Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier mahnt die Schweiz für die angelaufenen Gespräche mit der EU zu Geduld und Beharrlichkeit - trotz Zeitdrucks. Abstriche am Grundsatz der Personenfreizügigkeit will Berlin aber nicht akzeptieren.
«Das Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz ist mir persönlich und der deutschen Regierung wichtig», sagte Steinmeier am Montag vor den Medien in Bern nach einem Treffen mit Bundesrat Didier Burkhalter. Er werde die Schweiz bei den Diskussionen über ihre künftigen Beziehungen zur EU unterstützen.
Zugeständnisse machte Steinmeier jedoch nicht. Die Schweiz müsse respektieren, dass «wir bestimmte Grundentscheidungen in der Europäischen Union getroffen haben, dazu gehört die Freizügigkeit». Er riet dazu, die Gespräche fortzusetzen.
«Ergebnisse werden nicht vom Himmel fallen und nicht über Nacht kommen», sagte Steinmeier. Er hoffe aber und setze darauf, dass es eine Verständigung geben werde.
Mit EU über Modalitäten verhandeln
Die SVP-Zuwanderungsinitiative mit einer Schutzklausel umzusetzen, wie dies der frühere Schweizer Spitzendiplomat Michael Ambühl eingebracht hatte, ist laut Steinmeier «die entscheidende Frage, die in der Schweiz immer wieder gestellt wird». Man könne sie aber nicht am Anfang der Konsultationen beantworten.
«Man muss die Debatte vom Kopf auf die Füsse stellen und nicht versuchen, die entscheidende Schlussfrage am Anfang zu beantworten», sagte Steinmeier. Burkhalter ergänzte, dass die anlaufenden Gespräche genau zeigen würden, ob und wo es etwas zu verhandeln gebe. Über den Grundsatz werde die EU wohl nicht diskutieren - «über die Modalitäten aber schon».
Der Vorsteher des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) möchte bei den Diskussionen die Nachbarstaaten eng miteinbeziehen. Insbesondere Deutschland sei als Partner sehr wichtig. Burkhalter gab bekannt, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel der Schweiz am 3. September einen offiziellen Besuch abstatten wird.
Es gibt grössere Probleme
Der deutsche Aussenminister machte klar, dass ein gutes Verhältnis der Schweiz zur EU wichtig sei, Europa im Moment aber grössere Krisen zu bewältigen habe - namentlich die Lage in Griechenland, Syrien und vor allem die aktuelle Flüchtlingssituation.
Die Migrationsbewegung sei denn auch das dominierende Thema gewesen am Aussenministertreffen der vier deutschsprachigen Länder am Sonntag in Neuenburg und an den bilateralen Gesprächen am Montag im Von-Wattenwyl-Haus in Bern.
«Wir müssen versuchen, unseren Bevölkerungen deutlich zu machen, das sich dieses Thema nicht über Nacht verändern wird», sagte Steinmeier. Millionen seien auf der Flucht, die Zahlen seien bedeutsam.
Lob für Einsatz in Ukraine-Krise
Steinmeier lobte die Schweiz in diesem Zusammenhang für ihre engagierte Friedenspolitik. In vielen Gebieten, darunter beim Ringen um eine Lösung für den Syrien-Konflikt sowie beim Umgang mit dem Iran, gebe es eine enge Kooperation.
Zudem habe sich die Schweiz 2014 während ihres turnusmässigen Vorsitzes der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gemeinsam mit Deutschland intensiv um eine friedliche Lösung für den Konflikt in der Ostukraine bemüht. Deutschland übernimmt den OSZE-Vorsitz im kommenden Jahr.
Burkhalter sagte, dass es auch künftig einen regelmässigen Austausch zwischen der Schweiz und Deutschland geben werde in der Friedenspolitik, beispielsweise bei der Mediation und bei der Konfliktprävention in Palästina, Tunesien, Syrien oder Libyen. (sda/dpa)