Seit Jahren sorgt eine Ampel für hitzige Diskussionen. Dabei geht es allerdings nicht um den Verkehr, sondern um Ernährung. Mit einer Kennzeichnung sollen Konsumenten möglichst rasch erfahren, ob ein Lebensmittel gesund ist, oder ob es sich etwa um eine Kalorienbombe handelt.
Ansätze und Ideen in Form von Ampeln oder Pyramiden kursieren schon länger. Derzeit sieht es so aus, als würde sich in Europa die Ampel namens Nutri-Score durchsetzen. Auch in der Schweiz empfiehlt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit den Firmen, auf dieses Label zu setzen. Weder in der Schweiz noch in Europa gibt es jedoch eine gesetzliche Pflicht dazu.
Obwohl die Lebensmittel-Ampel also freiwillig ist, lehnen hierzulande die grossen Detailhändler wie Migros und Coop und zahlreiche Hersteller wie Emmi die Nutri-Score ab. Mit Nestlé schert nun ein wichtiger Player aus. Das Unternehmen wird ab Ende Jahr in der Schweiz auf ersten Produkten die Lebensmittel-Ampel einführen. Das Gleiche plant der Konzern auch in Frankreich und Belgien, da sich beide Länder ebenfalls für dieses System ausgesprochen haben.
Vor Nestlé hat bereits der französische Konkurrent Danone erste Produkte in der Schweiz mit der Nutri-Score versehen. Nestlé ist jedoch in der Schweiz der gewichtigere Player als Danone. «Wir wollen den Konsumenten einfache, leicht verständliche Informationen zum Nährwert unserer Produkte bieten», begründet Nestlé seinen Entscheid.
Derweil freut sich Danone, einen Mitstreiter gewonnen zu haben, wie ein Sprecher sagt. Im Gegensatz zu anderen Systemen biete die Nutri-Score einen schnellen Überblick und erleichtere im direkten Vergleich die Auswahl von Produkten. «Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Nutri-Score den Konsumenten eine Orientierung geben kann und eine positive Wirkung auf das Einkaufsverhalten hat», sagt der Sprecher.
Die grossen Detailhändler wie Coop, Migros, Manor und Denner lehnen die Ampel ab. Sie lassen sich in dieser Frage von der IG Detailhandel vertreten. «Wir bevorzugen die heute bestehenden Informationen über Lebensmittel», sagt Geschäftsführer Patrick Marty.
Zwar begrüsse sein Verband transparente Informationen über Lebensmittel. Jedoch handle es sich bei der Nutri-Score um eine zu starke Vereinfachung. Die Ampel teile in «gut» und «böse» ein, ohne die einzelnen Bedürfnisse der Konsumenten zu berücksichtigen. Zudem sei der Zeitpunkt der Einführung unglücklich. «Eine einheitliche europäische Lösung ist vorerst nicht in Sicht», sagt Marty.
Zu den Gegnern zählen auch zahlreiche Hersteller, die in der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien zusammengeschlossen sind. Dazu gehören etwa Emmi, Lindt & Sprüngli, Hero oder Hug. Mit Nestlé ist nun ein prominentes Mitglied aus dieser Allianz ausgeschert.
Die Ampel ignoriere den Umstand, dass in einer ausgewogenen Ernährung alle Lebensmittel ihren Platz hätten, wenn sie im richtigen Mass genossen würden, schreibt der Verband. Somit könnten wertvolle Lebensmittel diskriminiert werden, wenn die Konsumenten nicht darüber aufgeklärt würden, wie die Bewertung zu interpretieren sei.
Die Stiftung für Konsumentenschutz freut sich dagegen über den Entscheid von Nestlé. Dieser verschaffe dem Anliegen einer vereinfachten Kennzeichnung der Nährwerte einen grossen Schub, sagt Geschäftsleiterin Sara Stalder. Nun müssten Coop und Migros nachziehen. «Es passt gar nicht zum kundennahen Imagemäntelchen, das sich die beiden orangen Riesen gerne umhängen», sagt Stalder.
Prinzipiell fände ich das Ampelsystem gut. Nur wird es missbraucht werden bis man dem nicht mehr glauben kann.