Bleibt mir fern, mit euren Kinderrotz-Guetzli
«Zimetstern, hani gern. Mailänderli au…» Schon als Kind musste ich in der Schule lügen, wenn ich diesen Weihnachtsklassiker mitträllerte. Damals wie heute hätte ich viel lieber gesungen:
Weil: Ich hasse Guetzli. Und zwar einfach alles daran.
Das fängt schon beim Guetzlen selbst an.
Nachdem man den Teig zubereitet hat, geht es nur noch bachab. Ausstechen. Was für eine langweilige, unbefriedigende Büez! Die noch dazu nie aufhört. Nie! Es bleibt immer ein bisschen Teig übrig. Egal wie oft man die Teigreste nochmals zusammenpampt, auswallt und Förmchen reindrückt. Das treibt mich in den Wahnsinn.
Aber dann, nach dem Backen, ist die Arbeit ja meistens noch nicht getan. Es muss noch Konfi rein. Oder man muss jedes einzelne Sternli bepinseln.
Anschliessend muss man im Keller Metallbüchsen suchen, die man das ganze Jahr über nur für diesen einen Moment gehortet hat. Oder noch mühsamer: Man muss die Guetzli einzeln in kleine Säckli verpacken, um sie weiter zu verschenken. Weil man ja unmöglich ganz allein 40 Kokosmakrönli, 65 Brunsli und 73 Chräbeli essen kann.
«Aber die Kinder haben Freude», entgegnen mir die Leute dann immer. Die Kinder? DIE KINDER? Die haben ganz besonders nichts in der Weihnachtsbäckerei zu suchen. Ist mir egal, was ein anderer Weihnachtshit mir einreden möchte.
Das Musikvideo des besagten Klassikers unterstützt meine These:
Im besten Fall verlieren die lieben Kinderlein nach ein, zwei ausgestochenen Sternli und Möndli die Lust und lassen einen mit dem Chaos in der Küche allein zurück, während sie im Nebenzimmer streiten. So soll das zumindest bei uns Zuhause gewesen sein, als unsere Mutter das erste und letzte Mal mit uns guetzlen wollte.
Noch schlimmer ist es aber, wenn die Kinder das Guetzlen tatsächlich lieben. Dann verschiebt sich das Elend an den Schluss der Prozedur: Jemand muss die Guetzli essen. Und dieser Jemand bin ganz bestimmt nicht ich! Ich habe keine Lust auf Böögg im Vanillekipferl. Oder auf Haare im Spitzbub.
«Aber ich habe geschaut, dass die Kinder die Hände gut waschen», pflegen Eltern zu entgegnen. Ist. Mir. Egal. Kinderhände sind schnell. Schneller als du gucken kannst. Da ein Fudi-Kratzen, dort ein Husten oder Niesen, hier ein Fingernägeli, das sich wenige Stunden davor mit Knete, Erde und Sand gefüllt hat und sich nun in den Teig gräbt. Danke, aber nein Danke!
Ich esse die Guetzli deiner Kleinen erst, wenn sie ihre Lehre angefangen haben. Aber auch dann nur aus reiner Höflichkeit, wenn sie mir mit grossen Augen voller Erwartung dabei zuschauen, wie ich eines «probiere».
Anschliessend werde ich versuchen, den Rest des Säcklis anderen unterzujubeln. Klappt das nicht, landet es in meiner Süssigkeitenschublade, aus der ich es erst im März wieder hervorholen werde. Um es zu entsorgen. So wie ich das auch mit den Säckli mache, die mir Erwachsene schenken. Weil für mich Guetzli alle gleich schmecken: nach staubtrockenem, krümeligem, viel zu süssem Teig, der einem die Tränen in die Augen treibt, weil man davon so fest husten muss.
Was für ein enttäuschendes Finale.
