Eritrea war am Mittwoch einmal mehr Thema im Parlament. Der Ständerat befasste sich mit parlamentarischen Vorstössen. Aussenminister Didier Burkhalter zeigte sich «schockiert» über die Haltung mancher Parlamentarier in Menschenrechtsfragen.
Die Diskussion angestossen hatten die Ständeräte Thomas Minder (parteilos/SH) und Philipp Müller (FDP/AG). Minder forderte, dass die Schweiz ihre Entwicklungshilfe verstärkt auf Länder wie Eritrea ausrichtet. Müller wollte vom Bundesrat wissen, ob die Schweiz über die Lage in Eritrea informiert sei.
In der Debatte bezog sich Müller auch auf den jüngsten Bericht einer UNO-Kommission. Laut diesem sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Eritrea an der Tagesordnung. Berichtet wird von Sklaverei, Folter und aussergerichtlichen Hinrichtungen. Die UNO-Kommission empfiehlt den Staaten, schutzsuchende Eritreer als Flüchtlinge aufzunehmen.
«Ich mag es nicht mehr hören»
Eritrea weise die Anschuldigungen zurück, sagte Müller. Doch die Medien übernähmen einseitig, was die UNO verlauten lasse. Minder stellte fest, der Bundesrat weise stets auf die eritreischen Gefängnisse und den fehlenden Zugang zu diesen hin. «Ich mag es nicht mehr hören», sagte er.
Burkhalter fragte, ob er sich bewusst sei, was er da sage. «Das schockiert und empört mich», sagte der Aussenminister. Die Schweiz sei das Land der Menschenrechte und der Genfer Konventionen. Über Menschenrechtsverletzungen dürfe sie nicht hinwegsehen. Das IKRK habe seit 10 Jahren keinen Fuss mehr in ein eritreisches Gefängnis setzen können. Niemand wisse, was in den Gefängnissen passiere.
Dialog braucht zwei Teilnehmer
Die Schweiz sei bereit, mit Eritrea einen Dialog zu führen, sagte Burkhalter weiter. Dafür brauche es aber den Willen von beiden Seiten. Eritrea müsse einverstanden sein, und das könne die Schweiz nicht beeinflussen. «Ich bin nicht Bundesrat in Eritrea, Gott sei Dank», sagte Burkhalter.
Einem bundesrätlichen Besuch in Eritrea, wie er immer wieder gefordert werde, sei er nicht abgeneigt. «Aber seien Sie nicht naiv»: Für einen solchen Besuch gebe gewisse Bedingungen. «Wir lassen uns nicht instrumentalisieren», sagte Burkhalter. Italien habe zweimal einen Vize-Minister nach Eritrea geschickt, dieser sei zweimal instrumentalisiert worden.
Keine raschen Fortschritte
Burkhalter wies weiter darauf hin, dass in anderen europäischen Ländern keine Diskussion darüber geführt werde, ob Menschen aus Eritrea Schutz erhalten sollten oder nicht. Man sei sich einig, dass es dauern werde, bis sich die Situation verbessere.
«Sie aber sagen, wir sollten hingehen, uns ein wenig umschauen, ohne Bedingung einige Millionen geben und dann Menschen zurückschicken», stellte der Aussenminister fest - ohne zu wissen, wie viele von ihnen in Gefängnissen verschwinden würden und was dort mit ihnen geschähe. Der Zugang zu Gefängnissen sei die minimale Bedingung dafür, dass es Fortschritte geben könne.
Entwicklungsprojekte behindert
Zur Entwicklungshilfe hatte der Bundesrat in seiner schriftlichen Antwort auf die Vorstösse festgehalten, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) habe ihre Präsenz in Eritrea wegen Schwierigkeiten mit den Behörden 2006 beendet. Die Projekte hätten nicht unabhängig und dem schweizerischen Standard entsprechend umgesetzt werden können.
Die Schweiz engagiere sich aber für den Schutz von Flüchtlingen eritreischer Herkunft in den Nachbarländern Eritreas, sagte Burkhalter. Zudem unterstütze sie seit Anfang Jahr ein Berufsbildungsprojekt für junge Menschen in Eritrea.
Die Interpellation von Müller ist mit der Diskussion erledigt. Den Vorstoss von Minder hat der Ständerat zur Vorprüfung an seine Kommission zurückgeschickt. Er wird später darüber befinden. (sda)