrsche Uneinigkeit über fast alles, stellte Berset nach dieser Gesprächsrunde fest. Weitgehend unbestritten war laut Berset, dass das Rentenniveau erhalten werden soll und dass die AHV zusätzliche Einnahmen braucht. (sda)