In seiner Sendung vom 16. November 2014 machte Beobachter TV den Fall von Ernst Suter aus Dürnten publik, der jahrelang massiv zu hoch eingeschätzt wurde. Der Fall warf hohe Wellen, Gemeinde und Kanton verzichteten schliesslich auf die noch ausstehenden Steuern. Die Dürntner Bevölkerung solidarisierte sich mit ihrem hilflosen Mitbürger und verlangte eine Rückzahlung.
Nun zeigen neue Recherchen von Beobachter TV: Ernst Suter ist kein Einzelfall. Bei einer psychisch kranken Frau aus Männedorf gingen die Steuerbehörden noch härter vor. Die Anästhesie-Ärztin ist seit Jahren depressiv und sah sich deshalb ausserstande, ihre administrativen Angelegenheiten zu bewältigen.
Nach einem Schicksalsschlag hörte die Frau 1999 auf, ihre Steuererklärungen auszufüllen. Wie das genau passieren konnte, kann sie sich heute nicht mehr erklären, wie sie erzählt. Klar ist jedoch: Die massiven Steuerforderungen haben die Frau beinahe zerstört.
Weil sie keine Steuererklärung einreichte, veranlagte das Steueramt Simone Stöhr Jahr für Jahr nach Ermessen. Ohne weitere Abklärungen erhöhte das Amt die Beträge bis zu grotesken 750’000 Franken – bei einem Jahreseinkommen von 250’000 Franken.
Und so türmten sich die Steuerforderungen zuletzt auf insgesamt 1,8 Millionen Franken. Der Fiskus trieb das Geld gnadenlos ein, pfändete Lohn und Altersrente und liess die psychisch kranke Frau sogar polizeilich vorführen.
Wie kann eine Ärztin so hoch eingeschätzt werden? Auch das kann sich Simone Stöhr nicht erklären. «Dass es Strafen gibt für nicht eingereichte Steuererklärungen ist klar, aber dass diese so hoch ausfallen, verstehe ich nicht», sagt sie.
Inzwischen pensioniert, lebt die einst finanziell gut gestellte Frau am Existenzminimum und ist bis zum Lebensende ruiniert.
Konfrontiert mit der Recherche sagt der Gemeindepräsident von Männedorf, für ihn stelle sich die Frage, warum die Ärztin keine Steuererklärung abgeliefert habe. Eingeschätzt werde man aufgrund von Erfahrungswerten. Was eine Ärztin verdiene, können man in etwa abschätzen. Und er ergänzt: «Frau Stöhr hätte jederzeit eine Einsprache machen können.»
Doch dann kommt die Wende: Die Gemeinde Männedorf zeigt sich einsichtig: Vorerst werden sämtliche Betreibungen zurückgezogen, knapp 120'000 Franken Schulden werden ausgesetzt. Und auch das kantonale Steueramt bescheinigt: Sämtliche Betreibungen aus den Bundessteuern werden ausgesetzt.
(egg)