Lance Armstrong flog so hoch wie nur wenige Sportler – und fiel ganz tief. Der 48-jährige Amerikaner dominierte um die Jahrtausendwende die Tour de France. Zwischen 1999 und 2005 gewann er das berühmteste Radrennen der Welt sieben Mal in Folge. Dopinggerüchte waren ein ständiger Begleiter, doch überführt wurde Armstrong erst Jahre später. Ein Abgrund tat sich auf: Lance Armstrong, das war klar, war der König aller Doper.
In einer neuen Dokumentation des TV-Senders ESPN, die nächste Woche in den USA ausgestrahlt wird, verrät Armstrong nun neue Einzelheiten zu seiner Karriere. «Wahrscheinlich mit 21 Jahren» habe er begonnen, zu Doping zu greifen, antwortet Armstrong nach einer langen Pause auf die entsprechende Frage. Das bedeutet: Beim sensationellen Triumph im WM-Rennen 1993 in Oslo war der Texaner wohl nicht «sauber».
Er habe während seiner gesamten Laufbahn immer gewusst, was man ihm gespritzt habe, betont Armstrong, auch als junger Sportler. «Natürlich. Ich wollte es immer wissen und ich wusste es auch immer. Die Entscheidung lag stets bei mir. Niemand sagte mir: ‹Los, stelle keine Fragen und nimm das.›»
1996 erkrankte Lance Armstrong an Hodenkrebs. Umso wundersamer war seine Rückkehr in den Radsport, dem er, mittlerweile geheilt, den Stempel aufdrückte. Mit den gelben Armbändern, die er für seine Stiftung verkaufte und für die er Millionen sammelte, wurde er zur Ikone im Kampf gegen den Krebs. «Ihr tut mir leid, wenn ihr nicht an Grosses denken und an Wunder glauben könnt», log er Skeptiker auf dem Siegerpodest der Tour brandschwarz an.
In der ESPN-Dokumention wird Armstrong gefragt, ob er einen Zusammenhang zwischen Doping und der Krebserkrankung sehe. «Ich kenne die Antwort darauf nicht», sagt er. «Ich weiss nicht, ob ich deswegen an Krebs erkrankt bin. Aber ich will es ganz sicher nicht ausschliessen.» Das Einzige, was er mit Sicherheit sagen könne, sei, dass er nur 1996 Wachstumshormone genommen habe, führt er weiter aus. Da stelle er sich schon Gedanken an. «Die Hormone sorgen dafür, dass etwas Gutes wächst, etwas, was man will. Aber würde es nicht auch Sinn ergeben, wenn auch etwas Schlechtes wächst, sofern es da ist?»
Nach jahrelangen Ermittlungen war Lance Armstrong 2012 von der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA angeklagt und gesperrt worden. Der Star dementierte alle Vorwürfe. Doch der Weltverband UCI glaubte den Beweisen und eidesstattlichen Aussagen ehemaliger Teamkollegen. Alle Siege seit dem 1. August 1998 wurden Armstrong aberkannt, und er wurde lebenslänglich gesperrt. Im Januar 2013 gab er bei Talkmasterin Oprah Winfrey zu, dass er bei seinen grossen Siegen an der Tour de France gedopt gewesen war.
Nichtsdestotrotz schaue ich trotzdem Velorennen, weil es, ob mit oder ohne, eine sehr anspruchsvolle Sportart ist. Freue mich schon auf die Tour de France am 29. August..