Im NSU-Prozess gegen mutmassliche deutsche Rechtsterroristen hat das Oberlandesgericht München die Entbindung der drei Pflichtverteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe abgelehnt. Es war befürchtet worden, dass der Mammut-Prozess wegen des Rückzugs platzen könnte.
Seine Entscheidung fällte das Gericht am Montag nach einer mehrstündigen, immer wieder unterbrochenen Sitzung.
Seit Beginn des NSU-Prozesses am 6. Mai 2013 hatte Zschäpe drei Pflichtverteidiger - Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm. Das Verhältnis Zschäpes mit diesen Verteidigern gilt seit langem als belastet. Sie hatte bereits vor einem Jahr deren Entbindung beantragt. Das Oberlandesgericht München liess kürzlich den Münchner Anwalt Mathias Grasel als vierten Pflichtverteidiger zu.
Der vorsitzende Richter Manfred Götzl sagte zur Begründung der Rückweisung, bei dem am Montagmorgen überraschend eingereichten Antrag der Zschäpe-Verteidiger fehle eine ausreichende Begründung, weshalb das Verhältnis der Rechtsanwälte zu Zschäpe zerrüttet sei.
Am Montag war der 219. Verhandlungstag des Mammut-Prozesses. Der einzige Zeuge dieses Tages, der Zschäpe schon bei seiner ersten Vernehmung belastetet hatte, wurde zunächst nicht aufgerufen.
Morde, Bombenanschläge, Raubüberfälle
Zschäpe muss sich in dem Verfahren für die zehn Morde verantworten, die die Bundesanwaltschaft dem «Nationalsozialistischen Untergrund» (NSU) vorwirft. Hinzu kommen zwei Bombenanschläge und 15 Raubüberfälle. Die Mordopfer waren türkisch- und griechischstämmige Einwanderer sowie eine deutsche Polizistin.
Laut der deutschen Bundesanwaltschaft bestand der NSU nur aus drei Personen: Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, die aus der thüringischen Stadt Jena stammten. Anfang 1998 tauchten sie unter, nachdem in einer Garage in Jena eine Bombenwerkstatt entdeckt worden war.
Wenn die Ermittler bereits nach diesem Fund 1998 richtig gehandelt hätten, wäre «der weitere Verlauf» mit hoher Wahrscheinlichkeit anders gewesen, sagte die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses des thüringische Landtages, Dorothea Marx, bei der Vorlage des Abschlussberichts im August vergangenen Jahres .Marx.
Brauner Sumpf bei den Behörden?
Polizei und Nachrichtendienste waren der Bande jahrelang nicht auf die Spur gekommen. Bei den Ermittlungen zu den damals so genannten «Döner-Morden» verfolgten sie völlig falsche Fährten. Bei Beobachtern kam somit der Verdacht auf, die Staatssicherheitsorgane und deren V-Männer in der rechtsextremen Szene hätten diese möglicherweise verschonen oder gar decken wollen.
Im November 2011 wurden Böhnhardt und Mundlos nach einem gescheiterten Banküberfall im thüringischen Eisenach in ihrem Wohnmobil tot aufgefunden.
Laut Ermittlern erschoss Mundlos erst Böhnhardt und dann sich selbst, als ihnen die Polizei auf den Fersen war. Zschäpe stellte sich wenige Tage später der Polizei. Sie steht seit Mai 2013 im Münchner NSU-Prozess als Hauptangeklagte vor Gericht und verweigert beharrlich die Aussage. (sda/dpa/afp/ru)