Niederlande stehen nach Wahl vor schwieriger Regierungsbildung

Niederlande stehen nach Wahl vor schwieriger Regierungsbildung

16.03.2017, 09:12

In den Niederlanden zeichnet sich nach der Parlamentswahl eine schwierige Regierungsbildung ab. Der Partei von Ministerpräsident Mark Rutte gelang es nach Auszählung von 95 Prozent der Stimmen, den rechtspopulistischen Herausforderer Geert Wilders klar abzuwehren.

Seine bisherige Koalition mit den Sozialdemokraten kann der seit 2010 amtierende Premier allerdings nicht fortsetzen. Der Bündnispartner wurde massiv abgestraft und erlitt eine in der niederländischen Parlamentsgeschichte beispiellose Niederlage.

Das Endergebnis der Wahl, bei der knapp 13 Millionen Niederländer stimmberechtigt waren, verzögerte sich am Donnerstag noch. Die Auszählung der Reststimmen könne sich möglicherweise bis Freitag hinziehen, berichtete die Nachrichtenagentur ANP.

Die Abstimmung in den Niederlanden war der Auftakt des europäischen Superwahljahrs 2017 - ein grosser Erfolg von Wilders wäre als Rückschlag für die Europäische Union gewertet worden.

Ein Wilders-Effekt hätte ausserdem populistischen Parteien und Bewegungen vor den kommenden Wahlen Aufwind gegeben. Weitere Etappen sind jetzt die Präsidentschaftswahlen in Frankreich im April/Mai und die Bundestagswahl im September.

Hohe Wahlbeteiligung

Dass Wilders den zeitweise für möglich gehaltenen Wahlsieg nicht schaffte, lag nach Angaben von Wahlforschern auch an der hohen Wahlbeteiligung. Sie lag nach letzten Angaben bei knapp 78 Prozent.

Als grosser Gewinner gingen die Grünen aus dem Wahlabend hervor. Sie konnten ihr Ergebnis im Vergleich zu 2012 vervierfachen und wurden in der Hauptstadt Amsterdam sogar stärkste Partei.

Da Rutte eine Koalition mit der PVV von Wilders ausgeschlossen hat, wird die niederländische Regierung künftig aus einem Bündnis von mindestens vier Parteien bestehen. Rutte könnte beispielsweise mit den Christdemokraten (CDA), der linksliberalen D66 und dem bisherigen Partner PvdA zusammenarbeiten.

Alternativ könnte er statt der Sozialdemokraten auch die Grünen oder die ChristenUnion (CU) mit ins Boot holen. Notwendig für die Regierungsbildung sind 76 der 150 Parlamentssitze. Ruttes Partei steht derzeit bei 33 Sitzen.

Keine Sperrklausel

Auf der Grundlage von 95 Prozent der Stimmen ergab sich am Morgen folgendes Bild: Die rechtsliberale Partei von Rutte liegt mit 21.3 Prozent klar vorn, obwohl sie im Vergleich zur vorigen Wahl 2012 deutlich verlor. Danach folgt die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders mit 13.1 Prozent.

Auf dem dritten Platz liegen mit 12.4 Prozent die Christdemokraten (CDA). Knapp dahinter kommen die linksliberalen D66 mit 12.1 Prozent sowie die Sozialisten (SP) mit 9.1 Prozent und GroenLinks mit 9.0 Prozent. Die ChristenUnion (CU) lag zuletzt bei 3.4 Prozent.

Da es in den Niederlanden keine Sperrklausel gibt, reicht ein kleiner Anteil der Stimmen aus, um einen Platz in der «Tweede Kamer» (Zweiten Kammer) zu erobern. Die Regierungsbildung könnte sich nun entsprechend schwierig gestalten.

«Nächstes mal werden wir die Nummer 1»

«Wir gehören zu den Gewinnern der Wahl, aber ich wäre natürlich gern die grösste Partei geworden», gab Wilders in Den Haag zu. «Das sind nicht die 30 Sitze, auf die ich gehofft hatte.» Er schwor aber auch: «Herr Rutte ist mich nicht los!»

Wenn keiner mit ihm regieren wolle, werde er eben wieder Opposition machen und bei der nächsten Wahl einen neuen Anlauf nehmen. «Wir waren die drittgrösste Partei der Niederlande. Jetzt sind wir die zweitgrösste. Nächstes Mal werden wir die Nummer 1!», gab sich Wilders am Donnerstagmorgen kämpferisch.

Rutte sagte: «Das war heute ein Fest für die Demokratie.» Der Wähler habe Nein gesagt «zu der falschen Art von Populismus».

Wilders hatte im Wahlkampf angekündigt, die Niederlande aus der EU führen zu wolllen. Er lag viele Monate in den Umfragen deutlich vorn. Der 53-Jährige bediente Ängste vor einer Zukunft in Europa, dem Verlust der nationalen Identität und dem Islam. Alle etablierten Parteien hatten eine Zusammenarbeit mit ihm allerdings ausgeschlossen. (sda/dpa/afp)

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