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Kampf um den Service Public: Zwei Monate vor der Abstimmung kommt die SRG immer mehr unter Druck

Kampf um den Service Public: Zwei Monate vor der Abstimmung kommt die SRG immer mehr unter Druck

Wirtschaftlich geht es dem gebührenfinanzierten SRG-Konzern prächtig – gefährlich werden könnte ihr die anlaufende Debatte um den Service public in der Schweiz.
07.04.2015, 09:0907.04.2015, 09:27
benno tuchschmid / aargauer zeitung
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Aargauer Zeitung

Zwei Monate vor der Abstimmung über das neue Radio- und Fernsehgesetz füllen sich die Töpfe der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) weiter. 2014 stiegen die Gebühreneinnahmen der SRG gegenüber dem Vorjahr um 7,2 Millionen Franken. Im Vergleich zum Jahr 2000 stehen heute zusätzliche 149,6 Millionen Franken Empfangsgebühren zur Verfügung – dank des Bevölkerungswachstums. Dies geht aus den neusten Zahlen der SRG hervor. Auch bei den Werbeeinnahmen konnte die SRG 2014 ein Plus von 11,7 Millionen verzeichnen. Doch genau diese sprudelnden Einnahmen könnten der SRG politischen Ärger einbringen. 

Hauptquartier in Leutschenbach: Zur Diskussion steht nicht weniger als die Zukunft der SRG.
Hauptquartier in Leutschenbach: Zur Diskussion steht nicht weniger als die Zukunft der SRG.Bild: KEYSTONE

Denn im anlaufenden Abstimmungskampf um das Radio- und TV-Gesetz wird immer mehr die künftige Rolle der SRG zum Streitpunkt. Insbesondere die privaten Medienkonzerne fordern eine Neudefinition des Service public – und eine Schrumpfkur für die SRG. Die Diskussion kratzt am Fundament des gebührenfinanzierten Medienkonzerns, wie es heute existiert. Die «Nordwestschweiz» nimmt die Debatte zum Anlass, um in einer Serie den Mediengiganten SRG zu beleuchten. 

Auf dem Papier ist es ganz einfach: Im Juni stimmt das Schweizer Stimmvolk über eine Neuorganisation der staatlichen Medienfinanzierung ab. Doch der Abstimmungskampf, der zwei Monate vor dem Volksentscheid bereits angelaufen ist, zeigt: Es geht längst um mehr als um Billag-Kontrolleure, Schwarzseher und Gebühren. Es geht um die Frage, was die öffentlich finanzierten Medien in der Schweiz senden sollen und was sie besser den Privaten überlassen. Also um den Begriff Service public. Es geht um die Krux, wie sehr sich die SRG im Internet breitmachen und ob sie dort Geld verdienen darf. Dahinter verbirgt sich die fundamentale Frage, wie weit Medien in der Schweiz reguliert sein sollen. Zur Diskussion steht nicht weniger als die Zukunft der SRG. 

Der Ausgang dieser Service-public-Diskussion ist weniger klar, als es der SRG lieb sein kann. Denn obwohl die Kanäle der SRG in alle Schweizer Haushalte in jedem Landesteil strahlen: Unter der Oberfläche ist die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft für die Bevölkerung ein unbekannter Riese. 

Die SRG besteht heute aus 6000 Mitarbeitern, die 17 Radio- und 7 TV-Sender produzieren. Jahresumsatz: 1,6 Milliarden Franken. Damit ist die SRG der bei weitem grösste Medienkonzern der Schweiz. Ein Gigant, der viel Platz einnimmt. Und deshalb sind die wohl grössten Gegner der SRG die vermeintlich Verbündeten in diesem Abstimmungskampf: Die privaten Medienkonzerne, zu denen auch die AZ Medien gehört, welche die «Nordwestschweiz» herausgibt. Die SRG und die privaten Konzerne befinden sich auf Konfrontationskurs. 

Zum einen, weil im lange wenig umkämpften TV-Bereich heute mit der 3 Plus Group, den AZ Medien und weiteren Wettbewerbern Private relativ erfolgreich agieren und die SRG mit ihren 1,2 Milliarden Franken Gebührengeldern pro Jahr als marktverzerrenden Monopolisten sehen. Zum anderen, weil die traditionellen Kanäle immer mehr verschwimmen. Sowohl das sogenannt lineare TV, also der klassische Fernsehkanal mit dem 24-Stunden-Programm, wie auch die auf Papier gedruckte Zeitung, sind in einem starken Wandel. Die Zukunft ist für alle das Internet. Und dort wird die SRG für die Privaten zur direkten, gebührenfinanzierten Konkurrenz. 

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Kalter Krieg zwischen den Verlegern und der SRG

Ende Februar prallten die Kontrahenten bereits aufeinander. In einer Anhörung der eidgenössischen Medienkommission (Emek), welche den Bundesrat in medienpolitischen Fragen berät, äusserten sich sowohl die grössten Medienhäuser wie auch die SRG über die künftige Definition des Service public. Die Standpunkte könnten nicht weiter auseinanderliegen. Die SRG will am Status quo festhalten. «Warum wollen Kritiker alles, was Spass macht, aus dem Service public verbannen?», fragte SRG-Direktor Roger de Weck am Samstag im «Tages-Anzeiger». 

Die privaten Medienhäuser wünschen sich dagegen ein viel engeres Korsett. Pietro Supino, Verleger des Medienkonzerns Tamedia, forderte letzte Woche in einem Essay in der NZZ, dass sich die SRG-Kanäle auf «Beiträge von staatspolitischer Bedeutung» konzentrieren, die auf dem freien Markt nicht im «gewünschten Ausmass oder in der gewünschten Qualität» angeboten würden. In einigen Verlagshäusern wünscht man sich deshalb ein möglichst knappes Abstimmungsresultat im Juni. In der Politik findet dieser Wunsch mittlerweile weit über die SVP hinaus Unterstützung. Auf die SRG kommen unruhige Zeiten zu.

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