Israelisches Siedlergesetz löst internationale Kritik aus

Israelisches Siedlergesetz löst internationale Kritik aus

07.02.2017, 17:40

Die Verabschiedung eines Gesetzes zur nachträglichen Legalisierung israelischer Siedlungen im besetzten Westjordanland hat international Kritik ausgelöst. Mit dem Gesetz werde eine «sehr dicke rote Linie» überschritten, sagte der UNO-Sondergesandte Nikolai Mladenow.

Das am Montagabend vom israelischen Parlament beschlossene Gesetz berge die Möglichkeit «für die volle Annexion des Westjordanlandes» und untergrabe damit grundlegend die Zwei-Staaten-Lösung, erklärte Mladenow am Dienstag. Israel müsse nach der Verabschiedung des Gesetzes mit einer Verfolgung vor dem Internationalen Strafgerichtshof rechnen.

Der Sondergesandte für den Nahen Osten forderte eine starke Reaktion der Weltgemeinschaft - und diese folgte prompt. «Das Vertrauen, das wir in das Bekenntnis der israelischen Regierung zur Zwei-Staaten-Lösung haben mochten, ist nachhaltig erschüttert», erklärte etwa das deutsche Aussenministerium.

Das Gesetz stelle einen neuen Angriff auf die Zwei-Staaten-Lösung dar, erklärte auch Frankreichs Aussenminister Jean-Marc Ayrault in Paris mit. «Es droht, die Spannung in der Region noch zu verschärfen.»

Auch die Türkei, Grossbritannien und Israels Nachbarland Jordanien übten am Dienstag Kritik. Die USA äusserten sich bislang nicht.

«Angriff auf Palästinenser»

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte das Gesetz als «Angriff auf unser Volk». Das Gesetz sei eine Kampfansage an die internationale Gemeinschaft und laufe internationalem Recht zuwider, sagte Abbas in Paris. Der Bau neuer Siedlungen stelle einen Angriff auf die Palästinenser dar, gegen den sie sich «in den internationalen Institutionen» wehren würden.

Die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi sagte: «Ein solches Gesetz ist ein Signal für die endgültige Annexion des Westjordanlandes.» PLO-Generalsekretär Saeb Erekat sprach vom «Ende der Zwei-Staaten-Lösung» in Nahost.

Rechtsreligiöse israelische Politiker lobten dagegen die Entscheidung. Israels Bildungsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei sprach von einem «Wendepunkt». Sein Parteikollege Bezalel Smotrich sagte, dies sei ein «historischer Tag für die Besiedlung und den Staat Israel».

Gericht könnte Gesetz kippen

Rechtsprofessor Juval Schani von der Hebräischen Universität in Jerusalem erwartet zumindest langfristig einen Stopp des Gesetzes durch das Höchste Gericht in Jerusalem.

«Das Gesetz verletzt grundlegende Rechte», sagte Schani. «Das Gericht wird das Gesetz vermutlich für untauglich erklären.» Es greife in Eigentumsrechte ein und sei diskriminierend, weil es den Landtransfer nur von Palästinensern zu Juden reguliere.

Die Nichtregierungsorganisationen Peace Now, Jesch Din und Acri wollen in Kürze eine Petition gegen die Regelung beim Höchsten Gericht einreichen.

Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit betonte, dies sei das erste Mal, dass Israels Gesetzgebung explizit die Unterstützung der Regierung für die Siedlungen bekräftige. Das Gesetz verstosse gegen israelisches und internationales Recht. Er äusserte auch die Sorge, das Gesetz könne Munition für Klagen gegen Israelis vor dem Internationalen Strafgerichtshof liefern.

Räumungen verhindern

Israels Parlament hatte am Montagabend das umstrittene Gesetz gebilligt, mit dem Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland rückwirkend legalisiert werden. Dies betrifft rund 4000 Wohnungen israelischer Siedler, die widerrechtlich auf privaten Grundstücken von Palästinensern gebaut wurden.

Ultrarechte Politiker wollen damit weitere Räumungen wilder Siedlungen verhindern. Das Gesetz sieht eine Entschädigung der palästinensischen Besitzer vor.

Israel hat 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Seither kontrolliert es die Gebiete weitgehend. Zwischen 2.9 Millionen Palästinensern leben dort mittlerweile rund 600'000 Israelis. (sda/dpa/afp)

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