Erdogan stellt bei Grosskundgebung Todesstrafe in Aussicht

Erdogan stellt bei Grosskundgebung Todesstrafe in Aussicht

07.08.2016, 21:00

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat bei einer Grosskundgebung in Istanbul gegen den Putschversuch vor drei Wochen erneut die Einführung der Todesstrafe in Aussicht gestellt. Wenn das Volk diese wolle, würden die Parteien seinem Willen folgen, sagte er.

Erdogan ging mit seiner Äusserung am Sonntag vor Hunderttausenden offenbar auf die Rufe von Demonstrationsteilnehmern ein, die lauthals «Todesstrafe» skandierten. Der türkische Präsident hob überdies hervor, dass «die meisten Länder» die Todesstrafe anwendeten.

Die Europäische Union hatte allerdings wiederholt davor gewarnt, dass eine Einführung der Todesstrafe in der Türkei ein Ende der Beitrittsverhandlungen bedeuten würde.

Die Kundgebung auf dem Istanbuler Yenikapi-Platz stand unter dem Motto «Demokratie und Märtyrer». Neben Erdogans islamisch-konservativer Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) hatten auch die Oppositionsparteien CHP - kemalistisch-sozialdemokratisch - und MHP - ultranationalistisch - ihre Teilnahme zugesagt.

Kurdenpartei nicht eingeladen

Nicht eingeladen wurde die pro-kurdische HDP. Erdogan wirft der zweitgrössten Oppositionspartei im Parlament Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vor.

Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, an der Grosskundgebung hätten rund fünf Millionen Menschen teilgenommen. Anwesende sprachen zwar ebenfalls von einer Millionenzahl, hielten fünf Millionen allerdings für übertrieben.

Bei dem gescheiterten Putsch am 15. Juli waren mindestens 273 Menschen getötet worden, darunter nach Darstellung der Regierung 239 «Märtyrer», also Zivilisten und regierungstreue Sicherheitskräfte.

Erdogan machte die Bewegung eines einstigen Verbündeten, des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen, für den Putschversuch verantwortlich. Der Präsident reagierte mit der Verhängung des Ausnahmezustands auf den Putschversuch. Seither wurden mehr als 60'000 Menschen verhaftet oder entlassen, darunter Richter, Staatsanwälte und Journalisten.

International stösst das Vorgehen auf scharfe Kritik, Erdogan wird auch vorgeworfen, er strebe eine autoritäre Alleinherrschaft an. (sda/afp/dpa/reu)

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