Warum dieser NZZ-Artikel für einen Shitstorm sorgte – und er von Maassen retweetet wurde
Gestern Dienstag veröffentlichte die NZZ einen Artikel mit dem Titel «In deutschen Städten sieht die Mehrheitsgesellschaft ihrem Ende entgegen». Verfasst wurde er von Michael Rasch, NZZ-Wirtschaftskorrespondent aus Frankfurt. Folgend ein kurzer Auszug aus dem Text:
In Frankfurt am Main, Offenbach, Heilbronn, Sindelfingen und anderen Städten seien Deutsche ohne Migrationshintergrund zwar noch die grösste Gruppe – die absolute Mehrheit stellten sie jedoch nicht mehr, führt der Autor weiter aus.
Raschs Artikel schlug Wellen – und das bis nach Deutschland. Nicht zuletzt weil er im Verlaufe des Tages vom früheren deutschen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maassen auf Twitter geteilt wurde – zusammen mit dem Text: «Für mich ist die NZZ so etwas wie Westfernsehen.»
Für mich ist die NZZ so etwas wie „Westfernsehen“. (hgm) https://t.co/XAom2oKVbR
— Hans-Georg Maaßen (@HGMaassen) 9. Juli 2019
Maassens Retweet und seine damit verbundene indirekte Kritik an den Deutschen Medien löste einen Sturm der Entrüstung aus. Der Grünen-Politiker Volker Beck etwa erwiderte: «Wir haben also nach Ihrer Ansicht, geschätzter Herr Maassen, in Deutschland Zensur & staatlich gelenkte Medien wie in der DDR? Habe ich Sie richtig verstanden, dass damit die FDGO (Anm.: freiheitliche demokratische Grundordnung), die Sie als Verfassungsschutzpräsident schützen sollten, Ihrer Meinung bereits ausser Kraft ist?»
Ich fasse zusammen: Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland Zensur und staatlich gelenkte Medien nach Art der DDR-Diktatur. Und die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Herr Maaßen schützen sollte, ist längst schon außer Kraft. Habe ich das alles richtig verstanden? https://t.co/SsNYJc36QC
— Frank Sarfeld 🇪🇺🇪🇺 (@sarfeld) 9. Juli 2019
Wir haben also nach Ihrer Ansicht, geschätzter Herr @HGMaassen, in Deutschland Zensur & staatlich gelenkte Medien wie in der DDR? Habe ich Sie richtig verstanden, dass damit die FDGO, die Sie als Verfassungsschutzpräsident schützen sollten, Ihrer Meinung bereits außer Kraft ist?
— Volker Beck (@Volker_Beck) 9. Juli 2019
Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz meinte: «Ein früherer Präsident des Verfassungsschutzes vergleicht die deutschen Medien mit der SED-Einheitspresse. Bisher brüllten nur die völkisch-nationalistische AfD und Pegida ‹Lügenpresse›. Die sog. ‹WerteUnion› verliert völlig die Orientierung.»
Maassen ist Mitglied der CDU und der Werte-Union, die sich als konservative Strömung in der Union versteht.
Ein früherer Präsident des Verfassungsschutzes vergleicht die deutschen Medien mit der SED-Einheitspresse. Bisher brüllten nur die völkisch-nationalistische #AfD und #Pegida „Lügenpresse“ . Die sog. „Werte“Union verliert völlig die Orientierung.... https://t.co/9YDYc5jIgS
— Ruprecht Polenz (@polenz_r) 9. Juli 2019
Jemand wie sie war mal "Verfassungsschützer". Mich gruselt es. Jeder Tweet von Ihnen ist ein Gruselkabinett. Und jedesmal frage ich mich: Wie viele Menschen sitzen noch in den Geheimdiensten mit diesem rechten, verschwörungstheoretischen Weltbild?
— Niema Movassat (@NiemaMovassat) 9. Juli 2019
Auch in der Schweiz wurde der NZZ-Artikel von vielen Seiten kritisiert. So twitterte SP-Nationalrat Cédric Wermuth: «Keine Grenzen mehr nach Rechts für die NZZ».
Boah. Keine Grenzen mehr nach Rechts für die @nzz. Gibts dort eigentlich irgendwo noch ein paar Liberale, denen das wenigstens langsam peinlich ist? @NeuhausC oder so? https://t.co/uTs84m8SLb
— Cédric Wermuth (@cedricwermuth) 9. Juli 2019
Der Begriff „Mehrheitsgesellschaft“ ist genauso schwachsinnig wie „Klimaleugner“. Abgesehen davon werden in dem Artikel lediglich banale Tatsachen referiert...
— Stefan Sehl (@linuslonely) 9. Juli 2019
Besonders kritisiert wurden die Ausdrücke «Ur-Deutsche» und «Bio-Deutsche», die in einer ersten Fassung des Artikels verwendet wurden. Gemäss der NZZ wurde der Artikel vor Redigierung veröffentlicht, in einer zweiten Fassung waren die Begriffe geändert.
Die @NZZ entdeckt die Rassenlehre: Statistiken über "Ur-Deutsche" und "Bio-Deutsche" und deren Anteil an der Gesellschaft. Ich weiss gar nicht, wie ich das kommentieren soll... https://t.co/FYeMIdOUuh
— Michael Heim (@Michael_Heim) 9. Juli 2019
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA
