Elizabeth Warren hat bekanntlich für alles einen Plan. Doch sie ist überhaupt kein Fan der Planwirtschaft. Sie sei «ein Kapitalist bis zum hintersten Knochen», pflegt sie regelmässig zu betonen. Ihre Vorbilder sind weder Marx noch Mao, sie orientiert sich vielmehr an den amerikanischen Progressives.
Die Progressives entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Gegenreaktion auf die «Gaunerbarone». Darunter verstand man die Monopolisten wie John Rockefeller (Öl), JP Morgan (Bank), Cornelius Vanderbilt (Eisenbahn) oder Mellon Carnegie (Stahl). Die Gaunerbarone hatten im sogenannten «goldenen Zeitalter» die amerikanische Wirtschaft in einem extremen Masse monopolisiert und wurden dank dieser Monopolmacht auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger steinreich.
Die Progressives machten sich daran, diese Monopole zu zerschlagen, allen voran Theodore Roosevelt, der von 1901 bis 1909 im Weissen Haus sass. Seine wichtigste Tat war die Aufteilung der Standard Oil Company, des allmächtigen Ölkonzerns von John Rockefeller.
Monopolisierung ist auch im digitalen Zeitalter das herausragende Merkmal der Marktwirtschaft geworden. Die Tech-Giganten von Apple über Amazon bis Google und Facebook haben sich den Markt mehr oder weniger aufgeteilt. Der Kampf gegen diese neuen Tech-Monopole ist denn auch eines der zentralen Anliegen von Warren.
Dabei soll es jedoch bei weitem nicht bleiben. Warren will auch die Macht der Stromerzeuger und der Banken brechen. Sie will das Fracking verbieten und innerhalb von 15 Jahren die USA vom CO2 befreien. Arbeitnehmer sollen bis zu 40 Prozent im Verwaltungsrat von Unternehmen vertreten sein, private Krankenkassen einer staatlichen Einheitskasse Platz machen, die Preise für Medikamente massiv gesenkt und Studienplätze an Universitäten gratis werden.
Mit diesen Plänen unterscheidet sich Warren radikal von Joe Biden, ihrem wichtigsten Rivalen im Feld der demokratischen Kandidaten. Der ehemalige Vize-Präsident sieht in Trump die Wurzel allen Übels.
Biden will zu den idyllischen Zuständen der Obama-Ära zurückkehren. Warren hingegen strebt eine Neuordnung der amerikanischen Wirtschaft und der Vermögensverteilung an. Es ist daher nicht erstaunlich, dass ein radikaler Umbau des Steuersystems ebenfalls zu Warrens Plänen gehört. Das «Wall Street Journal» fasst sie wie folgt zusammen:
Dass Warren mit diesen Plänen nicht wirklich auf Begeisterung beim Wirtschafts-Establishment stösst, ist nicht weiter erstaunlich. Nicht nur Mark Zuckerberg hat geschworen, die Senatorin mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen. «Sollte sie Präsidentin werden, dann werden wir sie vor Gericht zerren, und ich bin sicher, dass wir den juristischen Streit gewinnen werden», erklärte der Facebook-Boss.
Ähnlich tönt es bei Bankern, Krankenkassenvertretern und Pharma-Managern. Sie alle jammern, dass Warrens Pläne Investitionen verhindern und den Wohlstand mindern würden.
Die Klagen der Business-Vertreter stehen jedoch ökonomisch gesehen auf wackligen Füssen. Was Warren fordert, ist in vielen Ländern Europas längst Tatsache, vor allem in Skandinavien. Dänen, Schweden, Norweger und Finnen leben bestens damit und zählen zu den glücklichsten Menschen auf diesem Planeten.
Was die Innovation betrifft, kann man genauso gut das Gegenteil belegen. So waren Google und Facebook erst möglich, nachdem die Monopolmacht von Microsoft stark eingeschränkt worden war. «Das Zerschlagen der Tech-Giganten stärkt das Wachstum und die Innovation», erklärt daher Bharat Ramamurti, der Chef von Warrens Wirtschaftsteam.
Warren selbst lässt sich nicht so einfach als naive Sozialistin abstempeln. Sie war ursprünglich Mitglied der Republikanischen Partei und war Rechtsprofessorin an der Harvard University. Sie kennt das Wesen der Marktwirtschaft bestens. Ihr Credo lautet deshalb:
Biden als Kandidat wär einfach Clinton mit Schniedel. Dann gewinnt Trump wieder, egal, wie daneben er sich benimmt.
Warren hingegen hat Ideen, die zwar beim Establishment nicht gut ankommen (genau die, die von Biden vertreten würden), aber bei den Amis zunehmend auf offene Ohren stossen.
Und Zuckerberg soll mal schön still sein. Dass dessen Imperium zerschlagen wird, ist überfällig (nur schon die Akquise von Whatsapp und Instagram hätte verhindert werden sollen).
Ich drück' Warren die Daumen!
Sie hat einen weiten Weg vor sich, aber ich glaube für die Mehrheit der Amerikaner ist es wert diesen Wert zu gehen.